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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

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sehr tiefer Bedeutung zu sein scheint, und die dennoch uns Eigen-
schaften des Lichtes kennen lehrt, auf die keine der bisher erklärten
Erscheinungen hinwies. Sie wissen, daß fast bei jedem Uebergange
in einen andern Körper das Licht, wenn es schief auffällt, gebrochen
wird, und sich in Farbenstrahlen zerlegt; aber einige Körper und
zwar namentlich solche, die crystallisirt sind, haben die Eigenschaft,
den eintretenden Lichtstrahl in zwei völlig von einander getrennte
Strahlen, deren jeder die Farben-Erscheinung darbieten kann, zu
zerlegen. Wir sagen von diesen Körpern, daß das Licht in ihnen
eine doppelte Brechung erleide, und es zeigt sich bei genauerer
Untersuchung, daß die Gesetze der Brechung für diese zwei ge-
trennten Strahlen wesentlich verschieden sind.

Einer der bekanntesten Körper, der diese Eigenschaft besitzt, ist
der Doppelspath, ehemals unter dem Namen des Isländischen Cry-
stalls bekannt. Dieser ist ein durch parallele, aber schief gegen einan-
der geneigte Ebenen begrenzter Körper, ein Rhomboid, dessen Sei-
tenflächen schiefe Vier-Ecke mit parallelen Seiten sind, in welchen
die zwei spitzen Winkel 78° 5', die zwei stumpfen Winkel 101°.
55'. sind; diese Seitenflächen machen mit einander Neigungswinkel
von 74°. 55' und 105°. 5' und diese Abmessungen finden sich bei
allen diesen Crystallen gleich. Der Crystall läßt sich leicht in
Blättchen, die den Oberflächen parallel liegen, zerlegen, und die
integrirenden Theilchen des Crystalls müssen also als eben solche
Rhomboide angesehen werden, denen wir überdies gleiche Seitenlinien
und eine mit der Lage der Seiten des großen Crystalls übereinstim-
mende Lage beilegen dürfen. Der große Crystall sowohl, als diese
Elementarcrystalle, woraus wir uns ihn zusammengesetzt denken,
hat unter seinen acht körperlichen Ecken zwei, die aus lauter
stumpfen Winkeln von 101°. 55', als Seitenflächen der Ecke, ge-
bildet sind, die sechs übrigen haben zwei spitze und einen stumpfen
Winkel als Seitenfläche. Nimmt man von dem großen Crystalle
ein Stück, dessen Seitenlinien AB, BC, AD (Fig. 126.) alle
gleich sind, und zieht zwischen den beiden aus lauter stumpfen
Winkeln entstandenen Ecken eine grade Linie, BK, so heißt diese
die Axe des Crystalls, und sie hat die Eigenschaft, daß
sie gegen alle Seitenflächen eine gleiche Neigung von 45°. 23'. 25''
hat. Sie kann mit Recht die geometrische Axe des Crystalles hei-

ſehr tiefer Bedeutung zu ſein ſcheint, und die dennoch uns Eigen-
ſchaften des Lichtes kennen lehrt, auf die keine der bisher erklaͤrten
Erſcheinungen hinwies. Sie wiſſen, daß faſt bei jedem Uebergange
in einen andern Koͤrper das Licht, wenn es ſchief auffaͤllt, gebrochen
wird, und ſich in Farbenſtrahlen zerlegt; aber einige Koͤrper und
zwar namentlich ſolche, die cryſtalliſirt ſind, haben die Eigenſchaft,
den eintretenden Lichtſtrahl in zwei voͤllig von einander getrennte
Strahlen, deren jeder die Farben-Erſcheinung darbieten kann, zu
zerlegen. Wir ſagen von dieſen Koͤrpern, daß das Licht in ihnen
eine doppelte Brechung erleide, und es zeigt ſich bei genauerer
Unterſuchung, daß die Geſetze der Brechung fuͤr dieſe zwei ge-
trennten Strahlen weſentlich verſchieden ſind.

Einer der bekannteſten Koͤrper, der dieſe Eigenſchaft beſitzt, iſt
der Doppelſpath, ehemals unter dem Namen des Islaͤndiſchen Cry-
ſtalls bekannt. Dieſer iſt ein durch parallele, aber ſchief gegen einan-
der geneigte Ebenen begrenzter Koͤrper, ein Rhomboid, deſſen Sei-
tenflaͤchen ſchiefe Vier-Ecke mit parallelen Seiten ſind, in welchen
die zwei ſpitzen Winkel 78° 5', die zwei ſtumpfen Winkel 101°.
55'. ſind; dieſe Seitenflaͤchen machen mit einander Neigungswinkel
von 74°. 55' und 105°. 5' und dieſe Abmeſſungen finden ſich bei
allen dieſen Cryſtallen gleich. Der Cryſtall laͤßt ſich leicht in
Blaͤttchen, die den Oberflaͤchen parallel liegen, zerlegen, und die
integrirenden Theilchen des Cryſtalls muͤſſen alſo als eben ſolche
Rhomboide angeſehen werden, denen wir uͤberdies gleiche Seitenlinien
und eine mit der Lage der Seiten des großen Cryſtalls uͤbereinſtim-
mende Lage beilegen duͤrfen. Der große Cryſtall ſowohl, als dieſe
Elementarcryſtalle, woraus wir uns ihn zuſammengeſetzt denken,
hat unter ſeinen acht koͤrperlichen Ecken zwei, die aus lauter
ſtumpfen Winkeln von 101°. 55', als Seitenflaͤchen der Ecke, ge-
bildet ſind, die ſechs uͤbrigen haben zwei ſpitze und einen ſtumpfen
Winkel als Seitenflaͤche. Nimmt man von dem großen Cryſtalle
ein Stuͤck, deſſen Seitenlinien AB, BC, AD (Fig. 126.) alle
gleich ſind, und zieht zwiſchen den beiden aus lauter ſtumpfen
Winkeln entſtandenen Ecken eine grade Linie, BK, ſo heißt dieſe
die Axe des Cryſtalls, und ſie hat die Eigenſchaft, daß
ſie gegen alle Seitenflaͤchen eine gleiche Neigung von 45°. 23'. 25''
hat. Sie kann mit Recht die geometriſche Axe des Cryſtalles hei-

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[301/0315] ſehr tiefer Bedeutung zu ſein ſcheint, und die dennoch uns Eigen- ſchaften des Lichtes kennen lehrt, auf die keine der bisher erklaͤrten Erſcheinungen hinwies. Sie wiſſen, daß faſt bei jedem Uebergange in einen andern Koͤrper das Licht, wenn es ſchief auffaͤllt, gebrochen wird, und ſich in Farbenſtrahlen zerlegt; aber einige Koͤrper und zwar namentlich ſolche, die cryſtalliſirt ſind, haben die Eigenſchaft, den eintretenden Lichtſtrahl in zwei voͤllig von einander getrennte Strahlen, deren jeder die Farben-Erſcheinung darbieten kann, zu zerlegen. Wir ſagen von dieſen Koͤrpern, daß das Licht in ihnen eine doppelte Brechung erleide, und es zeigt ſich bei genauerer Unterſuchung, daß die Geſetze der Brechung fuͤr dieſe zwei ge- trennten Strahlen weſentlich verſchieden ſind. Einer der bekannteſten Koͤrper, der dieſe Eigenſchaft beſitzt, iſt der Doppelſpath, ehemals unter dem Namen des Islaͤndiſchen Cry- ſtalls bekannt. Dieſer iſt ein durch parallele, aber ſchief gegen einan- der geneigte Ebenen begrenzter Koͤrper, ein Rhomboid, deſſen Sei- tenflaͤchen ſchiefe Vier-Ecke mit parallelen Seiten ſind, in welchen die zwei ſpitzen Winkel 78° 5', die zwei ſtumpfen Winkel 101°. 55'. ſind; dieſe Seitenflaͤchen machen mit einander Neigungswinkel von 74°. 55' und 105°. 5' und dieſe Abmeſſungen finden ſich bei allen dieſen Cryſtallen gleich. Der Cryſtall laͤßt ſich leicht in Blaͤttchen, die den Oberflaͤchen parallel liegen, zerlegen, und die integrirenden Theilchen des Cryſtalls muͤſſen alſo als eben ſolche Rhomboide angeſehen werden, denen wir uͤberdies gleiche Seitenlinien und eine mit der Lage der Seiten des großen Cryſtalls uͤbereinſtim- mende Lage beilegen duͤrfen. Der große Cryſtall ſowohl, als dieſe Elementarcryſtalle, woraus wir uns ihn zuſammengeſetzt denken, hat unter ſeinen acht koͤrperlichen Ecken zwei, die aus lauter ſtumpfen Winkeln von 101°. 55', als Seitenflaͤchen der Ecke, ge- bildet ſind, die ſechs uͤbrigen haben zwei ſpitze und einen ſtumpfen Winkel als Seitenflaͤche. Nimmt man von dem großen Cryſtalle ein Stuͤck, deſſen Seitenlinien AB, BC, AD (Fig. 126.) alle gleich ſind, und zieht zwiſchen den beiden aus lauter ſtumpfen Winkeln entſtandenen Ecken eine grade Linie, BK, ſo heißt dieſe die Axe des Cryſtalls, und ſie hat die Eigenſchaft, daß ſie gegen alle Seitenflaͤchen eine gleiche Neigung von 45°. 23'. 25'' hat. Sie kann mit Recht die geometriſche Axe des Cryſtalles hei-

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/315>, abgerufen am 25.11.2024.