dern Fällen bedient, wo man in nicht weite Fernen sehr scharf sehen will.
Das Erdfernrohr.
Für stärkere Vergrößerungen gebraucht man lieber ein mit mehreren Ocularen versehenes Fernrohr, das man das Erdfern- rohr nennt. Es kann drei oder vier Gläser in der Ocularröhre verbunden, enthalten; da aber unsre gewöhnlichen Fernröhre vier zu enthalten pflegen, so will ich darauf meine Erklärung einrich- ten. Wenn man ein Fernrohr, das ungefähr 24 Zoll Länge hat, wenn es zum Sehen in die Ferne gehörig ausgezogen ist, aus ein- ander nimmt, so findet man in der vordern Zugröhre vier Gläser, die alle convex sind, und die man sämmtlich Oculare nennt. Sie behalten ihre Lage gegen einander unverändert, können aber dem Objective genähert oder von demselben entfernt werden; ich will sie nach ihrem Abstande vom Objective das erste, zweite, dritte, vierte, nennen, so daß das vierte am Auge gehalten wird. Ist das Fernrohr richtig ausgezogen, so daß ein gut in die Ferne sehendes Auge entfernte Gegenstände deutlich sieht, so liegt bei diesem Fernrohre das durch das Objectiv hervorgebrachte umgekehrte Bild ganz nahe vor dem ersten Oculare. Da es diesem Glase näher liegt, als der Brennpunct, so behalten die von einem Puncte des Bildes ausgehenden Strahlen auch an der andern Seite des Glases noch eine divergirende Richtung, jedoch mit geringerer Di- vergenz, als vor dem Glase. Das zweite Ocular fängt sie auf und macht sie convergent, aber noch ehe sie sich vereinigen, fängt das dritte Ocular sie auf, um sie noch mehr convergent zu machen, und in einem Sammelpuncte zu vereinigen. Hier stellt sich also ein Bild dar und zwar ein umgekehrtes Bild des ersten Bildes, also ein aufrechtes Bild des Gegenstandes; und dieses befindet sich im Brennpuncte des letzten Oculars, so daß es dem durch dieses Ocular blickenden Auge deutlich erscheint. Jetzt sieht also der Beobachter den Gegenstand aufrecht. In welchem Maaße er hier vergrößert erscheint, das will ich nicht zu entwickeln versuchen, da es eine zu genaue Verfolgung des Ganges der Strahlen fordern würde. Wenn man den Gang der Strahlen genau zeichnet, so zeigt sich, daß alle brauchbaren Strahlen nahe vor dem zweiten Ocular sehr nahe zu-
dern Faͤllen bedient, wo man in nicht weite Fernen ſehr ſcharf ſehen will.
Das Erdfernrohr.
Fuͤr ſtaͤrkere Vergroͤßerungen gebraucht man lieber ein mit mehreren Ocularen verſehenes Fernrohr, das man das Erdfern- rohr nennt. Es kann drei oder vier Glaͤſer in der Ocularroͤhre verbunden, enthalten; da aber unſre gewoͤhnlichen Fernroͤhre vier zu enthalten pflegen, ſo will ich darauf meine Erklaͤrung einrich- ten. Wenn man ein Fernrohr, das ungefaͤhr 24 Zoll Laͤnge hat, wenn es zum Sehen in die Ferne gehoͤrig ausgezogen iſt, aus ein- ander nimmt, ſo findet man in der vordern Zugroͤhre vier Glaͤſer, die alle convex ſind, und die man ſaͤmmtlich Oculare nennt. Sie behalten ihre Lage gegen einander unveraͤndert, koͤnnen aber dem Objective genaͤhert oder von demſelben entfernt werden; ich will ſie nach ihrem Abſtande vom Objective das erſte, zweite, dritte, vierte, nennen, ſo daß das vierte am Auge gehalten wird. Iſt das Fernrohr richtig ausgezogen, ſo daß ein gut in die Ferne ſehendes Auge entfernte Gegenſtaͤnde deutlich ſieht, ſo liegt bei dieſem Fernrohre das durch das Objectiv hervorgebrachte umgekehrte Bild ganz nahe vor dem erſten Oculare. Da es dieſem Glaſe naͤher liegt, als der Brennpunct, ſo behalten die von einem Puncte des Bildes ausgehenden Strahlen auch an der andern Seite des Glaſes noch eine divergirende Richtung, jedoch mit geringerer Di- vergenz, als vor dem Glaſe. Das zweite Ocular faͤngt ſie auf und macht ſie convergent, aber noch ehe ſie ſich vereinigen, faͤngt das dritte Ocular ſie auf, um ſie noch mehr convergent zu machen, und in einem Sammelpuncte zu vereinigen. Hier ſtellt ſich alſo ein Bild dar und zwar ein umgekehrtes Bild des erſten Bildes, alſo ein aufrechtes Bild des Gegenſtandes; und dieſes befindet ſich im Brennpuncte des letzten Oculars, ſo daß es dem durch dieſes Ocular blickenden Auge deutlich erſcheint. Jetzt ſieht alſo der Beobachter den Gegenſtand aufrecht. In welchem Maaße er hier vergroͤßert erſcheint, das will ich nicht zu entwickeln verſuchen, da es eine zu genaue Verfolgung des Ganges der Strahlen fordern wuͤrde. Wenn man den Gang der Strahlen genau zeichnet, ſo zeigt ſich, daß alle brauchbaren Strahlen nahe vor dem zweiten Ocular ſehr nahe zu-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0166"n="152"/>
dern Faͤllen bedient, wo man in nicht weite Fernen ſehr ſcharf<lb/>ſehen will.</p></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#g">Das Erdfernrohr</hi>.</head><lb/><p>Fuͤr ſtaͤrkere Vergroͤßerungen gebraucht man lieber ein mit<lb/>
mehreren Ocularen verſehenes Fernrohr, das man das <hirendition="#g">Erdfern</hi>-<lb/><hirendition="#g">rohr</hi> nennt. Es kann drei oder vier Glaͤſer in der Ocularroͤhre<lb/>
verbunden, enthalten; da aber unſre gewoͤhnlichen Fernroͤhre vier<lb/>
zu enthalten pflegen, ſo will ich darauf meine Erklaͤrung einrich-<lb/>
ten. Wenn man ein Fernrohr, das ungefaͤhr 24 Zoll Laͤnge hat,<lb/>
wenn es zum Sehen in die Ferne gehoͤrig ausgezogen iſt, aus ein-<lb/>
ander nimmt, ſo findet man in der vordern Zugroͤhre vier Glaͤſer,<lb/>
die alle convex ſind, und die man ſaͤmmtlich Oculare nennt. Sie<lb/>
behalten ihre Lage gegen einander unveraͤndert, koͤnnen aber dem<lb/>
Objective genaͤhert oder von demſelben entfernt werden; ich will<lb/>ſie nach ihrem Abſtande vom Objective das erſte, zweite, dritte,<lb/>
vierte, nennen, ſo daß das vierte am Auge gehalten wird. Iſt<lb/>
das Fernrohr richtig ausgezogen, ſo daß ein gut in die Ferne<lb/>ſehendes Auge entfernte Gegenſtaͤnde deutlich ſieht, ſo liegt bei<lb/>
dieſem Fernrohre das durch das Objectiv hervorgebrachte umgekehrte<lb/>
Bild ganz nahe vor dem erſten Oculare. Da es dieſem Glaſe<lb/>
naͤher liegt, als der Brennpunct, ſo behalten die von einem Puncte<lb/>
des Bildes ausgehenden Strahlen auch an der andern Seite des<lb/>
Glaſes noch eine divergirende Richtung, jedoch mit geringerer Di-<lb/>
vergenz, als vor dem Glaſe. Das zweite Ocular faͤngt ſie auf und<lb/>
macht ſie convergent, aber noch ehe ſie ſich vereinigen, faͤngt das<lb/>
dritte Ocular ſie auf, um ſie noch mehr convergent zu machen,<lb/>
und in einem Sammelpuncte zu vereinigen. Hier ſtellt ſich alſo ein<lb/>
Bild dar und zwar ein umgekehrtes Bild des erſten Bildes, alſo ein<lb/>
aufrechtes Bild des Gegenſtandes; und dieſes befindet ſich im<lb/>
Brennpuncte des letzten Oculars, ſo daß es dem durch dieſes Ocular<lb/>
blickenden Auge deutlich erſcheint. Jetzt ſieht alſo der Beobachter<lb/>
den Gegenſtand aufrecht. In welchem Maaße er hier vergroͤßert<lb/>
erſcheint, das will ich nicht zu entwickeln verſuchen, da es eine zu<lb/>
genaue Verfolgung des Ganges der Strahlen fordern wuͤrde. Wenn<lb/>
man den Gang der Strahlen genau zeichnet, ſo zeigt ſich, daß alle<lb/>
brauchbaren Strahlen nahe vor dem zweiten Ocular ſehr nahe zu-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[152/0166]
dern Faͤllen bedient, wo man in nicht weite Fernen ſehr ſcharf
ſehen will.
Das Erdfernrohr.
Fuͤr ſtaͤrkere Vergroͤßerungen gebraucht man lieber ein mit
mehreren Ocularen verſehenes Fernrohr, das man das Erdfern-
rohr nennt. Es kann drei oder vier Glaͤſer in der Ocularroͤhre
verbunden, enthalten; da aber unſre gewoͤhnlichen Fernroͤhre vier
zu enthalten pflegen, ſo will ich darauf meine Erklaͤrung einrich-
ten. Wenn man ein Fernrohr, das ungefaͤhr 24 Zoll Laͤnge hat,
wenn es zum Sehen in die Ferne gehoͤrig ausgezogen iſt, aus ein-
ander nimmt, ſo findet man in der vordern Zugroͤhre vier Glaͤſer,
die alle convex ſind, und die man ſaͤmmtlich Oculare nennt. Sie
behalten ihre Lage gegen einander unveraͤndert, koͤnnen aber dem
Objective genaͤhert oder von demſelben entfernt werden; ich will
ſie nach ihrem Abſtande vom Objective das erſte, zweite, dritte,
vierte, nennen, ſo daß das vierte am Auge gehalten wird. Iſt
das Fernrohr richtig ausgezogen, ſo daß ein gut in die Ferne
ſehendes Auge entfernte Gegenſtaͤnde deutlich ſieht, ſo liegt bei
dieſem Fernrohre das durch das Objectiv hervorgebrachte umgekehrte
Bild ganz nahe vor dem erſten Oculare. Da es dieſem Glaſe
naͤher liegt, als der Brennpunct, ſo behalten die von einem Puncte
des Bildes ausgehenden Strahlen auch an der andern Seite des
Glaſes noch eine divergirende Richtung, jedoch mit geringerer Di-
vergenz, als vor dem Glaſe. Das zweite Ocular faͤngt ſie auf und
macht ſie convergent, aber noch ehe ſie ſich vereinigen, faͤngt das
dritte Ocular ſie auf, um ſie noch mehr convergent zu machen,
und in einem Sammelpuncte zu vereinigen. Hier ſtellt ſich alſo ein
Bild dar und zwar ein umgekehrtes Bild des erſten Bildes, alſo ein
aufrechtes Bild des Gegenſtandes; und dieſes befindet ſich im
Brennpuncte des letzten Oculars, ſo daß es dem durch dieſes Ocular
blickenden Auge deutlich erſcheint. Jetzt ſieht alſo der Beobachter
den Gegenſtand aufrecht. In welchem Maaße er hier vergroͤßert
erſcheint, das will ich nicht zu entwickeln verſuchen, da es eine zu
genaue Verfolgung des Ganges der Strahlen fordern wuͤrde. Wenn
man den Gang der Strahlen genau zeichnet, ſo zeigt ſich, daß alle
brauchbaren Strahlen nahe vor dem zweiten Ocular ſehr nahe zu-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/166>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.