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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

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würden wir eine plötzlich verdünnte Luft ihren Druck nicht bloß im
Verhältniß der Dichtigkeit ändern sehen, sondern sie würde, wegen
der bei der Verdünnung entstehenden Kälte, weit geringeren Druck
zeigen. Um dies nur an einer ungefehren Rechnung zu zeigen, will
ich annehmen, bei einer Compression zur zehnfachen Dichtigkeit der
Luft steige die Wärme um 100 R. Grade, so sollte wegen der Ver-
dichtung die Elasticität, die Verstärkung des Druckes, auf das Zehn-
fache steigen; aber eine auf 100 Grad erwärmte Luft hat fast dop-
pelt so große Elasticität, und diese ist daher auf das Zwanzigfache
gewachsen, während die Dichtigkeit nur auf das Zehnfache wächst.
Auf ähnliche Weise sind auch bei den Verdünnungen die Aenderun-
gen der Elasticität stärker, als die Aenderungen der Dichtigkeit,
und das Mariotte'sche Gesetz ist also da, wo die momentanen Wir-
kungen der Verdichtung und Verdünnung zu berücksichtigen sind,
nicht mehr gültig; so daß, obgleich die Veränderungen der Dichtig-
keit bei den Schallvibrationen höchst geringe sind, dennoch, wegen
der stärker als die Dichtigkeit wachsenden Elasticität der Luft, die Ge-
schwindigkeit des Schalles viel größer sein muß, als bei strenger
Anwendbarkeit des Mariotteschen Gesetzes statt fände. Laplace
hat nach Versuchen, die sich hier nicht ganz erklären lassen, die Be-
rechnung dieses Unterschiedes angegeben und die so gefundene Ge-
schwindigkeit des Schalles stimmt wenigstens sehr nahe mit der Er-
fahrung überein. Die bis dahin mangelhafte Theorie hat also hie-
durch eine sehr wichtige Vervollständigung erhalten.

Daß der Schall, indem er sich durch die Luft fortpflanzt,
allmählig schwächer wird, läßt sich, da die Schallstrahlen immer
weiter aus einander gehen, und die Schwingungen, die jedem Theil-
chen mitgetheilt werden, folglich an Stärke verlieren, leicht begreifen.
Um den Schall der menschlichen Stimme in größern Entfernungen
hörbar zu machen, wendet man die Sprachröhre an, deren wesent-

hervorgebracht wird, ist in dem pneumatischen Feuerzeuge so groß, daß
Zündschwamm zum Brennen gebracht und ein Lichtblitz hervorgebracht
wird. Es wird nämlich in einer Röhre von sehr starkem Glase, welche
am einen Ende geschlossen ist, vermittelst eines dicht schließenden Kol-
bens, durch einen plötzlichen Stoß mit der Hand, die Luft schnell und
stark verdichtet, und diese Verdichtung bewirkt die so große Wärme,
deren der Zündschwamm zum Brennen bedarf.

wuͤrden wir eine ploͤtzlich verduͤnnte Luft ihren Druck nicht bloß im
Verhaͤltniß der Dichtigkeit aͤndern ſehen, ſondern ſie wuͤrde, wegen
der bei der Verduͤnnung entſtehenden Kaͤlte, weit geringeren Druck
zeigen. Um dies nur an einer ungefehren Rechnung zu zeigen, will
ich annehmen, bei einer Compreſſion zur zehnfachen Dichtigkeit der
Luft ſteige die Waͤrme um 100 R. Grade, ſo ſollte wegen der Ver-
dichtung die Elaſticitaͤt, die Verſtaͤrkung des Druckes, auf das Zehn-
fache ſteigen; aber eine auf 100 Grad erwaͤrmte Luft hat faſt dop-
pelt ſo große Elaſticitaͤt, und dieſe iſt daher auf das Zwanzigfache
gewachſen, waͤhrend die Dichtigkeit nur auf das Zehnfache waͤchſt.
Auf aͤhnliche Weiſe ſind auch bei den Verduͤnnungen die Aenderun-
gen der Elaſticitaͤt ſtaͤrker, als die Aenderungen der Dichtigkeit,
und das Mariotte'ſche Geſetz iſt alſo da, wo die momentanen Wir-
kungen der Verdichtung und Verduͤnnung zu beruͤckſichtigen ſind,
nicht mehr guͤltig; ſo daß, obgleich die Veraͤnderungen der Dichtig-
keit bei den Schallvibrationen hoͤchſt geringe ſind, dennoch, wegen
der ſtaͤrker als die Dichtigkeit wachſenden Elaſticitaͤt der Luft, die Ge-
ſchwindigkeit des Schalles viel groͤßer ſein muß, als bei ſtrenger
Anwendbarkeit des Mariotteſchen Geſetzes ſtatt faͤnde. Laplace
hat nach Verſuchen, die ſich hier nicht ganz erklaͤren laſſen, die Be-
rechnung dieſes Unterſchiedes angegeben und die ſo gefundene Ge-
ſchwindigkeit des Schalles ſtimmt wenigſtens ſehr nahe mit der Er-
fahrung uͤberein. Die bis dahin mangelhafte Theorie hat alſo hie-
durch eine ſehr wichtige Vervollſtaͤndigung erhalten.

Daß der Schall, indem er ſich durch die Luft fortpflanzt,
allmaͤhlig ſchwaͤcher wird, laͤßt ſich, da die Schallſtrahlen immer
weiter aus einander gehen, und die Schwingungen, die jedem Theil-
chen mitgetheilt werden, folglich an Staͤrke verlieren, leicht begreifen.
Um den Schall der menſchlichen Stimme in groͤßern Entfernungen
hoͤrbar zu machen, wendet man die Sprachroͤhre an, deren weſent-

hervorgebracht wird, iſt in dem pneumatiſchen Feuerzeuge ſo groß, daß
Zuͤndſchwamm zum Brennen gebracht und ein Lichtblitz hervorgebracht
wird. Es wird naͤmlich in einer Roͤhre von ſehr ſtarkem Glaſe, welche
am einen Ende geſchloſſen iſt, vermittelſt eines dicht ſchließenden Kol-
bens, durch einen ploͤtzlichen Stoß mit der Hand, die Luft ſchnell und
ſtark verdichtet, und dieſe Verdichtung bewirkt die ſo große Waͤrme,
deren der Zuͤndſchwamm zum Brennen bedarf.
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[326/0348] wuͤrden wir eine ploͤtzlich verduͤnnte Luft ihren Druck nicht bloß im Verhaͤltniß der Dichtigkeit aͤndern ſehen, ſondern ſie wuͤrde, wegen der bei der Verduͤnnung entſtehenden Kaͤlte, weit geringeren Druck zeigen. Um dies nur an einer ungefehren Rechnung zu zeigen, will ich annehmen, bei einer Compreſſion zur zehnfachen Dichtigkeit der Luft ſteige die Waͤrme um 100 R. Grade, ſo ſollte wegen der Ver- dichtung die Elaſticitaͤt, die Verſtaͤrkung des Druckes, auf das Zehn- fache ſteigen; aber eine auf 100 Grad erwaͤrmte Luft hat faſt dop- pelt ſo große Elaſticitaͤt, und dieſe iſt daher auf das Zwanzigfache gewachſen, waͤhrend die Dichtigkeit nur auf das Zehnfache waͤchſt. Auf aͤhnliche Weiſe ſind auch bei den Verduͤnnungen die Aenderun- gen der Elaſticitaͤt ſtaͤrker, als die Aenderungen der Dichtigkeit, und das Mariotte'ſche Geſetz iſt alſo da, wo die momentanen Wir- kungen der Verdichtung und Verduͤnnung zu beruͤckſichtigen ſind, nicht mehr guͤltig; ſo daß, obgleich die Veraͤnderungen der Dichtig- keit bei den Schallvibrationen hoͤchſt geringe ſind, dennoch, wegen der ſtaͤrker als die Dichtigkeit wachſenden Elaſticitaͤt der Luft, die Ge- ſchwindigkeit des Schalles viel groͤßer ſein muß, als bei ſtrenger Anwendbarkeit des Mariotteſchen Geſetzes ſtatt faͤnde. Laplace hat nach Verſuchen, die ſich hier nicht ganz erklaͤren laſſen, die Be- rechnung dieſes Unterſchiedes angegeben und die ſo gefundene Ge- ſchwindigkeit des Schalles ſtimmt wenigſtens ſehr nahe mit der Er- fahrung uͤberein. Die bis dahin mangelhafte Theorie hat alſo hie- durch eine ſehr wichtige Vervollſtaͤndigung erhalten. Daß der Schall, indem er ſich durch die Luft fortpflanzt, allmaͤhlig ſchwaͤcher wird, laͤßt ſich, da die Schallſtrahlen immer weiter aus einander gehen, und die Schwingungen, die jedem Theil- chen mitgetheilt werden, folglich an Staͤrke verlieren, leicht begreifen. Um den Schall der menſchlichen Stimme in groͤßern Entfernungen hoͤrbar zu machen, wendet man die Sprachroͤhre an, deren weſent- *) *) hervorgebracht wird, iſt in dem pneumatiſchen Feuerzeuge ſo groß, daß Zuͤndſchwamm zum Brennen gebracht und ein Lichtblitz hervorgebracht wird. Es wird naͤmlich in einer Roͤhre von ſehr ſtarkem Glaſe, welche am einen Ende geſchloſſen iſt, vermittelſt eines dicht ſchließenden Kol- bens, durch einen ploͤtzlichen Stoß mit der Hand, die Luft ſchnell und ſtark verdichtet, und dieſe Verdichtung bewirkt die ſo große Waͤrme, deren der Zuͤndſchwamm zum Brennen bedarf.

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/348>, abgerufen am 24.11.2024.