Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.wirkenden Kräfte sich einander im Gleichgewichte halten müssen, der Diese Kettenlinie kömmt auch bei der Form der Gewölbe vor. So reichhaltig in nützlichen Anwendungen ist die Lehre vom wirkenden Kraͤfte ſich einander im Gleichgewichte halten muͤſſen, der Dieſe Kettenlinie koͤmmt auch bei der Form der Gewoͤlbe vor. So reichhaltig in nuͤtzlichen Anwendungen iſt die Lehre vom <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0092" n="70"/> wirkenden Kraͤfte ſich einander im Gleichgewichte halten muͤſſen, der<lb/> hinaufwaͤrts gerichtete Theil der Spannung aber das Gewicht der<lb/> Kette traͤgt, ſo ergiebt ſich folgende Regel fuͤr die richtig gezeichnete<lb/> Kettenlinie <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">ABCDE</hi></hi> (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Fig. 47.</hi></hi>). Wenn <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">C</hi></hi> ihr tiefſter Punct iſt,<lb/> und man zieht in verſchiedenen Puncten <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">D, d,</hi></hi> Beruͤhrungslinien<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">DG, dg</hi></hi> ſo lang, daß die horizontalen Laͤngen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">DF, df</hi></hi> gleich ſind,<lb/> ſo muͤſſen die zugehoͤrigen verticalen Laͤngen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">FG, fg</hi></hi> den vom un-<lb/> terſten Puncte an gerechneten Bogen proportional ſein, alſo <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">FG</hi></hi> =<lb/> 2<hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">fg,</hi></hi> wenn <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">CD</hi></hi> = 2<hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Cd</hi></hi> iſt. Hier ſtellt naͤmlich <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">DF</hi></hi> oder <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">df</hi></hi> den<lb/> aus der Spannung entſtehenden horizontalen Zug vor, <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">FG, fg</hi></hi><lb/> aber den verticalen Zug, der offenbar das ganze unterhalb liegende<lb/> Gewicht der Kette traͤgt.</p><lb/> <p>Dieſe Kettenlinie koͤmmt auch bei der Form der Gewoͤlbe vor.<lb/> Wenn man zwei Staͤbe ſo auf einander ſetzt, daß (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Fig. 48.</hi></hi>) der<lb/> eine ſich an die feſte Wand <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AB</hi></hi> anlehnt, der andre auf dem Boden<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">BC</hi></hi> ruhet, ſo giebt es eine gewiſſe Stellung, bei welcher die in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">D</hi></hi> ſich<lb/> an einander ſtuͤtzenden Staͤbe <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AD, DC,</hi></hi> ohne fremde Kraft ſich ſelbſt<lb/> erhalten. Naͤhme man drei oder mehr Staͤbe, ſo koͤnnten auch dieſe<lb/> bei gehoͤrig gewaͤhlter Neigung, ſo wie <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AD, DE, EF,</hi></hi> ſich im Gleich-<lb/> gewichte erhalten, und die Form, die man dieſer ganzen Verbindung<lb/> von Staͤben geben muͤßte, ſtimmt, wenn alle Staͤbe gleich ſchwer<lb/> ſind, deſto naͤher mit der Kettenlinie uͤberein, je mehrere der Staͤbe<lb/> ſind; denn auch hier muß die nach horizontaler Richtung ſchie-<lb/> bende Kraft bei allen gleich, die nach verticaler Richtung ſtuͤtzende<lb/> und tragende Kraft der ganzen aufliegenden Laſt gleich ſein.</p><lb/> <p>So reichhaltig in nuͤtzlichen Anwendungen iſt die Lehre vom<lb/> Gleichgewichte der Koͤrper, und wenn ich hier vielleicht bei Gegen-<lb/> ſtaͤnden, die vorzuͤglich ein practiſches Intereſſe gewaͤhren, zu lange<lb/> mich aufgehalten habe, ſo muͤſſen Sie dieſes damit entſchuldigen,<lb/> daß ich doch gern auf die zahlreichen Faͤlle hindeuten wollte, die als<lb/> von dieſer Lehre abhaͤngig, ſich uns als Grundlage des ganzen<lb/> Maſchinenbaues darbieten. Die Mechanik, zu welcher ich jetzt<lb/> uͤbergehe, bietet uns noch mannigfaltigere, und zugleich hoͤchſt an-<lb/> ziehende Anwendungen dar. —</p> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [70/0092]
wirkenden Kraͤfte ſich einander im Gleichgewichte halten muͤſſen, der
hinaufwaͤrts gerichtete Theil der Spannung aber das Gewicht der
Kette traͤgt, ſo ergiebt ſich folgende Regel fuͤr die richtig gezeichnete
Kettenlinie ABCDE (Fig. 47.). Wenn C ihr tiefſter Punct iſt,
und man zieht in verſchiedenen Puncten D, d, Beruͤhrungslinien
DG, dg ſo lang, daß die horizontalen Laͤngen DF, df gleich ſind,
ſo muͤſſen die zugehoͤrigen verticalen Laͤngen FG, fg den vom un-
terſten Puncte an gerechneten Bogen proportional ſein, alſo FG =
2fg, wenn CD = 2Cd iſt. Hier ſtellt naͤmlich DF oder df den
aus der Spannung entſtehenden horizontalen Zug vor, FG, fg
aber den verticalen Zug, der offenbar das ganze unterhalb liegende
Gewicht der Kette traͤgt.
Dieſe Kettenlinie koͤmmt auch bei der Form der Gewoͤlbe vor.
Wenn man zwei Staͤbe ſo auf einander ſetzt, daß (Fig. 48.) der
eine ſich an die feſte Wand AB anlehnt, der andre auf dem Boden
BC ruhet, ſo giebt es eine gewiſſe Stellung, bei welcher die in D ſich
an einander ſtuͤtzenden Staͤbe AD, DC, ohne fremde Kraft ſich ſelbſt
erhalten. Naͤhme man drei oder mehr Staͤbe, ſo koͤnnten auch dieſe
bei gehoͤrig gewaͤhlter Neigung, ſo wie AD, DE, EF, ſich im Gleich-
gewichte erhalten, und die Form, die man dieſer ganzen Verbindung
von Staͤben geben muͤßte, ſtimmt, wenn alle Staͤbe gleich ſchwer
ſind, deſto naͤher mit der Kettenlinie uͤberein, je mehrere der Staͤbe
ſind; denn auch hier muß die nach horizontaler Richtung ſchie-
bende Kraft bei allen gleich, die nach verticaler Richtung ſtuͤtzende
und tragende Kraft der ganzen aufliegenden Laſt gleich ſein.
So reichhaltig in nuͤtzlichen Anwendungen iſt die Lehre vom
Gleichgewichte der Koͤrper, und wenn ich hier vielleicht bei Gegen-
ſtaͤnden, die vorzuͤglich ein practiſches Intereſſe gewaͤhren, zu lange
mich aufgehalten habe, ſo muͤſſen Sie dieſes damit entſchuldigen,
daß ich doch gern auf die zahlreichen Faͤlle hindeuten wollte, die als
von dieſer Lehre abhaͤngig, ſich uns als Grundlage des ganzen
Maſchinenbaues darbieten. Die Mechanik, zu welcher ich jetzt
uͤbergehe, bietet uns noch mannigfaltigere, und zugleich hoͤchſt an-
ziehende Anwendungen dar. —
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