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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

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Winkel von 60 Graden gegen einander geneigt stellt, so sieht man
von dem Lichte L die gewöhnlichen Bilder II, III in jedem der beiden
Spiegel; aber der Spiegel CA giebt auch die scheinbar von dem
Bilde II ausgehenden Strahlen zurück, und dieses so, als ob sie
von IIII, ebenso weit hinter CA, als II vor CA ist, ausgingen;
IIII ist also ein drittes Bild, und ebenso IIV ein viertes, wenn man
III IIV aufCB senkrecht zieht und IIV so weit hinter als III vor CB
annimmt; endlich entsteht noch ein fünftes Bild IV, das zugleich
als Abspiegelung des Bildes IIV in CA und als Abspiegelung des
Bildes IIII in CB anzusehen ist. Wäre der Winkel ACB ein Ach-
tel des Umfanges, so würden die auf ähnliche Weise gegen einander
liegenden Lichter LII, IIIIIII IIVIV viermal wieder kommen. Um
diese Erscheinung ganz zu verstehen und sich zu überzeugen, daß
auch des Bildes II gespiegeltes Bild IIII ebenso, wie für den Gegen-
stand L selbst, bestimmt wird, hat man nur nöthig, die in das
Auge O gelangenden Lichtstrahlen, LmIO, durch welche das Auge
das Bild II sieht, LmIImIIIO, durch welchen das Auge das Bild
IIV sieht, und so ferner zu zeichnen, um sogleich die Gleichheit der
Winkel bei der einmaligen Reflexion in mI, (CmIL = BmIO),
bei der zweimaligen Reflexion in mII, mIII, (LmIIA = mIImIIC
= mIImIIIC = BmIIIO) zu erkennen. Und hierin haben Sie
zugleich die Erklärung der bekannten, schönen Erscheinungen im
Caleidoscope, wo die regelmäßig geordneten Bilder der zwischen den
beiden Spiegeln CA, CB, liegenden farbigen Körper durch ihre
Symmetrie einen so angenehmen Anblick gewähren, welcher durch
die unendliche Mannigfaltigkeit im Wechsel der Anordnungen, weil
die Körper beweglich sind, einen unaufhörlich erneuerten Reitz er-
hält, so daß man fast nicht müde wird, dem immer neuen Wechsel
schöner Erscheinungen seine Aufmerksamkeit zu schenken.

Täuschungen in Beziehung auf die Lage der Bilder.

Ehe ich zu den nützlichen Anwendungen übergehe, die wir
von den ebnen Spiegeln bei Instrumenten machen, muß ich doch
einen Augenblick bei einem Einwurfe verweilen, den man wohl
einmal in Beziehung auf die scheinbare Lage der Bilder im Spiegel
zu machen geneigt ist. Wenn wir in einem undurchsichtigen schön
polirten Spiegel die Bilder der vor dem Spiegel liegenden Gegen-

Winkel von 60 Graden gegen einander geneigt ſtellt, ſo ſieht man
von dem Lichte L die gewoͤhnlichen Bilder II, III in jedem der beiden
Spiegel; aber der Spiegel CA giebt auch die ſcheinbar von dem
Bilde II ausgehenden Strahlen zuruͤck, und dieſes ſo, als ob ſie
von IIII, ebenſo weit hinter CA, als II vor CA iſt, ausgingen;
IIII iſt alſo ein drittes Bild, und ebenſo IIV ein viertes, wenn man
III IIV aufCB ſenkrecht zieht und IIV ſo weit hinter als III vor CB
annimmt; endlich entſteht noch ein fuͤnftes Bild IV, das zugleich
als Abſpiegelung des Bildes IIV in CA und als Abſpiegelung des
Bildes IIII in CB anzuſehen iſt. Waͤre der Winkel ACB ein Ach-
tel des Umfanges, ſo wuͤrden die auf aͤhnliche Weiſe gegen einander
liegenden Lichter LII, IIIIIII IIVIV viermal wieder kommen. Um
dieſe Erſcheinung ganz zu verſtehen und ſich zu uͤberzeugen, daß
auch des Bildes II geſpiegeltes Bild IIII ebenſo, wie fuͤr den Gegen-
ſtand L ſelbſt, beſtimmt wird, hat man nur noͤthig, die in das
Auge O gelangenden Lichtſtrahlen, LmIO, durch welche das Auge
das Bild II ſieht, LmIImIIIO, durch welchen das Auge das Bild
IIV ſieht, und ſo ferner zu zeichnen, um ſogleich die Gleichheit der
Winkel bei der einmaligen Reflexion in mI, (CmIL = BmIO),
bei der zweimaligen Reflexion in mII, mIII, (LmIIA = mIImIIC
= mIImIIIC = BmIIIO) zu erkennen. Und hierin haben Sie
zugleich die Erklaͤrung der bekannten, ſchoͤnen Erſcheinungen im
Caleidoſcope, wo die regelmaͤßig geordneten Bilder der zwiſchen den
beiden Spiegeln CA, CB, liegenden farbigen Koͤrper durch ihre
Symmetrie einen ſo angenehmen Anblick gewaͤhren, welcher durch
die unendliche Mannigfaltigkeit im Wechſel der Anordnungen, weil
die Koͤrper beweglich ſind, einen unaufhoͤrlich erneuerten Reitz er-
haͤlt, ſo daß man faſt nicht muͤde wird, dem immer neuen Wechſel
ſchoͤner Erſcheinungen ſeine Aufmerkſamkeit zu ſchenken.

Taͤuſchungen in Beziehung auf die Lage der Bilder.

Ehe ich zu den nuͤtzlichen Anwendungen uͤbergehe, die wir
von den ebnen Spiegeln bei Inſtrumenten machen, muß ich doch
einen Augenblick bei einem Einwurfe verweilen, den man wohl
einmal in Beziehung auf die ſcheinbare Lage der Bilder im Spiegel
zu machen geneigt iſt. Wenn wir in einem undurchſichtigen ſchoͤn
polirten Spiegel die Bilder der vor dem Spiegel liegenden Gegen-

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[79/0093] Winkel von 60 Graden gegen einander geneigt ſtellt, ſo ſieht man von dem Lichte L die gewoͤhnlichen Bilder II, III in jedem der beiden Spiegel; aber der Spiegel CA giebt auch die ſcheinbar von dem Bilde II ausgehenden Strahlen zuruͤck, und dieſes ſo, als ob ſie von IIII, ebenſo weit hinter CA, als II vor CA iſt, ausgingen; IIII iſt alſo ein drittes Bild, und ebenſo IIV ein viertes, wenn man III IIV aufCB ſenkrecht zieht und IIV ſo weit hinter als III vor CB annimmt; endlich entſteht noch ein fuͤnftes Bild IV, das zugleich als Abſpiegelung des Bildes IIV in CA und als Abſpiegelung des Bildes IIII in CB anzuſehen iſt. Waͤre der Winkel ACB ein Ach- tel des Umfanges, ſo wuͤrden die auf aͤhnliche Weiſe gegen einander liegenden Lichter LII, IIIIIII IIVIV viermal wieder kommen. Um dieſe Erſcheinung ganz zu verſtehen und ſich zu uͤberzeugen, daß auch des Bildes II geſpiegeltes Bild IIII ebenſo, wie fuͤr den Gegen- ſtand L ſelbſt, beſtimmt wird, hat man nur noͤthig, die in das Auge O gelangenden Lichtſtrahlen, LmIO, durch welche das Auge das Bild II ſieht, LmIImIIIO, durch welchen das Auge das Bild IIV ſieht, und ſo ferner zu zeichnen, um ſogleich die Gleichheit der Winkel bei der einmaligen Reflexion in mI, (CmIL = BmIO), bei der zweimaligen Reflexion in mII, mIII, (LmIIA = mIImIIC = mIImIIIC = BmIIIO) zu erkennen. Und hierin haben Sie zugleich die Erklaͤrung der bekannten, ſchoͤnen Erſcheinungen im Caleidoſcope, wo die regelmaͤßig geordneten Bilder der zwiſchen den beiden Spiegeln CA, CB, liegenden farbigen Koͤrper durch ihre Symmetrie einen ſo angenehmen Anblick gewaͤhren, welcher durch die unendliche Mannigfaltigkeit im Wechſel der Anordnungen, weil die Koͤrper beweglich ſind, einen unaufhoͤrlich erneuerten Reitz er- haͤlt, ſo daß man faſt nicht muͤde wird, dem immer neuen Wechſel ſchoͤner Erſcheinungen ſeine Aufmerkſamkeit zu ſchenken. Taͤuſchungen in Beziehung auf die Lage der Bilder. Ehe ich zu den nuͤtzlichen Anwendungen uͤbergehe, die wir von den ebnen Spiegeln bei Inſtrumenten machen, muß ich doch einen Augenblick bei einem Einwurfe verweilen, den man wohl einmal in Beziehung auf die ſcheinbare Lage der Bilder im Spiegel zu machen geneigt iſt. Wenn wir in einem undurchſichtigen ſchoͤn polirten Spiegel die Bilder der vor dem Spiegel liegenden Gegen-

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/93>, abgerufen am 23.11.2024.