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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

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chen ebensoviel Gewalt des absoluten Zusammenhanges besitzt als
ein zweites in D, so leistet das in D viel größern Widerstand,
weil eine so entfernt von C wirkende Kraft wirksamer ist. Ent-
stände also der Widerstand auch nur aus dem Zusammenhange
der drei Theilchen D, E, F im einen, d, e, f im andern Bal-
ken, so wäre doch für den erstern eine doppelt so große Kraft
zum Zerbrechen nöthig, wenn D doppelt so weit als d, E dop-
pelt so weit als e, F doppelt so weit als f von dem Drehungs-
puncte entfernt wäre; da nun im doppelt so hohen Balken zu-
gleich doppelt so viele Theilchen über einander liegen, und jedes
mit doppelter Gewalt wirkt, so ist die relative Festigkeit viermal
so groß beim doppelt so hohen, neunmal so groß beim dreimal
so hohen, hundertmal so groß beim zehnmal so hohen Balken.
Hierauf beruht die große Festigkeit eines schmalen, in die hohe
Kante gestellten Brettes; wäre es zum Beispiel 2 Zoll dick und
12 Zoll breit, so käme bei flacher Lage nur 2 als Höhe vor
und 2 mal 2 mal 12 = 48 gäbe die Festigkeit in Vergleichung
gegen einen 1 Zoll breiten und 1 Zoll dicken Stab an, das
heißt jenes fordert 48 mal so viel Kraft zum Zerbrechen bei
gleicher Länge, als dieser; aber wenn 12 die Höhe ist und 2 die
Breite, so hat man dagegen 12 mal 12 mal 2 = 288 als
Ausdruck der Festigkeit. Ein Brett von 1/2 Zoll dick und 12
Zoll breit würden wir ziemlich leicht zerbrechen, wenn es auf der
breiten Seite aufliegt, aber es ist eine 24 mal so große Kraft
dazu nöthig, wenn es auf der hohen Kante liegt.

Die Frage, wie man aus dem cylindrischen Baume den stärk-
sten Balken schneidet, gehört auch hieher. Der Querschnitt des
Balkens muß etwas höher als breit sein, das ist offenbar; die ge-
naue Bestimmung könnte ein guter Rechner durch einiges Probiren,
welche zusammengehörigen Breiten und Höhen am meisten Stärke
geben, finden; die Breite des Durchmessers und die Höhe
des Durchmessers würden sich als die vortheilhaftesten zeigen *).


*) Die Construction, welche den stärksten Balken angiebt, ist fol-
gende: Um die Seiten des Balkens, der am stärksten ist, zu zeichnen,
theilt man den Durchmesser des Cylinders AB (Fig. 28.) in drei gleiche
Theile, errichtet in dem einen Drittelpuncte D die Senkrechte DE, zieht

chen ebenſoviel Gewalt des abſoluten Zuſammenhanges beſitzt als
ein zweites in D, ſo leiſtet das in D viel groͤßern Widerſtand,
weil eine ſo entfernt von C wirkende Kraft wirkſamer iſt. Ent-
ſtaͤnde alſo der Widerſtand auch nur aus dem Zuſammenhange
der drei Theilchen D, E, F im einen, d, e, f im andern Bal-
ken, ſo waͤre doch fuͤr den erſtern eine doppelt ſo große Kraft
zum Zerbrechen noͤthig, wenn D doppelt ſo weit als d, E dop-
pelt ſo weit als e, F doppelt ſo weit als f von dem Drehungs-
puncte entfernt waͤre; da nun im doppelt ſo hohen Balken zu-
gleich doppelt ſo viele Theilchen uͤber einander liegen, und jedes
mit doppelter Gewalt wirkt, ſo iſt die relative Feſtigkeit viermal
ſo groß beim doppelt ſo hohen, neunmal ſo groß beim dreimal
ſo hohen, hundertmal ſo groß beim zehnmal ſo hohen Balken.
Hierauf beruht die große Feſtigkeit eines ſchmalen, in die hohe
Kante geſtellten Brettes; waͤre es zum Beiſpiel 2 Zoll dick und
12 Zoll breit, ſo kaͤme bei flacher Lage nur 2 als Hoͤhe vor
und 2 mal 2 mal 12 = 48 gaͤbe die Feſtigkeit in Vergleichung
gegen einen 1 Zoll breiten und 1 Zoll dicken Stab an, das
heißt jenes fordert 48 mal ſo viel Kraft zum Zerbrechen bei
gleicher Laͤnge, als dieſer; aber wenn 12 die Hoͤhe iſt und 2 die
Breite, ſo hat man dagegen 12 mal 12 mal 2 = 288 als
Ausdruck der Feſtigkeit. Ein Brett von ½ Zoll dick und 12
Zoll breit wuͤrden wir ziemlich leicht zerbrechen, wenn es auf der
breiten Seite aufliegt, aber es iſt eine 24 mal ſo große Kraft
dazu noͤthig, wenn es auf der hohen Kante liegt.

Die Frage, wie man aus dem cylindriſchen Baume den ſtaͤrk-
ſten Balken ſchneidet, gehoͤrt auch hieher. Der Querſchnitt des
Balkens muß etwas hoͤher als breit ſein, das iſt offenbar; die ge-
naue Beſtimmung koͤnnte ein guter Rechner durch einiges Probiren,
welche zuſammengehoͤrigen Breiten und Hoͤhen am meiſten Staͤrke
geben, finden; die Breite des Durchmeſſers und die Hoͤhe
des Durchmeſſers wuͤrden ſich als die vortheilhafteſten zeigen *).


*) Die Conſtruction, welche den ſtaͤrkſten Balken angiebt, iſt fol-
gende: Um die Seiten des Balkens, der am ſtaͤrkſten iſt, zu zeichnen,
theilt man den Durchmeſſer des Cylinders AB (Fig. 28.) in drei gleiche
Theile, errichtet in dem einen Drittelpuncte D die Senkrechte DE, zieht
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[56/0078] chen ebenſoviel Gewalt des abſoluten Zuſammenhanges beſitzt als ein zweites in D, ſo leiſtet das in D viel groͤßern Widerſtand, weil eine ſo entfernt von C wirkende Kraft wirkſamer iſt. Ent- ſtaͤnde alſo der Widerſtand auch nur aus dem Zuſammenhange der drei Theilchen D, E, F im einen, d, e, f im andern Bal- ken, ſo waͤre doch fuͤr den erſtern eine doppelt ſo große Kraft zum Zerbrechen noͤthig, wenn D doppelt ſo weit als d, E dop- pelt ſo weit als e, F doppelt ſo weit als f von dem Drehungs- puncte entfernt waͤre; da nun im doppelt ſo hohen Balken zu- gleich doppelt ſo viele Theilchen uͤber einander liegen, und jedes mit doppelter Gewalt wirkt, ſo iſt die relative Feſtigkeit viermal ſo groß beim doppelt ſo hohen, neunmal ſo groß beim dreimal ſo hohen, hundertmal ſo groß beim zehnmal ſo hohen Balken. Hierauf beruht die große Feſtigkeit eines ſchmalen, in die hohe Kante geſtellten Brettes; waͤre es zum Beiſpiel 2 Zoll dick und 12 Zoll breit, ſo kaͤme bei flacher Lage nur 2 als Hoͤhe vor und 2 mal 2 mal 12 = 48 gaͤbe die Feſtigkeit in Vergleichung gegen einen 1 Zoll breiten und 1 Zoll dicken Stab an, das heißt jenes fordert 48 mal ſo viel Kraft zum Zerbrechen bei gleicher Laͤnge, als dieſer; aber wenn 12 die Hoͤhe iſt und 2 die Breite, ſo hat man dagegen 12 mal 12 mal 2 = 288 als Ausdruck der Feſtigkeit. Ein Brett von ½ Zoll dick und 12 Zoll breit wuͤrden wir ziemlich leicht zerbrechen, wenn es auf der breiten Seite aufliegt, aber es iſt eine 24 mal ſo große Kraft dazu noͤthig, wenn es auf der hohen Kante liegt. Die Frage, wie man aus dem cylindriſchen Baume den ſtaͤrk- ſten Balken ſchneidet, gehoͤrt auch hieher. Der Querſchnitt des Balkens muß etwas hoͤher als breit ſein, das iſt offenbar; die ge- naue Beſtimmung koͤnnte ein guter Rechner durch einiges Probiren, welche zuſammengehoͤrigen Breiten und Hoͤhen am meiſten Staͤrke geben, finden; die Breite [FORMEL] des Durchmeſſers und die Hoͤhe [FORMEL] des Durchmeſſers wuͤrden ſich als die vortheilhafteſten zeigen *). *) Die Conſtruction, welche den ſtaͤrkſten Balken angiebt, iſt fol- gende: Um die Seiten des Balkens, der am ſtaͤrkſten iſt, zu zeichnen, theilt man den Durchmeſſer des Cylinders AB (Fig. 28.) in drei gleiche Theile, errichtet in dem einen Drittelpuncte D die Senkrechte DE, zieht

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/78>, abgerufen am 21.11.2024.