Alle diese Versuche stimmen, wenn man auf kleine, hier wohl unvermeidliche, Unterschiede nicht sieht, dahin überein, daß, wenn man die Rechnung für jede Temperatur ebenso führt, immer die Verhältnißzahl 5/8 oder 1 zu 1,6 für die Dichtigkeit des Wasser- dampfes gegen ebenso warme und eine gleiche Elasticität besitzende Luft hervorgeht.
Einen Zweifel, der in Beziehung auf die Dichtigkeit der Däm- pfe Ihnen aufstoßen könnte, muß ich noch bemerken. Es könnte scheinen, als ob bei einer Compression des Wasserdampfes durch einen Kolben seine Dichtigkeit ebenso wie die Dichtigkeit der zusam- mengepreßten Luft zunehmen müßte; aber das ist nicht der Fall, sondern wenn ein Cylinder, in welchem sich noch Wasser befindet, mit Dampf von der größesten Dichtigkeit gefüllt ist, und nun ein Kolben den Dampf auf einen engern Raum beschränkt, so schlägt sich, bei gleich bleibender Wärme, tropfbares Wasser nieder, und der übrige Raum bleibt nur noch mit Dampf von der vorigen Dichtigkeit gefüllt. Wenn der Dampf sich auf diese Weise nieder- schlägt, so füllt sich der ganze Raum mit sichtbarem Dunste, wel- cher an den Wänden des Gefäßes, indem die in ihm latent gewe- sene Wärme entweicht, sich in feinen Wassertröpfchen niederschlägt. Bei der Compression eines Dampfes, der wegen Mangel an Wasser nicht seine größte, der statt findenden Wärme entsprechende, Dich- tigkeit hat erreichen können, verhält es sich anders; da nämlich tritt der Dunst- und Wasserniederschlag erst dann ein, wenn bei der Compression jener Punct der größesten Dichtigkeit überschritten ist; ehe dieser erreicht ist, behält der, in Vergleichung gegen seinen frühern Zustand, etwas verdichtete Dampf noch immer seine Durch- sichtigkeit und erlangt nach dem Maaße der Verdichtung eine größere Elasticität.
So wie in dem eben erwähnten Falle der Dampf von größe- ster Dichtigkeit bei der Compression sogleich in Dunst und Wasser verwandelt wird, so geschieht es auch bei der geringsten Abkühlung. Wir sehen dies bei dem frei hervorgehenden Dampfe an der Ober- fläche heißen Wassers, wo unmittelbar auf der Oberfläche der sehr heiße Dampf vollkommen durchsichtig ist, in geringer Entfernung aber, wo die Dichtigkeit des Dampfes noch wenig verändert ist, ein Dunst sichtbar wird, weil bei der eintretenden Abkühlung ein
Alle dieſe Verſuche ſtimmen, wenn man auf kleine, hier wohl unvermeidliche, Unterſchiede nicht ſieht, dahin uͤberein, daß, wenn man die Rechnung fuͤr jede Temperatur ebenſo fuͤhrt, immer die Verhaͤltnißzahl ⅝ oder 1 zu 1,6 fuͤr die Dichtigkeit des Waſſer- dampfes gegen ebenſo warme und eine gleiche Elaſticitaͤt beſitzende Luft hervorgeht.
Einen Zweifel, der in Beziehung auf die Dichtigkeit der Daͤm- pfe Ihnen aufſtoßen koͤnnte, muß ich noch bemerken. Es koͤnnte ſcheinen, als ob bei einer Compreſſion des Waſſerdampfes durch einen Kolben ſeine Dichtigkeit ebenſo wie die Dichtigkeit der zuſam- mengepreßten Luft zunehmen muͤßte; aber das iſt nicht der Fall, ſondern wenn ein Cylinder, in welchem ſich noch Waſſer befindet, mit Dampf von der groͤßeſten Dichtigkeit gefuͤllt iſt, und nun ein Kolben den Dampf auf einen engern Raum beſchraͤnkt, ſo ſchlaͤgt ſich, bei gleich bleibender Waͤrme, tropfbares Waſſer nieder, und der uͤbrige Raum bleibt nur noch mit Dampf von der vorigen Dichtigkeit gefuͤllt. Wenn der Dampf ſich auf dieſe Weiſe nieder- ſchlaͤgt, ſo fuͤllt ſich der ganze Raum mit ſichtbarem Dunſte, wel- cher an den Waͤnden des Gefaͤßes, indem die in ihm latent gewe- ſene Waͤrme entweicht, ſich in feinen Waſſertroͤpfchen niederſchlaͤgt. Bei der Compreſſion eines Dampfes, der wegen Mangel an Waſſer nicht ſeine groͤßte, der ſtatt findenden Waͤrme entſprechende, Dich- tigkeit hat erreichen koͤnnen, verhaͤlt es ſich anders; da naͤmlich tritt der Dunſt- und Waſſerniederſchlag erſt dann ein, wenn bei der Compreſſion jener Punct der groͤßeſten Dichtigkeit uͤberſchritten iſt; ehe dieſer erreicht iſt, behaͤlt der, in Vergleichung gegen ſeinen fruͤhern Zuſtand, etwas verdichtete Dampf noch immer ſeine Durch- ſichtigkeit und erlangt nach dem Maaße der Verdichtung eine groͤßere Elaſticitaͤt.
So wie in dem eben erwaͤhnten Falle der Dampf von groͤße- ſter Dichtigkeit bei der Compreſſion ſogleich in Dunſt und Waſſer verwandelt wird, ſo geſchieht es auch bei der geringſten Abkuͤhlung. Wir ſehen dies bei dem frei hervorgehenden Dampfe an der Ober- flaͤche heißen Waſſers, wo unmittelbar auf der Oberflaͤche der ſehr heiße Dampf vollkommen durchſichtig iſt, in geringer Entfernung aber, wo die Dichtigkeit des Dampfes noch wenig veraͤndert iſt, ein Dunſt ſichtbar wird, weil bei der eintretenden Abkuͤhlung ein
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0130"n="116"/><p>Alle dieſe Verſuche ſtimmen, wenn man auf kleine, hier wohl<lb/>
unvermeidliche, Unterſchiede nicht ſieht, dahin uͤberein, daß, wenn<lb/>
man die Rechnung fuͤr jede Temperatur ebenſo fuͤhrt, immer die<lb/>
Verhaͤltnißzahl ⅝ oder 1 zu 1,6 fuͤr die Dichtigkeit des Waſſer-<lb/>
dampfes gegen ebenſo warme und eine gleiche Elaſticitaͤt beſitzende<lb/>
Luft hervorgeht.</p><lb/><p>Einen Zweifel, der in Beziehung auf die Dichtigkeit der Daͤm-<lb/>
pfe Ihnen aufſtoßen koͤnnte, muß ich noch bemerken. Es koͤnnte<lb/>ſcheinen, als ob bei einer Compreſſion des Waſſerdampfes durch<lb/>
einen Kolben ſeine Dichtigkeit ebenſo wie die Dichtigkeit der zuſam-<lb/>
mengepreßten Luft zunehmen muͤßte; aber das iſt nicht der Fall,<lb/>ſondern wenn ein Cylinder, in welchem ſich noch Waſſer befindet,<lb/>
mit Dampf von der groͤßeſten Dichtigkeit gefuͤllt iſt, und nun ein<lb/>
Kolben den Dampf auf einen engern Raum beſchraͤnkt, ſo ſchlaͤgt<lb/>ſich, bei gleich bleibender Waͤrme, tropfbares Waſſer nieder, und<lb/>
der uͤbrige Raum bleibt nur noch mit Dampf von der vorigen<lb/>
Dichtigkeit gefuͤllt. Wenn der Dampf ſich auf dieſe Weiſe nieder-<lb/>ſchlaͤgt, ſo fuͤllt ſich der ganze Raum mit ſichtbarem Dunſte, wel-<lb/>
cher an den Waͤnden des Gefaͤßes, indem die in ihm latent gewe-<lb/>ſene Waͤrme entweicht, ſich in feinen Waſſertroͤpfchen niederſchlaͤgt.<lb/>
Bei der Compreſſion eines Dampfes, der wegen Mangel an Waſſer<lb/>
nicht ſeine groͤßte, der ſtatt findenden Waͤrme entſprechende, Dich-<lb/>
tigkeit hat erreichen koͤnnen, verhaͤlt es ſich anders; da naͤmlich<lb/>
tritt der Dunſt- und Waſſerniederſchlag erſt dann ein, wenn bei<lb/>
der Compreſſion jener Punct der groͤßeſten Dichtigkeit uͤberſchritten<lb/>
iſt; ehe dieſer erreicht iſt, behaͤlt der, in Vergleichung gegen ſeinen<lb/>
fruͤhern Zuſtand, etwas verdichtete Dampf noch immer ſeine Durch-<lb/>ſichtigkeit und erlangt nach dem Maaße der Verdichtung eine<lb/>
groͤßere Elaſticitaͤt.</p><lb/><p>So wie in dem eben erwaͤhnten Falle der Dampf von groͤße-<lb/>ſter Dichtigkeit bei der Compreſſion ſogleich in Dunſt und Waſſer<lb/>
verwandelt wird, ſo geſchieht es auch bei der geringſten Abkuͤhlung.<lb/>
Wir ſehen dies bei dem frei hervorgehenden Dampfe an der Ober-<lb/>
flaͤche heißen Waſſers, wo unmittelbar auf der Oberflaͤche der ſehr<lb/>
heiße Dampf vollkommen durchſichtig iſt, in geringer Entfernung<lb/>
aber, wo die Dichtigkeit des Dampfes noch wenig veraͤndert iſt,<lb/>
ein Dunſt ſichtbar wird, weil bei der eintretenden Abkuͤhlung ein<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[116/0130]
Alle dieſe Verſuche ſtimmen, wenn man auf kleine, hier wohl
unvermeidliche, Unterſchiede nicht ſieht, dahin uͤberein, daß, wenn
man die Rechnung fuͤr jede Temperatur ebenſo fuͤhrt, immer die
Verhaͤltnißzahl ⅝ oder 1 zu 1,6 fuͤr die Dichtigkeit des Waſſer-
dampfes gegen ebenſo warme und eine gleiche Elaſticitaͤt beſitzende
Luft hervorgeht.
Einen Zweifel, der in Beziehung auf die Dichtigkeit der Daͤm-
pfe Ihnen aufſtoßen koͤnnte, muß ich noch bemerken. Es koͤnnte
ſcheinen, als ob bei einer Compreſſion des Waſſerdampfes durch
einen Kolben ſeine Dichtigkeit ebenſo wie die Dichtigkeit der zuſam-
mengepreßten Luft zunehmen muͤßte; aber das iſt nicht der Fall,
ſondern wenn ein Cylinder, in welchem ſich noch Waſſer befindet,
mit Dampf von der groͤßeſten Dichtigkeit gefuͤllt iſt, und nun ein
Kolben den Dampf auf einen engern Raum beſchraͤnkt, ſo ſchlaͤgt
ſich, bei gleich bleibender Waͤrme, tropfbares Waſſer nieder, und
der uͤbrige Raum bleibt nur noch mit Dampf von der vorigen
Dichtigkeit gefuͤllt. Wenn der Dampf ſich auf dieſe Weiſe nieder-
ſchlaͤgt, ſo fuͤllt ſich der ganze Raum mit ſichtbarem Dunſte, wel-
cher an den Waͤnden des Gefaͤßes, indem die in ihm latent gewe-
ſene Waͤrme entweicht, ſich in feinen Waſſertroͤpfchen niederſchlaͤgt.
Bei der Compreſſion eines Dampfes, der wegen Mangel an Waſſer
nicht ſeine groͤßte, der ſtatt findenden Waͤrme entſprechende, Dich-
tigkeit hat erreichen koͤnnen, verhaͤlt es ſich anders; da naͤmlich
tritt der Dunſt- und Waſſerniederſchlag erſt dann ein, wenn bei
der Compreſſion jener Punct der groͤßeſten Dichtigkeit uͤberſchritten
iſt; ehe dieſer erreicht iſt, behaͤlt der, in Vergleichung gegen ſeinen
fruͤhern Zuſtand, etwas verdichtete Dampf noch immer ſeine Durch-
ſichtigkeit und erlangt nach dem Maaße der Verdichtung eine
groͤßere Elaſticitaͤt.
So wie in dem eben erwaͤhnten Falle der Dampf von groͤße-
ſter Dichtigkeit bei der Compreſſion ſogleich in Dunſt und Waſſer
verwandelt wird, ſo geſchieht es auch bei der geringſten Abkuͤhlung.
Wir ſehen dies bei dem frei hervorgehenden Dampfe an der Ober-
flaͤche heißen Waſſers, wo unmittelbar auf der Oberflaͤche der ſehr
heiße Dampf vollkommen durchſichtig iſt, in geringer Entfernung
aber, wo die Dichtigkeit des Dampfes noch wenig veraͤndert iſt,
ein Dunſt ſichtbar wird, weil bei der eintretenden Abkuͤhlung ein
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/130>, abgerufen am 14.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.