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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

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von einander entfernt, aber in ungleicher Höhe liegen, bleibt
eine Unsicherheit in der Bestimmung übrig, weil wir nicht immer
die Wärme der ganzen Luftsäule genau kennen. Wenn wir die
Wärme am Fuße des Berges 12 Grad und an seinem Gipfel
8 Grad finden, so nehmen wir 10 Grad als die Wärme der
ganzen Luftsäule an; aber etwas genauer angestellte Beobach-
tungen zeigen, daß diese Bestimmung des Mittels oft sehr be-
deutend fehlerhaft ist. In den Mittagsstunden erwärmt bei hei-
terem Wetter der Boden sich so sehr, daß nahe an der Erde eine
große Erhitzung bemerkt wird, die in Höhen von einigen hundert
Fuß von der Erde ganz aufhört; denken wir daran nicht, daß
diese Wärme nur auf den untersten Theil der Luftsäule einge-
schränkt ist, und lassen uns dadurch verleiten, die ganze Luft-
säule als um 1 Grad zu warm anzusehen, so berechnen wir einen
Berg von 2130 Fuß um 10 Fuß zu hoch. Einen noch auffallendern
Irrthum begeht man leicht um die Zeit des Sonnen-Untergangs
nach heißen Tagen oder um die Zeit des Sonnen-Aufgangs nach
heitern, stillen Sommernächten. Wenn am Tage die Erwärmung
des Bodens sehr groß war, und dadurch auch die Luft bis zu 100
oder 200 Fuß Höhe bedeutend durchwärmt ist, so findet man
Abends bei Sonnen-Untergang die Luft in 100 Fuß Höhe lange
nicht so abgekühlt, wie am Boden oder in 3 bis 4 Fuß Höhe.
Beobachtet man nun das Thermometer in 3 oder 4 Fuß Höhe
und in 4000 Fuß Höhe, so wird man das erstere vielleicht auf
10 Grad, die Wärme in der Höhe dagegen, wo es immer kalt
ist, nur 4 Grad finden; aber zwischen beiden Standpuncten kann
es eine Gegend geben, wo es 12 oder 13 Grad warm wäre,
so daß wir statt 7 Grad Mittelwärme, wenigstens 8, vielleicht
9 Gr. hätten annehmen müssen; in solchen Fällen ist die wärmere
Luftsäule länger, als wir sie berechnen, wir finden die Höhe des
Berges zu niedrig, und dieser Unterschied wird oft so erheblich,
daß man die am späten Abend, oder Morgens vor Sonnen-
Aufgang gemachten Beobachtungen, als viel zu geringe Höhen
gebend, ganz unbrauchbar gefunden hat. Diesem Fehler weicht
man am besten aus, wenn man die Beobachtungen in den mitt-
leren Vormittagsstunden, von 8 bis 10 Uhr, oder in den mittlern
Nachmittagsstunden, im Sommer um 4 oder 5 Uhr anstellt,

von einander entfernt, aber in ungleicher Hoͤhe liegen, bleibt
eine Unſicherheit in der Beſtimmung uͤbrig, weil wir nicht immer
die Waͤrme der ganzen Luftſaͤule genau kennen. Wenn wir die
Waͤrme am Fuße des Berges 12 Grad und an ſeinem Gipfel
8 Grad finden, ſo nehmen wir 10 Grad als die Waͤrme der
ganzen Luftſaͤule an; aber etwas genauer angeſtellte Beobach-
tungen zeigen, daß dieſe Beſtimmung des Mittels oft ſehr be-
deutend fehlerhaft iſt. In den Mittagsſtunden erwaͤrmt bei hei-
terem Wetter der Boden ſich ſo ſehr, daß nahe an der Erde eine
große Erhitzung bemerkt wird, die in Hoͤhen von einigen hundert
Fuß von der Erde ganz aufhoͤrt; denken wir daran nicht, daß
dieſe Waͤrme nur auf den unterſten Theil der Luftſaͤule einge-
ſchraͤnkt iſt, und laſſen uns dadurch verleiten, die ganze Luft-
ſaͤule als um 1 Grad zu warm anzuſehen, ſo berechnen wir einen
Berg von 2130 Fuß um 10 Fuß zu hoch. Einen noch auffallendern
Irrthum begeht man leicht um die Zeit des Sonnen-Untergangs
nach heißen Tagen oder um die Zeit des Sonnen-Aufgangs nach
heitern, ſtillen Sommernaͤchten. Wenn am Tage die Erwaͤrmung
des Bodens ſehr groß war, und dadurch auch die Luft bis zu 100
oder 200 Fuß Hoͤhe bedeutend durchwaͤrmt iſt, ſo findet man
Abends bei Sonnen-Untergang die Luft in 100 Fuß Hoͤhe lange
nicht ſo abgekuͤhlt, wie am Boden oder in 3 bis 4 Fuß Hoͤhe.
Beobachtet man nun das Thermometer in 3 oder 4 Fuß Hoͤhe
und in 4000 Fuß Hoͤhe, ſo wird man das erſtere vielleicht auf
10 Grad, die Waͤrme in der Hoͤhe dagegen, wo es immer kalt
iſt, nur 4 Grad finden; aber zwiſchen beiden Standpuncten kann
es eine Gegend geben, wo es 12 oder 13 Grad warm waͤre,
ſo daß wir ſtatt 7 Grad Mittelwaͤrme, wenigſtens 8, vielleicht
9 Gr. haͤtten annehmen muͤſſen; in ſolchen Faͤllen iſt die waͤrmere
Luftſaͤule laͤnger, als wir ſie berechnen, wir finden die Hoͤhe des
Berges zu niedrig, und dieſer Unterſchied wird oft ſo erheblich,
daß man die am ſpaͤten Abend, oder Morgens vor Sonnen-
Aufgang gemachten Beobachtungen, als viel zu geringe Hoͤhen
gebend, ganz unbrauchbar gefunden hat. Dieſem Fehler weicht
man am beſten aus, wenn man die Beobachtungen in den mitt-
leren Vormittagsſtunden, von 8 bis 10 Uhr, oder in den mittlern
Nachmittagsſtunden, im Sommer um 4 oder 5 Uhr anſtellt,

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[218/0240] von einander entfernt, aber in ungleicher Hoͤhe liegen, bleibt eine Unſicherheit in der Beſtimmung uͤbrig, weil wir nicht immer die Waͤrme der ganzen Luftſaͤule genau kennen. Wenn wir die Waͤrme am Fuße des Berges 12 Grad und an ſeinem Gipfel 8 Grad finden, ſo nehmen wir 10 Grad als die Waͤrme der ganzen Luftſaͤule an; aber etwas genauer angeſtellte Beobach- tungen zeigen, daß dieſe Beſtimmung des Mittels oft ſehr be- deutend fehlerhaft iſt. In den Mittagsſtunden erwaͤrmt bei hei- terem Wetter der Boden ſich ſo ſehr, daß nahe an der Erde eine große Erhitzung bemerkt wird, die in Hoͤhen von einigen hundert Fuß von der Erde ganz aufhoͤrt; denken wir daran nicht, daß dieſe Waͤrme nur auf den unterſten Theil der Luftſaͤule einge- ſchraͤnkt iſt, und laſſen uns dadurch verleiten, die ganze Luft- ſaͤule als um 1 Grad zu warm anzuſehen, ſo berechnen wir einen Berg von 2130 Fuß um 10 Fuß zu hoch. Einen noch auffallendern Irrthum begeht man leicht um die Zeit des Sonnen-Untergangs nach heißen Tagen oder um die Zeit des Sonnen-Aufgangs nach heitern, ſtillen Sommernaͤchten. Wenn am Tage die Erwaͤrmung des Bodens ſehr groß war, und dadurch auch die Luft bis zu 100 oder 200 Fuß Hoͤhe bedeutend durchwaͤrmt iſt, ſo findet man Abends bei Sonnen-Untergang die Luft in 100 Fuß Hoͤhe lange nicht ſo abgekuͤhlt, wie am Boden oder in 3 bis 4 Fuß Hoͤhe. Beobachtet man nun das Thermometer in 3 oder 4 Fuß Hoͤhe und in 4000 Fuß Hoͤhe, ſo wird man das erſtere vielleicht auf 10 Grad, die Waͤrme in der Hoͤhe dagegen, wo es immer kalt iſt, nur 4 Grad finden; aber zwiſchen beiden Standpuncten kann es eine Gegend geben, wo es 12 oder 13 Grad warm waͤre, ſo daß wir ſtatt 7 Grad Mittelwaͤrme, wenigſtens 8, vielleicht 9 Gr. haͤtten annehmen muͤſſen; in ſolchen Faͤllen iſt die waͤrmere Luftſaͤule laͤnger, als wir ſie berechnen, wir finden die Hoͤhe des Berges zu niedrig, und dieſer Unterſchied wird oft ſo erheblich, daß man die am ſpaͤten Abend, oder Morgens vor Sonnen- Aufgang gemachten Beobachtungen, als viel zu geringe Hoͤhen gebend, ganz unbrauchbar gefunden hat. Dieſem Fehler weicht man am beſten aus, wenn man die Beobachtungen in den mitt- leren Vormittagsſtunden, von 8 bis 10 Uhr, oder in den mittlern Nachmittagsſtunden, im Sommer um 4 oder 5 Uhr anſtellt,

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/240>, abgerufen am 24.11.2024.