Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

geringen Neigung der neben einander fortgehenden Strahlen merklich
wird. Zieht man nämlich die den Winkel UCV halbirende Linie
ECW, so erhellt leicht, daß in jedem Puncte der Linie CE, zum
Beispiel in E, eine durch die Reflexion von beiden Spiegeln ver-
stärkte Erleuchtung statt findet, weil die Summe der Wege AG,
GE
ebenso groß als die Summe der Wege AF, FE ist. Dagegen
in einem Puncte H neben E kann Mangel an Erleuchtung, Dun-
kelheit durch Interferenz statt finden, wenn AK, KH zusammen
genau eine halbe Wellenlänge mehr als AI, IH zusammen betra-
gen. In M wird wieder eine verstärkte Licht-Erscheinung eintre-
ten, wenn die Differenz der Wege eine ganze Wellenlänge beträgt,
und so ferner.

Diese neben einander liegenden hellen und dunkeln Puncte
sieht man nun wirklich, wenn man in HE eine matte Glasplatte
hält, und sie von der Seite Z aus mit dem Microscop betrachtet,
oder -- was, wie ich öfter gesagt habe, einerlei ist, -- wenn man
dieses mattgeschliffene Glas wegläßt, und mit dem Microscop die
Strahlen beobachtet, welche in HE ihre Wirkung äußern. Daß
aber diese Licht-Erscheinungen wirklich der Interferenz ihren Ur-
sprung verdanken, sieht man, wenn man nur die von einem Spie-
gel nach MHE kommenden Strahlen zuläßt, die andern aber durch
einen Schirm aufhält; alsdenn ist dieser Wechsel von Hell und
Dunkel nicht mehr zu bemerken.

Sie werden vielleicht einwenden, eben das müsse sich also bei
allen Spiegeln zeigen, auch wenn ihre Neigung größer wäre;
aber es läßt sich leicht darthun, daß bei einem größern Winkel, den
die Spiegel mit einander machen, diese kleinen erleuchteten Puncte
so nahe an einander fallen, daß sie nicht mehr zu erkennen sind;
selbst die Neigung von 1 Grad giebt den Abstand zwischen den
beiden ersten hellen Puncten nur 60 Wellenlängen gleich, das ist
ungefähr ein Funfzigstel einer Linie, und der Winkel muß also noch
weniger betragen.

Aus allen diesen Versuchen sehen Sie, daß die Lehre von den
Interferenz-Erscheinungen des Lichtes auf einer solchen Mannig-
faltigkeit von Versuchen beruht, daß man diese Erscheinungen
unmöglich bezweifeln kann. Diese Erscheinungen sprechen den
Satz deutlich aus, daß nicht unbedingt zwei Lichtstrahlen zusammen

geringen Neigung der neben einander fortgehenden Strahlen merklich
wird. Zieht man naͤmlich die den Winkel UCV halbirende Linie
ECW, ſo erhellt leicht, daß in jedem Puncte der Linie CE, zum
Beiſpiel in E, eine durch die Reflexion von beiden Spiegeln ver-
ſtaͤrkte Erleuchtung ſtatt findet, weil die Summe der Wege AG,
GE
ebenſo groß als die Summe der Wege AF, FE iſt. Dagegen
in einem Puncte H neben E kann Mangel an Erleuchtung, Dun-
kelheit durch Interferenz ſtatt finden, wenn AK, KH zuſammen
genau eine halbe Wellenlaͤnge mehr als AI, IH zuſammen betra-
gen. In M wird wieder eine verſtaͤrkte Licht-Erſcheinung eintre-
ten, wenn die Differenz der Wege eine ganze Wellenlaͤnge betraͤgt,
und ſo ferner.

Dieſe neben einander liegenden hellen und dunkeln Puncte
ſieht man nun wirklich, wenn man in HE eine matte Glasplatte
haͤlt, und ſie von der Seite Z aus mit dem Microſcop betrachtet,
oder — was, wie ich oͤfter geſagt habe, einerlei iſt, — wenn man
dieſes mattgeſchliffene Glas weglaͤßt, und mit dem Microſcop die
Strahlen beobachtet, welche in HE ihre Wirkung aͤußern. Daß
aber dieſe Licht-Erſcheinungen wirklich der Interferenz ihren Ur-
ſprung verdanken, ſieht man, wenn man nur die von einem Spie-
gel nach MHE kommenden Strahlen zulaͤßt, die andern aber durch
einen Schirm aufhaͤlt; alsdenn iſt dieſer Wechſel von Hell und
Dunkel nicht mehr zu bemerken.

Sie werden vielleicht einwenden, eben das muͤſſe ſich alſo bei
allen Spiegeln zeigen, auch wenn ihre Neigung groͤßer waͤre;
aber es laͤßt ſich leicht darthun, daß bei einem groͤßern Winkel, den
die Spiegel mit einander machen, dieſe kleinen erleuchteten Puncte
ſo nahe an einander fallen, daß ſie nicht mehr zu erkennen ſind;
ſelbſt die Neigung von 1 Grad giebt den Abſtand zwiſchen den
beiden erſten hellen Puncten nur 60 Wellenlaͤngen gleich, das iſt
ungefaͤhr ein Funfzigſtel einer Linie, und der Winkel muß alſo noch
weniger betragen.

Aus allen dieſen Verſuchen ſehen Sie, daß die Lehre von den
Interferenz-Erſcheinungen des Lichtes auf einer ſolchen Mannig-
faltigkeit von Verſuchen beruht, daß man dieſe Erſcheinungen
unmoͤglich bezweifeln kann. Dieſe Erſcheinungen ſprechen den
Satz deutlich aus, daß nicht unbedingt zwei Lichtſtrahlen zuſammen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0313" n="299"/>
geringen Neigung der neben einander                         fortgehenden Strahlen merklich<lb/>
wird. Zieht man na&#x0364;mlich die                         den Winkel <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">UCV</hi></hi> halbirende Linie<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">ECW,</hi></hi> &#x017F;o erhellt leicht, daß in jedem Puncte der Linie <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">CE,</hi></hi> zum<lb/>
Bei&#x017F;piel in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">E,</hi></hi> eine durch die Reflexion von beiden Spiegeln                         ver-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;rkte Erleuchtung &#x017F;tatt findet,                         weil die Summe der Wege <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AG,<lb/>
GE</hi></hi> eben&#x017F;o groß als die Summe der Wege <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AF, FE</hi></hi> i&#x017F;t. Dagegen<lb/>
in einem Puncte <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">H</hi></hi> neben <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">E</hi></hi> kann Mangel an Erleuchtung, Dun-<lb/>
kelheit durch Interferenz                         &#x017F;tatt finden, wenn <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AK, KH</hi></hi> zu&#x017F;ammen<lb/>
genau eine halbe Wellenla&#x0364;nge mehr                         als <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AI, IH</hi></hi> zu&#x017F;ammen betra-<lb/>
gen. In <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">M</hi></hi> wird wieder eine ver&#x017F;ta&#x0364;rkte                         Licht-Er&#x017F;cheinung eintre-<lb/>
ten, wenn die Differenz der Wege                         eine ganze Wellenla&#x0364;nge betra&#x0364;gt,<lb/>
und                         &#x017F;o ferner.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;e neben einander liegenden hellen und dunkeln                         Puncte<lb/>
&#x017F;ieht man nun wirklich, wenn man in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">HE</hi></hi> eine matte Glasplatte<lb/>
ha&#x0364;lt, und &#x017F;ie von der                         Seite <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Z</hi></hi> aus mit dem Micro&#x017F;cop betrachtet,<lb/>
oder &#x2014;                         was, wie ich o&#x0364;fter ge&#x017F;agt habe, einerlei                         i&#x017F;t, &#x2014; wenn man<lb/>
die&#x017F;es                         mattge&#x017F;chliffene Glas wegla&#x0364;ßt, und mit dem                         Micro&#x017F;cop die<lb/>
Strahlen beobachtet, welche in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">HE</hi></hi> ihre Wirkung a&#x0364;ußern. Daß<lb/>
aber die&#x017F;e                         Licht-Er&#x017F;cheinungen wirklich der Interferenz ihren                         Ur-<lb/>
&#x017F;prung verdanken, &#x017F;ieht man, wenn man nur die                         von einem Spie-<lb/>
gel nach <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">MHE</hi></hi> kommenden Strahlen zula&#x0364;ßt, die andern aber durch<lb/>
einen                         Schirm aufha&#x0364;lt; alsdenn i&#x017F;t die&#x017F;er                         Wech&#x017F;el von Hell und<lb/>
Dunkel nicht mehr zu bemerken.</p><lb/>
          <p>Sie werden vielleicht einwenden, eben das                         mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ich al&#x017F;o                         bei<lb/>
allen Spiegeln zeigen, auch wenn ihre Neigung gro&#x0364;ßer                         wa&#x0364;re;<lb/>
aber es la&#x0364;ßt &#x017F;ich leicht                         darthun, daß bei einem gro&#x0364;ßern Winkel, den<lb/>
die Spiegel mit                         einander machen, die&#x017F;e kleinen erleuchteten                         Puncte<lb/>
&#x017F;o nahe an einander fallen, daß &#x017F;ie nicht                         mehr zu erkennen &#x017F;ind;<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t die                         Neigung von 1 Grad giebt den Ab&#x017F;tand zwi&#x017F;chen                         den<lb/>
beiden er&#x017F;ten hellen Puncten nur 60                         Wellenla&#x0364;ngen gleich, das i&#x017F;t<lb/>
ungefa&#x0364;hr                         ein Funfzig&#x017F;tel einer Linie, und der Winkel muß al&#x017F;o                         noch<lb/>
weniger betragen.</p><lb/>
          <p>Aus allen die&#x017F;en Ver&#x017F;uchen &#x017F;ehen Sie, daß                         die Lehre von den<lb/>
Interferenz-Er&#x017F;cheinungen des Lichtes auf                         einer &#x017F;olchen Mannig-<lb/>
faltigkeit von Ver&#x017F;uchen                         beruht, daß man die&#x017F;e                         Er&#x017F;cheinungen<lb/>
unmo&#x0364;glich bezweifeln kann.                         Die&#x017F;e Er&#x017F;cheinungen &#x017F;prechen den<lb/>
Satz                         deutlich aus, daß nicht unbedingt zwei Licht&#x017F;trahlen                             zu&#x017F;ammen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[299/0313] geringen Neigung der neben einander fortgehenden Strahlen merklich wird. Zieht man naͤmlich die den Winkel UCV halbirende Linie ECW, ſo erhellt leicht, daß in jedem Puncte der Linie CE, zum Beiſpiel in E, eine durch die Reflexion von beiden Spiegeln ver- ſtaͤrkte Erleuchtung ſtatt findet, weil die Summe der Wege AG, GE ebenſo groß als die Summe der Wege AF, FE iſt. Dagegen in einem Puncte H neben E kann Mangel an Erleuchtung, Dun- kelheit durch Interferenz ſtatt finden, wenn AK, KH zuſammen genau eine halbe Wellenlaͤnge mehr als AI, IH zuſammen betra- gen. In M wird wieder eine verſtaͤrkte Licht-Erſcheinung eintre- ten, wenn die Differenz der Wege eine ganze Wellenlaͤnge betraͤgt, und ſo ferner. Dieſe neben einander liegenden hellen und dunkeln Puncte ſieht man nun wirklich, wenn man in HE eine matte Glasplatte haͤlt, und ſie von der Seite Z aus mit dem Microſcop betrachtet, oder — was, wie ich oͤfter geſagt habe, einerlei iſt, — wenn man dieſes mattgeſchliffene Glas weglaͤßt, und mit dem Microſcop die Strahlen beobachtet, welche in HE ihre Wirkung aͤußern. Daß aber dieſe Licht-Erſcheinungen wirklich der Interferenz ihren Ur- ſprung verdanken, ſieht man, wenn man nur die von einem Spie- gel nach MHE kommenden Strahlen zulaͤßt, die andern aber durch einen Schirm aufhaͤlt; alsdenn iſt dieſer Wechſel von Hell und Dunkel nicht mehr zu bemerken. Sie werden vielleicht einwenden, eben das muͤſſe ſich alſo bei allen Spiegeln zeigen, auch wenn ihre Neigung groͤßer waͤre; aber es laͤßt ſich leicht darthun, daß bei einem groͤßern Winkel, den die Spiegel mit einander machen, dieſe kleinen erleuchteten Puncte ſo nahe an einander fallen, daß ſie nicht mehr zu erkennen ſind; ſelbſt die Neigung von 1 Grad giebt den Abſtand zwiſchen den beiden erſten hellen Puncten nur 60 Wellenlaͤngen gleich, das iſt ungefaͤhr ein Funfzigſtel einer Linie, und der Winkel muß alſo noch weniger betragen. Aus allen dieſen Verſuchen ſehen Sie, daß die Lehre von den Interferenz-Erſcheinungen des Lichtes auf einer ſolchen Mannig- faltigkeit von Verſuchen beruht, daß man dieſe Erſcheinungen unmoͤglich bezweifeln kann. Dieſe Erſcheinungen ſprechen den Satz deutlich aus, daß nicht unbedingt zwei Lichtſtrahlen zuſammen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/313
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/313>, abgerufen am 24.05.2024.