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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

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Körper in der Mitte zwischen zwei Fingern festgehalten wird. In-
dem man den Glasstab so hält, nöthigt man ihn, so zu schwingen,
daß in der Mitte ein Schwingungsknoten ruhend bleibt, und man
erhält hier als tiefsten Ton denjenigen, der um eine Octave höher
ist, als der tiefste Ton, den eben der Stab geben würde, wenn
man ihn am einen Ende fest einspannt und dann mit einem feuch-
ten Lappen nahe am andern Ende reibt. Bei diesen Längenschwin-
gungen erleidet der Stab abwechselnde Verlängerungen und Verkür-
zungen und zwar in seiner ganzen Länge, wenn er am einen Ende
ganz fest eingeschraubt ist, oder von der Mitte ausgehend in seiner
halben Länge, wenn er in der Mitte gehalten wird. Theilt sich
der Stab in mehrere Stücke ab, so daß sich mehrere Knoten bilden,
so ist der Ton ein höherer.

Diese Längentöne sind bei Körpern von verschiedener Materie
höchst verschieden, wenn auch die Länge der Stäbe gleich ist; auf
die Dicke des Stabes, die jedoch nie sehr groß werden darf, kömmt
es nicht an; nimmt man aber ungleich lange, aus einerlei Materie
bestehende Stäbe, so ist die Schwingungszahl für den tiefsten Ton
der Länge umgekehrt proportional.

So wie eine offene Orgelpfeife den Ton giebt, welcher der Zeit
gemäß ist, in welcher sich der Schall durch ihre ganze Länge fort-
pflanzt, so giebt auch der Stab, in der Mitte gehalten, denjenigen
Längenton, welcher der Zeit gemäß ist, die der Schall gebraucht,
um sich durch die Masse des Stabes fortzupflanzen. Hier haben
wir also ein Mittel um die Schnelligkeit der Fortpflanzung des
Schalles in festen Körpern zu bestimmen, denn da ein Silberstab
einen Längenton giebt 3 Octaven und einen ganzen Ton höher, als
eine ebenso lange offene Orgelpfeife, so ergiebt sich daraus, daß der
Schall sich durch das Silber ungefehr 9 mal so schnell als durch die
Luft fortpflanzt, weil der Ton, welchen der Silberstab giebt, 9 Vi-
brationen macht, während die Luftsäule eine macht. Man kann
daher nach Chladni's Bestimmung sagen, daß der Schall sich im
Silber in 1 Secunde durch 9240 Fuß, im Glase in 1 Secunde
durch 17460 Fuß fortpflanzt. Hiernach muß ein Glasstab von
6 Fuß Länge 2910 Schwingungen in 1 Secunde machen und den
Ton fis @ ungefehr angeben, und ein Glasstab von 2 1/8 Fuß Länge wird

Koͤrper in der Mitte zwiſchen zwei Fingern feſtgehalten wird. In-
dem man den Glasſtab ſo haͤlt, noͤthigt man ihn, ſo zu ſchwingen,
daß in der Mitte ein Schwingungsknoten ruhend bleibt, und man
erhaͤlt hier als tiefſten Ton denjenigen, der um eine Octave hoͤher
iſt, als der tiefſte Ton, den eben der Stab geben wuͤrde, wenn
man ihn am einen Ende feſt einſpannt und dann mit einem feuch-
ten Lappen nahe am andern Ende reibt. Bei dieſen Laͤngenſchwin-
gungen erleidet der Stab abwechſelnde Verlaͤngerungen und Verkuͤr-
zungen und zwar in ſeiner ganzen Laͤnge, wenn er am einen Ende
ganz feſt eingeſchraubt iſt, oder von der Mitte ausgehend in ſeiner
halben Laͤnge, wenn er in der Mitte gehalten wird. Theilt ſich
der Stab in mehrere Stuͤcke ab, ſo daß ſich mehrere Knoten bilden,
ſo iſt der Ton ein hoͤherer.

Dieſe Laͤngentoͤne ſind bei Koͤrpern von verſchiedener Materie
hoͤchſt verſchieden, wenn auch die Laͤnge der Staͤbe gleich iſt; auf
die Dicke des Stabes, die jedoch nie ſehr groß werden darf, koͤmmt
es nicht an; nimmt man aber ungleich lange, aus einerlei Materie
beſtehende Staͤbe, ſo iſt die Schwingungszahl fuͤr den tiefſten Ton
der Laͤnge umgekehrt proportional.

So wie eine offene Orgelpfeife den Ton giebt, welcher der Zeit
gemaͤß iſt, in welcher ſich der Schall durch ihre ganze Laͤnge fort-
pflanzt, ſo giebt auch der Stab, in der Mitte gehalten, denjenigen
Laͤngenton, welcher der Zeit gemaͤß iſt, die der Schall gebraucht,
um ſich durch die Maſſe des Stabes fortzupflanzen. Hier haben
wir alſo ein Mittel um die Schnelligkeit der Fortpflanzung des
Schalles in feſten Koͤrpern zu beſtimmen, denn da ein Silberſtab
einen Laͤngenton giebt 3 Octaven und einen ganzen Ton hoͤher, als
eine ebenſo lange offene Orgelpfeife, ſo ergiebt ſich daraus, daß der
Schall ſich durch das Silber ungefehr 9 mal ſo ſchnell als durch die
Luft fortpflanzt, weil der Ton, welchen der Silberſtab giebt, 9 Vi-
brationen macht, waͤhrend die Luftſaͤule eine macht. Man kann
daher nach Chladni's Beſtimmung ſagen, daß der Schall ſich im
Silber in 1 Secunde durch 9240 Fuß, im Glaſe in 1 Secunde
durch 17460 Fuß fortpflanzt. Hiernach muß ein Glasſtab von
6 Fuß Laͤnge 2910 Schwingungen in 1 Secunde machen und den
Ton fis  ungefehr angeben, und ein Glasſtab von 2⅛ Fuß Laͤnge wird

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[344/0366] Koͤrper in der Mitte zwiſchen zwei Fingern feſtgehalten wird. In- dem man den Glasſtab ſo haͤlt, noͤthigt man ihn, ſo zu ſchwingen, daß in der Mitte ein Schwingungsknoten ruhend bleibt, und man erhaͤlt hier als tiefſten Ton denjenigen, der um eine Octave hoͤher iſt, als der tiefſte Ton, den eben der Stab geben wuͤrde, wenn man ihn am einen Ende feſt einſpannt und dann mit einem feuch- ten Lappen nahe am andern Ende reibt. Bei dieſen Laͤngenſchwin- gungen erleidet der Stab abwechſelnde Verlaͤngerungen und Verkuͤr- zungen und zwar in ſeiner ganzen Laͤnge, wenn er am einen Ende ganz feſt eingeſchraubt iſt, oder von der Mitte ausgehend in ſeiner halben Laͤnge, wenn er in der Mitte gehalten wird. Theilt ſich der Stab in mehrere Stuͤcke ab, ſo daß ſich mehrere Knoten bilden, ſo iſt der Ton ein hoͤherer. Dieſe Laͤngentoͤne ſind bei Koͤrpern von verſchiedener Materie hoͤchſt verſchieden, wenn auch die Laͤnge der Staͤbe gleich iſt; auf die Dicke des Stabes, die jedoch nie ſehr groß werden darf, koͤmmt es nicht an; nimmt man aber ungleich lange, aus einerlei Materie beſtehende Staͤbe, ſo iſt die Schwingungszahl fuͤr den tiefſten Ton der Laͤnge umgekehrt proportional. So wie eine offene Orgelpfeife den Ton giebt, welcher der Zeit gemaͤß iſt, in welcher ſich der Schall durch ihre ganze Laͤnge fort- pflanzt, ſo giebt auch der Stab, in der Mitte gehalten, denjenigen Laͤngenton, welcher der Zeit gemaͤß iſt, die der Schall gebraucht, um ſich durch die Maſſe des Stabes fortzupflanzen. Hier haben wir alſo ein Mittel um die Schnelligkeit der Fortpflanzung des Schalles in feſten Koͤrpern zu beſtimmen, denn da ein Silberſtab einen Laͤngenton giebt 3 Octaven und einen ganzen Ton hoͤher, als eine ebenſo lange offene Orgelpfeife, ſo ergiebt ſich daraus, daß der Schall ſich durch das Silber ungefehr 9 mal ſo ſchnell als durch die Luft fortpflanzt, weil der Ton, welchen der Silberſtab giebt, 9 Vi- brationen macht, waͤhrend die Luftſaͤule eine macht. Man kann daher nach Chladni's Beſtimmung ſagen, daß der Schall ſich im Silber in 1 Secunde durch 9240 Fuß, im Glaſe in 1 Secunde durch 17460 Fuß fortpflanzt. Hiernach muß ein Glasſtab von 6 Fuß Laͤnge 2910 Schwingungen in 1 Secunde machen und den Ton fis  ungefehr angeben, und ein Glasſtab von 2⅛ Fuß Laͤnge wird

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/366>, abgerufen am 23.11.2024.