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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

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hier schon etwas, das Verwandtschaft heißen kann, einmischt. Diese
Absorption von Luft bietet übrigens noch mehr Merkwürdiges dar.
Bringt man ganz luftfreies, durch Kochen von Luft befreites Wasser
in einen mit einer gewissen Luft-Art gefüllten Raum, so nimmt es
bei schwachem und bei starkem Drucke gleich viel Luft derselben Art
dem Volumen nach auf, nämlich ebensoviel Maaß doppelt so dichter
Luft bei doppeltem Drucke, als Luft von der einfachen Dichtigkeit bei
dem einfachen Drucke. Wird das Wasser wärmer, so entläßt es etwas
Luft. Wenn das luftfreie Wasser unter dem Drucke einer gemischten
Luftmasse steht, so nimmt es von allen Luft-Arten etwas auf, und
zwar nach Daltons Angabe soviel als es aufnehmen würde, wenn
jede der Luft-Arten in ihrer hier vorhandenen Dichtigkeit allein da
wäre. Vermindert sich der von außen wirkende Druck derjenigen
Luft-Art, die im Wasser enthalten ist, so tritt sie zum Theil aus dem
Wasser hervor, und dieses Hervorkommen wird schneller befördert,
wenn man feste Körper, besonders eckige Körper, hineinbringt; daher
schäumt Bier mehr auf, wenn man harte Körper hinein wirft,
und die Bläschen entwickeln sich auch sonst am Boden des Glases
am meisten und vergrößern sich im Aufsteigen. Die Menge der
Luft, welche das Wasser aufzunehmen fähig ist, findet man bei
verschiedenen Luft-Arten sehr ungleich. Ein Maaß Wasser nimmt
an Wasserstoffluft höchstens Maaß, an Sauerstoffgas nur un-
gefehr Maaß, an kohlensaurem Gas 1 Maaß, an salzsaurem
Gas gegen 500 Maaß, an Ammoniacgas gegen 700 Maaß auf.
Dabei nimmt das Volumen des Wassers etwas zu, wenn die Ab-
sorption nur geringe, wie bei kohlensaurer Luft, ist; aber sehr er-
heblich nimmt es zu, wenn die Absorption so viel, wie bei den zu-
letzt erwähnten Gas-Arten, beträgt. Auf ähnliche Art verhält
es sich bei andern Flüssigkeiten.

Unter den festen Körpern hat vorzüglich die Kohle die Eigen-
schaft sehr viele Luft in sich aufzunehmen. Die verschiedenartigen
Kohlen sind sich in dieser Hinsicht nicht gleich; aber 1 Maaß Buchs-
baumkohlen, die vorher durch Ausglühen ganz von Luft befreit
worden, nimmt über 1 Maaß Wasserstoffluft, 9 Maaß Sauer-
stoffluft, 35 Maaß kohlensaure Luft, 90 Maaß Ammoniacgas auf.
Bei vermindertem Luftdrucke geht ein Theil der absorbirten Luft
wieder hervor, und auch wenn die mit absorbirter Luft gefüllte

hier ſchon etwas, das Verwandtſchaft heißen kann, einmiſcht. Dieſe
Abſorption von Luft bietet uͤbrigens noch mehr Merkwuͤrdiges dar.
Bringt man ganz luftfreies, durch Kochen von Luft befreites Waſſer
in einen mit einer gewiſſen Luft-Art gefuͤllten Raum, ſo nimmt es
bei ſchwachem und bei ſtarkem Drucke gleich viel Luft derſelben Art
dem Volumen nach auf, naͤmlich ebenſoviel Maaß doppelt ſo dichter
Luft bei doppeltem Drucke, als Luft von der einfachen Dichtigkeit bei
dem einfachen Drucke. Wird das Waſſer waͤrmer, ſo entlaͤßt es etwas
Luft. Wenn das luftfreie Waſſer unter dem Drucke einer gemiſchten
Luftmaſſe ſteht, ſo nimmt es von allen Luft-Arten etwas auf, und
zwar nach Daltons Angabe ſoviel als es aufnehmen wuͤrde, wenn
jede der Luft-Arten in ihrer hier vorhandenen Dichtigkeit allein da
waͤre. Vermindert ſich der von außen wirkende Druck derjenigen
Luft-Art, die im Waſſer enthalten iſt, ſo tritt ſie zum Theil aus dem
Waſſer hervor, und dieſes Hervorkommen wird ſchneller befoͤrdert,
wenn man feſte Koͤrper, beſonders eckige Koͤrper, hineinbringt; daher
ſchaͤumt Bier mehr auf, wenn man harte Koͤrper hinein wirft,
und die Blaͤschen entwickeln ſich auch ſonſt am Boden des Glaſes
am meiſten und vergroͤßern ſich im Aufſteigen. Die Menge der
Luft, welche das Waſſer aufzunehmen faͤhig iſt, findet man bei
verſchiedenen Luft-Arten ſehr ungleich. Ein Maaß Waſſer nimmt
an Waſſerſtoffluft hoͤchſtens Maaß, an Sauerſtoffgas nur un-
gefehr Maaß, an kohlenſaurem Gas 1 Maaß, an ſalzſaurem
Gas gegen 500 Maaß, an Ammoniacgas gegen 700 Maaß auf.
Dabei nimmt das Volumen des Waſſers etwas zu, wenn die Ab-
ſorption nur geringe, wie bei kohlenſaurer Luft, iſt; aber ſehr er-
heblich nimmt es zu, wenn die Abſorption ſo viel, wie bei den zu-
letzt erwaͤhnten Gas-Arten, betraͤgt. Auf aͤhnliche Art verhaͤlt
es ſich bei andern Fluͤſſigkeiten.

Unter den feſten Koͤrpern hat vorzuͤglich die Kohle die Eigen-
ſchaft ſehr viele Luft in ſich aufzunehmen. Die verſchiedenartigen
Kohlen ſind ſich in dieſer Hinſicht nicht gleich; aber 1 Maaß Buchs-
baumkohlen, die vorher durch Ausgluͤhen ganz von Luft befreit
worden, nimmt uͤber 1 Maaß Waſſerſtoffluft, 9 Maaß Sauer-
ſtoffluft, 35 Maaß kohlenſaure Luft, 90 Maaß Ammoniacgas auf.
Bei vermindertem Luftdrucke geht ein Theil der abſorbirten Luft
wieder hervor, und auch wenn die mit abſorbirter Luft gefuͤllte

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[30/0044] hier ſchon etwas, das Verwandtſchaft heißen kann, einmiſcht. Dieſe Abſorption von Luft bietet uͤbrigens noch mehr Merkwuͤrdiges dar. Bringt man ganz luftfreies, durch Kochen von Luft befreites Waſſer in einen mit einer gewiſſen Luft-Art gefuͤllten Raum, ſo nimmt es bei ſchwachem und bei ſtarkem Drucke gleich viel Luft derſelben Art dem Volumen nach auf, naͤmlich ebenſoviel Maaß doppelt ſo dichter Luft bei doppeltem Drucke, als Luft von der einfachen Dichtigkeit bei dem einfachen Drucke. Wird das Waſſer waͤrmer, ſo entlaͤßt es etwas Luft. Wenn das luftfreie Waſſer unter dem Drucke einer gemiſchten Luftmaſſe ſteht, ſo nimmt es von allen Luft-Arten etwas auf, und zwar nach Daltons Angabe ſoviel als es aufnehmen wuͤrde, wenn jede der Luft-Arten in ihrer hier vorhandenen Dichtigkeit allein da waͤre. Vermindert ſich der von außen wirkende Druck derjenigen Luft-Art, die im Waſſer enthalten iſt, ſo tritt ſie zum Theil aus dem Waſſer hervor, und dieſes Hervorkommen wird ſchneller befoͤrdert, wenn man feſte Koͤrper, beſonders eckige Koͤrper, hineinbringt; daher ſchaͤumt Bier mehr auf, wenn man harte Koͤrper hinein wirft, und die Blaͤschen entwickeln ſich auch ſonſt am Boden des Glaſes am meiſten und vergroͤßern ſich im Aufſteigen. Die Menge der Luft, welche das Waſſer aufzunehmen faͤhig iſt, findet man bei verſchiedenen Luft-Arten ſehr ungleich. Ein Maaß Waſſer nimmt an Waſſerſtoffluft hoͤchſtens [FORMEL] Maaß, an Sauerſtoffgas nur un- gefehr [FORMEL] Maaß, an kohlenſaurem Gas 1 Maaß, an ſalzſaurem Gas gegen 500 Maaß, an Ammoniacgas gegen 700 Maaß auf. Dabei nimmt das Volumen des Waſſers etwas zu, wenn die Ab- ſorption nur geringe, wie bei kohlenſaurer Luft, iſt; aber ſehr er- heblich nimmt es zu, wenn die Abſorption ſo viel, wie bei den zu- letzt erwaͤhnten Gas-Arten, betraͤgt. Auf aͤhnliche Art verhaͤlt es ſich bei andern Fluͤſſigkeiten. Unter den feſten Koͤrpern hat vorzuͤglich die Kohle die Eigen- ſchaft ſehr viele Luft in ſich aufzunehmen. Die verſchiedenartigen Kohlen ſind ſich in dieſer Hinſicht nicht gleich; aber 1 Maaß Buchs- baumkohlen, die vorher durch Ausgluͤhen ganz von Luft befreit worden, nimmt uͤber 1 Maaß Waſſerſtoffluft, 9 Maaß Sauer- ſtoffluft, 35 Maaß kohlenſaure Luft, 90 Maaß Ammoniacgas auf. Bei vermindertem Luftdrucke geht ein Theil der abſorbirten Luft wieder hervor, und auch wenn die mit abſorbirter Luft gefuͤllte

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/44>, abgerufen am 27.04.2024.