Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

BD mit CD, bd im Gleichgewichte ist. Zieht man
ebenso BE nach der Mitte der AC, so würde auch BE unter-
stützt werden dürfen, um das Drei-Eck im Gleichgewichte zu er-
halten. Aber es braucht nicht eine dieser Linien ganz unterstützt
zu werden, sondern eine Nadelspitze unter dem Durchschnitts-
puncte F beider, als Unterstützung, angebracht, erhält das ganze
Drei-Eck im Gleichgewichte, und F ist des Drei-Ecks Schwer-
punct. -- Eben so erhalten wir eine Kreisfläche ohne daß sie sich
nach einer Seite senkt, wenn wir ihren Mittelpunct unterstützen;
würde dagegen ein andrer Punct neben dem Mittelpuncte unter-
stützt, so würde der Kreis nach der Richtung hinabsinken, wie es
geschähe, wenn der Mittelpunct allein mit dem ganzen Gewichte
des Kreises belastet wäre. Der Schwerpunct liegt übrigens nicht
immer in der Masse des Körpers selbst, sondern ein kreisförmi-
ger Reifen zum Beispiel hat den Schwerpunct im Mittelpuncte,
obgleich dieser Mittelpunct keinen Theil der Masse des Reifens
enthält. Zöge man einen feinen Faden als Durchmesser des
Kreisringes und hielte diesen Faden in seiner Mitte an einem
angeknüpften Faden fest, so würde der Ring horizontal schwebend
erhalten. --

Hiernach lassen sich nun die Umstände bestimmen, wann
ein Körper auf einer bestimmten Unterstützung ruhen kann, oder
nicht. Ist er nur in einem Puncte unterstützt, so muß diese
Unterstützung entweder im Schwerpuncte selbst, oder senkrecht über,
oder senkrecht unter demselben angebracht sein; und wenn sie
unterhalb des Schwerpunctes liegt, so ruht der Körper zwar so
lange, als der Schwerpunct sich genau grade über ihr befindet,
er fällt aber herab, wenn er durch einen Zufall oder durch eine
seitwärts wirkende Kraft um etwas Geringes aus dieser Lage ge-
rückt ist. Bei der Lage AB, (Fig. 38.) könnte selbst die Kugel
auf einer Nadelspitze D ruhen, aber sobald sie in die Lage ab
rückt, so ist ihr Schwerpunct e nicht unterstützt und fällt un-
fehlbar, wenn man nicht durch schnelle Unterstützung des richti-
gen Punctes dieses hindert. Wäre dagegen die Kugel oberhalb
des Schwerpunctes in D (Fig. 39.) unterstützt, so würde bei
einer geringen Verrückung der Schwerpunct c gehoben werden,
weil die Drehung um D statt fände, und nun würde er nach C

BD mit CD, bd im Gleichgewichte iſt. Zieht man
ebenſo BE nach der Mitte der AC, ſo wuͤrde auch BE unter-
ſtuͤtzt werden duͤrfen, um das Drei-Eck im Gleichgewichte zu er-
halten. Aber es braucht nicht eine dieſer Linien ganz unterſtuͤtzt
zu werden, ſondern eine Nadelſpitze unter dem Durchſchnitts-
puncte F beider, als Unterſtuͤtzung, angebracht, erhaͤlt das ganze
Drei-Eck im Gleichgewichte, und F iſt des Drei-Ecks Schwer-
punct. — Eben ſo erhalten wir eine Kreisflaͤche ohne daß ſie ſich
nach einer Seite ſenkt, wenn wir ihren Mittelpunct unterſtuͤtzen;
wuͤrde dagegen ein andrer Punct neben dem Mittelpuncte unter-
ſtuͤtzt, ſo wuͤrde der Kreis nach der Richtung hinabſinken, wie es
geſchaͤhe, wenn der Mittelpunct allein mit dem ganzen Gewichte
des Kreiſes belaſtet waͤre. Der Schwerpunct liegt uͤbrigens nicht
immer in der Maſſe des Koͤrpers ſelbſt, ſondern ein kreisfoͤrmi-
ger Reifen zum Beiſpiel hat den Schwerpunct im Mittelpuncte,
obgleich dieſer Mittelpunct keinen Theil der Maſſe des Reifens
enthaͤlt. Zoͤge man einen feinen Faden als Durchmeſſer des
Kreisringes und hielte dieſen Faden in ſeiner Mitte an einem
angeknuͤpften Faden feſt, ſo wuͤrde der Ring horizontal ſchwebend
erhalten. —

Hiernach laſſen ſich nun die Umſtaͤnde beſtimmen, wann
ein Koͤrper auf einer beſtimmten Unterſtuͤtzung ruhen kann, oder
nicht. Iſt er nur in einem Puncte unterſtuͤtzt, ſo muß dieſe
Unterſtuͤtzung entweder im Schwerpuncte ſelbſt, oder ſenkrecht uͤber,
oder ſenkrecht unter demſelben angebracht ſein; und wenn ſie
unterhalb des Schwerpunctes liegt, ſo ruht der Koͤrper zwar ſo
lange, als der Schwerpunct ſich genau grade uͤber ihr befindet,
er faͤllt aber herab, wenn er durch einen Zufall oder durch eine
ſeitwaͤrts wirkende Kraft um etwas Geringes aus dieſer Lage ge-
ruͤckt iſt. Bei der Lage AB, (Fig. 38.) koͤnnte ſelbſt die Kugel
auf einer Nadelſpitze D ruhen, aber ſobald ſie in die Lage ab
ruͤckt, ſo iſt ihr Schwerpunct e nicht unterſtuͤtzt und faͤllt un-
fehlbar, wenn man nicht durch ſchnelle Unterſtuͤtzung des richti-
gen Punctes dieſes hindert. Waͤre dagegen die Kugel oberhalb
des Schwerpunctes in D (Fig. 39.) unterſtuͤtzt, ſo wuͤrde bei
einer geringen Verruͤckung der Schwerpunct c gehoben werden,
weil die Drehung um D ſtatt faͤnde, und nun wuͤrde er nach C

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0084" n="62"/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">BD</hi></hi> mit <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">CD, bd</hi></hi> im Gleichgewichte i&#x017F;t. Zieht man<lb/>
eben&#x017F;o <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">BE</hi></hi> nach der Mitte der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AC,</hi></hi> &#x017F;o wu&#x0364;rde auch <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">BE</hi></hi> unter-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;tzt werden du&#x0364;rfen, um das Drei-Eck im Gleichgewichte zu er-<lb/>
halten. Aber es braucht nicht eine die&#x017F;er Linien ganz unter&#x017F;tu&#x0364;tzt<lb/>
zu werden, &#x017F;ondern eine Nadel&#x017F;pitze unter dem Durch&#x017F;chnitts-<lb/>
puncte <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">F</hi></hi> beider, als Unter&#x017F;tu&#x0364;tzung, angebracht, erha&#x0364;lt das ganze<lb/>
Drei-Eck im Gleichgewichte, und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">F</hi></hi> i&#x017F;t des Drei-Ecks Schwer-<lb/>
punct. &#x2014; Eben &#x017F;o erhalten wir eine Kreisfla&#x0364;che ohne daß &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
nach einer Seite &#x017F;enkt, wenn wir ihren Mittelpunct unter&#x017F;tu&#x0364;tzen;<lb/>
wu&#x0364;rde dagegen ein andrer Punct neben dem Mittelpuncte unter-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;tzt, &#x017F;o wu&#x0364;rde der Kreis nach der Richtung hinab&#x017F;inken, wie es<lb/>
ge&#x017F;cha&#x0364;he, wenn der Mittelpunct allein mit dem ganzen Gewichte<lb/>
des Krei&#x017F;es bela&#x017F;tet wa&#x0364;re. Der Schwerpunct liegt u&#x0364;brigens nicht<lb/>
immer in der Ma&#x017F;&#x017F;e des Ko&#x0364;rpers &#x017F;elb&#x017F;t, &#x017F;ondern ein kreisfo&#x0364;rmi-<lb/>
ger Reifen zum Bei&#x017F;piel hat den Schwerpunct im Mittelpuncte,<lb/>
obgleich die&#x017F;er Mittelpunct keinen Theil der Ma&#x017F;&#x017F;e des Reifens<lb/>
entha&#x0364;lt. Zo&#x0364;ge man einen feinen Faden als Durchme&#x017F;&#x017F;er des<lb/>
Kreisringes und hielte die&#x017F;en Faden in &#x017F;einer Mitte an einem<lb/>
angeknu&#x0364;pften Faden fe&#x017F;t, &#x017F;o wu&#x0364;rde der Ring horizontal &#x017F;chwebend<lb/>
erhalten. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Hiernach la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich nun die Um&#x017F;ta&#x0364;nde be&#x017F;timmen, wann<lb/>
ein Ko&#x0364;rper auf einer be&#x017F;timmten Unter&#x017F;tu&#x0364;tzung ruhen kann, oder<lb/>
nicht. I&#x017F;t er nur in <hi rendition="#g">einem</hi> Puncte unter&#x017F;tu&#x0364;tzt, &#x017F;o muß die&#x017F;e<lb/>
Unter&#x017F;tu&#x0364;tzung entweder im Schwerpuncte &#x017F;elb&#x017F;t, oder &#x017F;enkrecht u&#x0364;ber,<lb/>
oder &#x017F;enkrecht unter dem&#x017F;elben angebracht &#x017F;ein; und wenn &#x017F;ie<lb/>
unterhalb des Schwerpunctes liegt, &#x017F;o ruht der Ko&#x0364;rper zwar &#x017F;o<lb/>
lange, als der Schwerpunct &#x017F;ich genau grade u&#x0364;ber ihr befindet,<lb/>
er fa&#x0364;llt aber herab, wenn er durch einen Zufall oder durch eine<lb/>
&#x017F;eitwa&#x0364;rts wirkende Kraft um etwas Geringes aus die&#x017F;er Lage ge-<lb/>
ru&#x0364;ckt i&#x017F;t. Bei der Lage <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AB,</hi></hi> (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Fig. 38.</hi></hi>) ko&#x0364;nnte &#x017F;elb&#x017F;t die Kugel<lb/>
auf einer Nadel&#x017F;pitze <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">D</hi></hi> ruhen, aber &#x017F;obald &#x017F;ie in die Lage <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">ab</hi></hi><lb/>
ru&#x0364;ckt, &#x017F;o i&#x017F;t ihr Schwerpunct <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">e</hi></hi> nicht unter&#x017F;tu&#x0364;tzt und fa&#x0364;llt un-<lb/>
fehlbar, wenn man nicht durch &#x017F;chnelle Unter&#x017F;tu&#x0364;tzung des richti-<lb/>
gen Punctes die&#x017F;es hindert. Wa&#x0364;re dagegen die Kugel oberhalb<lb/>
des Schwerpunctes in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">D</hi></hi> (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Fig. 39.</hi></hi>) unter&#x017F;tu&#x0364;tzt, &#x017F;o wu&#x0364;rde bei<lb/>
einer geringen Verru&#x0364;ckung der Schwerpunct <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">c</hi></hi> gehoben werden,<lb/>
weil die Drehung um <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">D</hi></hi> &#x017F;tatt fa&#x0364;nde, und nun wu&#x0364;rde er nach <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">C</hi></hi><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0084] BD mit CD, bd im Gleichgewichte iſt. Zieht man ebenſo BE nach der Mitte der AC, ſo wuͤrde auch BE unter- ſtuͤtzt werden duͤrfen, um das Drei-Eck im Gleichgewichte zu er- halten. Aber es braucht nicht eine dieſer Linien ganz unterſtuͤtzt zu werden, ſondern eine Nadelſpitze unter dem Durchſchnitts- puncte F beider, als Unterſtuͤtzung, angebracht, erhaͤlt das ganze Drei-Eck im Gleichgewichte, und F iſt des Drei-Ecks Schwer- punct. — Eben ſo erhalten wir eine Kreisflaͤche ohne daß ſie ſich nach einer Seite ſenkt, wenn wir ihren Mittelpunct unterſtuͤtzen; wuͤrde dagegen ein andrer Punct neben dem Mittelpuncte unter- ſtuͤtzt, ſo wuͤrde der Kreis nach der Richtung hinabſinken, wie es geſchaͤhe, wenn der Mittelpunct allein mit dem ganzen Gewichte des Kreiſes belaſtet waͤre. Der Schwerpunct liegt uͤbrigens nicht immer in der Maſſe des Koͤrpers ſelbſt, ſondern ein kreisfoͤrmi- ger Reifen zum Beiſpiel hat den Schwerpunct im Mittelpuncte, obgleich dieſer Mittelpunct keinen Theil der Maſſe des Reifens enthaͤlt. Zoͤge man einen feinen Faden als Durchmeſſer des Kreisringes und hielte dieſen Faden in ſeiner Mitte an einem angeknuͤpften Faden feſt, ſo wuͤrde der Ring horizontal ſchwebend erhalten. — Hiernach laſſen ſich nun die Umſtaͤnde beſtimmen, wann ein Koͤrper auf einer beſtimmten Unterſtuͤtzung ruhen kann, oder nicht. Iſt er nur in einem Puncte unterſtuͤtzt, ſo muß dieſe Unterſtuͤtzung entweder im Schwerpuncte ſelbſt, oder ſenkrecht uͤber, oder ſenkrecht unter demſelben angebracht ſein; und wenn ſie unterhalb des Schwerpunctes liegt, ſo ruht der Koͤrper zwar ſo lange, als der Schwerpunct ſich genau grade uͤber ihr befindet, er faͤllt aber herab, wenn er durch einen Zufall oder durch eine ſeitwaͤrts wirkende Kraft um etwas Geringes aus dieſer Lage ge- ruͤckt iſt. Bei der Lage AB, (Fig. 38.) koͤnnte ſelbſt die Kugel auf einer Nadelſpitze D ruhen, aber ſobald ſie in die Lage ab ruͤckt, ſo iſt ihr Schwerpunct e nicht unterſtuͤtzt und faͤllt un- fehlbar, wenn man nicht durch ſchnelle Unterſtuͤtzung des richti- gen Punctes dieſes hindert. Waͤre dagegen die Kugel oberhalb des Schwerpunctes in D (Fig. 39.) unterſtuͤtzt, ſo wuͤrde bei einer geringen Verruͤckung der Schwerpunct c gehoben werden, weil die Drehung um D ſtatt faͤnde, und nun wuͤrde er nach C

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/84
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/84>, abgerufen am 25.11.2024.