Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

läßt dieser sich mit gehörig angewandter Gewalt ziemlich tief hinein-
drängen; aber sobald der Druck nachläßt, treibt die zusammenge-
preßte Luft ihn zurück. Wenn eine mit Luft ganz gefüllte und fest
zugebundene Blase durch ein aufgelegtes Gewicht zusammengedrückt
wird, so leidet gewiß die darin enthaltene Luft eine Zusammenpres-
sung, eine Verdichtung; aber bei nachlassendem Drucke zeigt sich
auch die Blase wieder ganz gefüllt, indem die Luft ihren vorhin ein-
genommenen Raum wieder ausfüllt. Wenn man ein hohes oben
geschlossenes Glas mit seiner Mündung ins Wasser hinabdrückt, so
zeigt sich uns zwar die darin enthaltene Luft dadurch, daß sie den
Eintritt des Wassers in das Glas hindert, als undurchdringlich;
aber sie zeigt sich uns zugleich als merklicher Zusammendrückung
fähig, indem das Glas, tief hinabgedrückt, einiges Wasser einläßt,
aber wieder ganz leer ist, wenn man es höher heraufzieht, also den
Druck des Wassers auf die im Glase enthaltene Luft vermindert.

Hier sehen wir vorzüglich nur eine Verdichtung der Luft und
ihre Rückkehr zum natürlichen Zustande; aber auch eine Verdün-
nung können wir wahrnehmen. Brächten wir, um dies nur ganz
einfach zu zeigen, in der bei A geschlossenen Röhre (Fig. 115.), die
bis BC mit Wasser gefüllt ist, bei D einen eng schließenden Kolben
an, so zieht sich das Wasser dem Kolben nach, indem man ihn nach
E fortrückt, und die Luft hat offenbar statt des Raumes AB den
ganzen Raum AF eingenommen, wenn man ihr, durch Zurückzie-
hung des Kolbens und Wegschaffung des äußern Druckes, dazu die
Veranlassung giebt. Und dies geschieht nicht etwa, weil die Schwere
der in AC enthaltenen Luft das Wasser herabdrückt, sondern würde
auch nach jeder Richtung statt finden. Die Eigenschaft der Luft,
daß sie sich durch Druck verdichten läßt, ist eines der Hindernisse,
weswegen man die Taucherglocken nicht bis zu sehr großen Tiefen
anwenden kann. Die Taucherglocke nämlich, eine oben dicht ge-
schlossene Glocke, die man so, daß ihr unterer Rand überall zugleich
das Wasser berührt, ins Wasser senkt, gewährt beim Versenken in
das Wasser denen, welche sich in ihr befinden, einen trockenen Auf-
enthalt; man kann sich mit ihr, so daß wenigstens der obere Theil
des Körpers mit Luft umgeben bleibt, bis auf den Boden des Mee-
res begeben; aber da der Mensch nicht gut in stark verdichteter Luft
leben kann, so würde man 64 Fuß unter dem Wasser, wo die Luft

laͤßt dieſer ſich mit gehoͤrig angewandter Gewalt ziemlich tief hinein-
draͤngen; aber ſobald der Druck nachlaͤßt, treibt die zuſammenge-
preßte Luft ihn zuruͤck. Wenn eine mit Luft ganz gefuͤllte und feſt
zugebundene Blaſe durch ein aufgelegtes Gewicht zuſammengedruͤckt
wird, ſo leidet gewiß die darin enthaltene Luft eine Zuſammenpreſ-
ſung, eine Verdichtung; aber bei nachlaſſendem Drucke zeigt ſich
auch die Blaſe wieder ganz gefuͤllt, indem die Luft ihren vorhin ein-
genommenen Raum wieder ausfuͤllt. Wenn man ein hohes oben
geſchloſſenes Glas mit ſeiner Muͤndung ins Waſſer hinabdruͤckt, ſo
zeigt ſich uns zwar die darin enthaltene Luft dadurch, daß ſie den
Eintritt des Waſſers in das Glas hindert, als undurchdringlich;
aber ſie zeigt ſich uns zugleich als merklicher Zuſammendruͤckung
faͤhig, indem das Glas, tief hinabgedruͤckt, einiges Waſſer einlaͤßt,
aber wieder ganz leer iſt, wenn man es hoͤher heraufzieht, alſo den
Druck des Waſſers auf die im Glaſe enthaltene Luft vermindert.

Hier ſehen wir vorzuͤglich nur eine Verdichtung der Luft und
ihre Ruͤckkehr zum natuͤrlichen Zuſtande; aber auch eine Verduͤn-
nung koͤnnen wir wahrnehmen. Braͤchten wir, um dies nur ganz
einfach zu zeigen, in der bei A geſchloſſenen Roͤhre (Fig. 115.), die
bis BC mit Waſſer gefuͤllt iſt, bei D einen eng ſchließenden Kolben
an, ſo zieht ſich das Waſſer dem Kolben nach, indem man ihn nach
E fortruͤckt, und die Luft hat offenbar ſtatt des Raumes AB den
ganzen Raum AF eingenommen, wenn man ihr, durch Zuruͤckzie-
hung des Kolbens und Wegſchaffung des aͤußern Druckes, dazu die
Veranlaſſung giebt. Und dies geſchieht nicht etwa, weil die Schwere
der in AC enthaltenen Luft das Waſſer herabdruͤckt, ſondern wuͤrde
auch nach jeder Richtung ſtatt finden. Die Eigenſchaft der Luft,
daß ſie ſich durch Druck verdichten laͤßt, iſt eines der Hinderniſſe,
weswegen man die Taucherglocken nicht bis zu ſehr großen Tiefen
anwenden kann. Die Taucherglocke naͤmlich, eine oben dicht ge-
ſchloſſene Glocke, die man ſo, daß ihr unterer Rand uͤberall zugleich
das Waſſer beruͤhrt, ins Waſſer ſenkt, gewaͤhrt beim Verſenken in
das Waſſer denen, welche ſich in ihr befinden, einen trockenen Auf-
enthalt; man kann ſich mit ihr, ſo daß wenigſtens der obere Theil
des Koͤrpers mit Luft umgeben bleibt, bis auf den Boden des Mee-
res begeben; aber da der Menſch nicht gut in ſtark verdichteter Luft
leben kann, ſo wuͤrde man 64 Fuß unter dem Waſſer, wo die Luft

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0225" n="203"/>
la&#x0364;ßt die&#x017F;er &#x017F;ich mit geho&#x0364;rig angewandter Gewalt ziemlich tief hinein-<lb/>
dra&#x0364;ngen; aber &#x017F;obald der Druck nachla&#x0364;ßt, treibt die zu&#x017F;ammenge-<lb/>
preßte Luft ihn zuru&#x0364;ck. Wenn eine mit Luft ganz gefu&#x0364;llte und fe&#x017F;t<lb/>
zugebundene Bla&#x017F;e durch ein aufgelegtes Gewicht zu&#x017F;ammengedru&#x0364;ckt<lb/>
wird, &#x017F;o leidet gewiß die darin enthaltene Luft eine Zu&#x017F;ammenpre&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ung, eine Verdichtung; aber bei nachla&#x017F;&#x017F;endem Drucke zeigt &#x017F;ich<lb/>
auch die Bla&#x017F;e wieder ganz gefu&#x0364;llt, indem die Luft ihren vorhin ein-<lb/>
genommenen Raum wieder ausfu&#x0364;llt. Wenn man ein hohes oben<lb/>
ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enes Glas mit &#x017F;einer Mu&#x0364;ndung ins Wa&#x017F;&#x017F;er hinabdru&#x0364;ckt, &#x017F;o<lb/>
zeigt &#x017F;ich uns zwar die darin enthaltene Luft dadurch, daß &#x017F;ie den<lb/>
Eintritt des Wa&#x017F;&#x017F;ers in das Glas hindert, als undurchdringlich;<lb/>
aber &#x017F;ie zeigt &#x017F;ich uns zugleich als merklicher Zu&#x017F;ammendru&#x0364;ckung<lb/>
fa&#x0364;hig, indem das Glas, tief hinabgedru&#x0364;ckt, einiges Wa&#x017F;&#x017F;er einla&#x0364;ßt,<lb/>
aber wieder ganz leer i&#x017F;t, wenn man es ho&#x0364;her heraufzieht, al&#x017F;o den<lb/>
Druck des Wa&#x017F;&#x017F;ers auf die im Gla&#x017F;e enthaltene Luft vermindert.</p><lb/>
          <p>Hier &#x017F;ehen wir vorzu&#x0364;glich nur eine Verdichtung der Luft und<lb/>
ihre Ru&#x0364;ckkehr zum natu&#x0364;rlichen Zu&#x017F;tande; aber auch eine Verdu&#x0364;n-<lb/>
nung ko&#x0364;nnen wir wahrnehmen. Bra&#x0364;chten wir, um dies nur ganz<lb/>
einfach zu zeigen, in der bei <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">A</hi></hi> ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Ro&#x0364;hre (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Fig. 115.</hi></hi>), die<lb/>
bis <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">BC</hi></hi> mit Wa&#x017F;&#x017F;er gefu&#x0364;llt i&#x017F;t, bei <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">D</hi></hi> einen eng &#x017F;chließenden Kolben<lb/>
an, &#x017F;o zieht &#x017F;ich das Wa&#x017F;&#x017F;er dem Kolben nach, indem man ihn nach<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">E</hi></hi> fortru&#x0364;ckt, und die Luft hat offenbar &#x017F;tatt des Raumes <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AB</hi></hi> den<lb/>
ganzen Raum <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AF</hi></hi> eingenommen, wenn man ihr, durch Zuru&#x0364;ckzie-<lb/>
hung des Kolbens und Weg&#x017F;chaffung des a&#x0364;ußern Druckes, dazu die<lb/>
Veranla&#x017F;&#x017F;ung giebt. Und dies ge&#x017F;chieht nicht etwa, weil die Schwere<lb/>
der in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AC</hi></hi> enthaltenen Luft das Wa&#x017F;&#x017F;er herabdru&#x0364;ckt, &#x017F;ondern wu&#x0364;rde<lb/>
auch nach jeder Richtung &#x017F;tatt finden. Die Eigen&#x017F;chaft der Luft,<lb/>
daß &#x017F;ie &#x017F;ich durch Druck verdichten la&#x0364;ßt, i&#x017F;t eines der Hinderni&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
weswegen man die Taucherglocken nicht bis zu &#x017F;ehr großen Tiefen<lb/>
anwenden kann. Die Taucherglocke na&#x0364;mlich, eine oben dicht ge-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ene Glocke, die man &#x017F;o, daß ihr unterer Rand u&#x0364;berall zugleich<lb/>
das Wa&#x017F;&#x017F;er beru&#x0364;hrt, ins Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;enkt, gewa&#x0364;hrt beim Ver&#x017F;enken in<lb/>
das Wa&#x017F;&#x017F;er denen, welche &#x017F;ich in ihr befinden, einen trockenen Auf-<lb/>
enthalt; man kann &#x017F;ich mit ihr, &#x017F;o daß wenig&#x017F;tens der obere Theil<lb/>
des Ko&#x0364;rpers mit Luft umgeben bleibt, bis auf den Boden des Mee-<lb/>
res begeben; aber da der Men&#x017F;ch nicht gut in &#x017F;tark verdichteter Luft<lb/>
leben kann, &#x017F;o wu&#x0364;rde man 64 Fuß unter dem Wa&#x017F;&#x017F;er, wo die Luft<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[203/0225] laͤßt dieſer ſich mit gehoͤrig angewandter Gewalt ziemlich tief hinein- draͤngen; aber ſobald der Druck nachlaͤßt, treibt die zuſammenge- preßte Luft ihn zuruͤck. Wenn eine mit Luft ganz gefuͤllte und feſt zugebundene Blaſe durch ein aufgelegtes Gewicht zuſammengedruͤckt wird, ſo leidet gewiß die darin enthaltene Luft eine Zuſammenpreſ- ſung, eine Verdichtung; aber bei nachlaſſendem Drucke zeigt ſich auch die Blaſe wieder ganz gefuͤllt, indem die Luft ihren vorhin ein- genommenen Raum wieder ausfuͤllt. Wenn man ein hohes oben geſchloſſenes Glas mit ſeiner Muͤndung ins Waſſer hinabdruͤckt, ſo zeigt ſich uns zwar die darin enthaltene Luft dadurch, daß ſie den Eintritt des Waſſers in das Glas hindert, als undurchdringlich; aber ſie zeigt ſich uns zugleich als merklicher Zuſammendruͤckung faͤhig, indem das Glas, tief hinabgedruͤckt, einiges Waſſer einlaͤßt, aber wieder ganz leer iſt, wenn man es hoͤher heraufzieht, alſo den Druck des Waſſers auf die im Glaſe enthaltene Luft vermindert. Hier ſehen wir vorzuͤglich nur eine Verdichtung der Luft und ihre Ruͤckkehr zum natuͤrlichen Zuſtande; aber auch eine Verduͤn- nung koͤnnen wir wahrnehmen. Braͤchten wir, um dies nur ganz einfach zu zeigen, in der bei A geſchloſſenen Roͤhre (Fig. 115.), die bis BC mit Waſſer gefuͤllt iſt, bei D einen eng ſchließenden Kolben an, ſo zieht ſich das Waſſer dem Kolben nach, indem man ihn nach E fortruͤckt, und die Luft hat offenbar ſtatt des Raumes AB den ganzen Raum AF eingenommen, wenn man ihr, durch Zuruͤckzie- hung des Kolbens und Wegſchaffung des aͤußern Druckes, dazu die Veranlaſſung giebt. Und dies geſchieht nicht etwa, weil die Schwere der in AC enthaltenen Luft das Waſſer herabdruͤckt, ſondern wuͤrde auch nach jeder Richtung ſtatt finden. Die Eigenſchaft der Luft, daß ſie ſich durch Druck verdichten laͤßt, iſt eines der Hinderniſſe, weswegen man die Taucherglocken nicht bis zu ſehr großen Tiefen anwenden kann. Die Taucherglocke naͤmlich, eine oben dicht ge- ſchloſſene Glocke, die man ſo, daß ihr unterer Rand uͤberall zugleich das Waſſer beruͤhrt, ins Waſſer ſenkt, gewaͤhrt beim Verſenken in das Waſſer denen, welche ſich in ihr befinden, einen trockenen Auf- enthalt; man kann ſich mit ihr, ſo daß wenigſtens der obere Theil des Koͤrpers mit Luft umgeben bleibt, bis auf den Boden des Mee- res begeben; aber da der Menſch nicht gut in ſtark verdichteter Luft leben kann, ſo wuͤrde man 64 Fuß unter dem Waſſer, wo die Luft

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/225
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/225>, abgerufen am 18.12.2024.