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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

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daß man ihn herabschrauben kann. Man schraube ihn so herab,
daß er ohne das Gefäß AB irgend zu berühren sich in das Wasser
eintaucht, und dieses also zu einer größern Höhe über dem Boden
des Gefäßes ansteigen macht, so reicht nun das in der andern Schale
liegende Gewicht nicht mehr zum Gleichgewichte aus, sondern man
muß jetzt so viel Gewicht auflegen, als der ganze Wassercylinder bis
zu der Höhe, wo sich die Oberfläche des Wassers befindet, wiegen
würde. Ist also der solide Cylinder von nicht viel geringerm Durch-
messer, als die innere Höhlung des Gefäßes, so kann man eine ge-
ringe Quantität Wasser bis zu einer großen Höhe in diesem schma-
len ringförmigen Raume hinauftreiben, und den Druck auf die
Waageschalen sehr vermehren. Daß es hier nicht das Gewicht des
Cylinders CD ist, welches auf die Waageschale drückt, davon kann
man sich wohl leicht überzeugen, da dieses durch den Fuß E voll-
kommen unterstützt wird; es ist also bloß der Druck auf den Boden
des Gefäßes, dem zwar ein Gegendruck auf den untern Boden des
soliden Cylinders entgegensteht, welcher letztere aber auf die Waage-
schale keine Wirkung äußert.

Anwendungen bei Wasserbauen und bei Maschinen.

Der mächtige Druck, welchen eine hohe Wassersäule selbst da
ausübt, wo sie nur seitwärts her einen Zugang findet, ist den Was-
serbaumeistern sehr wohl bekannt, und nöthiget sie, die äußerste
Sorgfalt anzuwenden, daß kein solcher Druck statt finden könne.
Wenn eine Schleuse entweder das höher stehende Wasser eines
Stromes oder des Meeres zurückhalten soll, oder wenn sie zum
Durchlassen von Schiffen in einem Canale bestimmt ist, so muß sie
sehr oft an der einen Seite den Druck eines hoch stehenden Wassers
ertragen, während an der andern nur eine niedrige Wassersäule
drückt; hätte sich nun hier unter dem Schleusenboden AB (Fig. 87.)
ein Zugang für das Wasser von C her gefunden, so würde ein
20 Fuß langer Balken AB, wenn das Wasser in C 10 Fuß höher
als in DE steht, mit dem Gewichte von 200 Cubicfuß Wasser, das
ist mit 14000 Pfunden gedrückt, und eine 20 Fuß breite Schleuse
würde auf den sämmtlichen zwanzig Balken ihres Bodens einen
Druck von 280000 Pfunden auszuhalten haben, der gewiß sehr
wohl den Schleusenboden hinaufwärts drängen könnte. Man ver-

K 2

daß man ihn herabſchrauben kann. Man ſchraube ihn ſo herab,
daß er ohne das Gefaͤß AB irgend zu beruͤhren ſich in das Waſſer
eintaucht, und dieſes alſo zu einer groͤßern Hoͤhe uͤber dem Boden
des Gefaͤßes anſteigen macht, ſo reicht nun das in der andern Schale
liegende Gewicht nicht mehr zum Gleichgewichte aus, ſondern man
muß jetzt ſo viel Gewicht auflegen, als der ganze Waſſercylinder bis
zu der Hoͤhe, wo ſich die Oberflaͤche des Waſſers befindet, wiegen
wuͤrde. Iſt alſo der ſolide Cylinder von nicht viel geringerm Durch-
meſſer, als die innere Hoͤhlung des Gefaͤßes, ſo kann man eine ge-
ringe Quantitaͤt Waſſer bis zu einer großen Hoͤhe in dieſem ſchma-
len ringfoͤrmigen Raume hinauftreiben, und den Druck auf die
Waageſchalen ſehr vermehren. Daß es hier nicht das Gewicht des
Cylinders CD iſt, welches auf die Waageſchale druͤckt, davon kann
man ſich wohl leicht uͤberzeugen, da dieſes durch den Fuß E voll-
kommen unterſtuͤtzt wird; es iſt alſo bloß der Druck auf den Boden
des Gefaͤßes, dem zwar ein Gegendruck auf den untern Boden des
ſoliden Cylinders entgegenſteht, welcher letztere aber auf die Waage-
ſchale keine Wirkung aͤußert.

Anwendungen bei Waſſerbauen und bei Maſchinen.

Der maͤchtige Druck, welchen eine hohe Waſſerſaͤule ſelbſt da
ausuͤbt, wo ſie nur ſeitwaͤrts her einen Zugang findet, iſt den Waſ-
ſerbaumeiſtern ſehr wohl bekannt, und noͤthiget ſie, die aͤußerſte
Sorgfalt anzuwenden, daß kein ſolcher Druck ſtatt finden koͤnne.
Wenn eine Schleuſe entweder das hoͤher ſtehende Waſſer eines
Stromes oder des Meeres zuruͤckhalten ſoll, oder wenn ſie zum
Durchlaſſen von Schiffen in einem Canale beſtimmt iſt, ſo muß ſie
ſehr oft an der einen Seite den Druck eines hoch ſtehenden Waſſers
ertragen, waͤhrend an der andern nur eine niedrige Waſſerſaͤule
druͤckt; haͤtte ſich nun hier unter dem Schleuſenboden AB (Fig. 87.)
ein Zugang fuͤr das Waſſer von C her gefunden, ſo wuͤrde ein
20 Fuß langer Balken AB, wenn das Waſſer in C 10 Fuß hoͤher
als in DE ſteht, mit dem Gewichte von 200 Cubicfuß Waſſer, das
iſt mit 14000 Pfunden gedruͤckt, und eine 20 Fuß breite Schleuſe
wuͤrde auf den ſaͤmmtlichen zwanzig Balken ihres Bodens einen
Druck von 280000 Pfunden auszuhalten haben, der gewiß ſehr
wohl den Schleuſenboden hinaufwaͤrts draͤngen koͤnnte. Man ver-

K 2
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[147/0169] daß man ihn herabſchrauben kann. Man ſchraube ihn ſo herab, daß er ohne das Gefaͤß AB irgend zu beruͤhren ſich in das Waſſer eintaucht, und dieſes alſo zu einer groͤßern Hoͤhe uͤber dem Boden des Gefaͤßes anſteigen macht, ſo reicht nun das in der andern Schale liegende Gewicht nicht mehr zum Gleichgewichte aus, ſondern man muß jetzt ſo viel Gewicht auflegen, als der ganze Waſſercylinder bis zu der Hoͤhe, wo ſich die Oberflaͤche des Waſſers befindet, wiegen wuͤrde. Iſt alſo der ſolide Cylinder von nicht viel geringerm Durch- meſſer, als die innere Hoͤhlung des Gefaͤßes, ſo kann man eine ge- ringe Quantitaͤt Waſſer bis zu einer großen Hoͤhe in dieſem ſchma- len ringfoͤrmigen Raume hinauftreiben, und den Druck auf die Waageſchalen ſehr vermehren. Daß es hier nicht das Gewicht des Cylinders CD iſt, welches auf die Waageſchale druͤckt, davon kann man ſich wohl leicht uͤberzeugen, da dieſes durch den Fuß E voll- kommen unterſtuͤtzt wird; es iſt alſo bloß der Druck auf den Boden des Gefaͤßes, dem zwar ein Gegendruck auf den untern Boden des ſoliden Cylinders entgegenſteht, welcher letztere aber auf die Waage- ſchale keine Wirkung aͤußert. Anwendungen bei Waſſerbauen und bei Maſchinen. Der maͤchtige Druck, welchen eine hohe Waſſerſaͤule ſelbſt da ausuͤbt, wo ſie nur ſeitwaͤrts her einen Zugang findet, iſt den Waſ- ſerbaumeiſtern ſehr wohl bekannt, und noͤthiget ſie, die aͤußerſte Sorgfalt anzuwenden, daß kein ſolcher Druck ſtatt finden koͤnne. Wenn eine Schleuſe entweder das hoͤher ſtehende Waſſer eines Stromes oder des Meeres zuruͤckhalten ſoll, oder wenn ſie zum Durchlaſſen von Schiffen in einem Canale beſtimmt iſt, ſo muß ſie ſehr oft an der einen Seite den Druck eines hoch ſtehenden Waſſers ertragen, waͤhrend an der andern nur eine niedrige Waſſerſaͤule druͤckt; haͤtte ſich nun hier unter dem Schleuſenboden AB (Fig. 87.) ein Zugang fuͤr das Waſſer von C her gefunden, ſo wuͤrde ein 20 Fuß langer Balken AB, wenn das Waſſer in C 10 Fuß hoͤher als in DE ſteht, mit dem Gewichte von 200 Cubicfuß Waſſer, das iſt mit 14000 Pfunden gedruͤckt, und eine 20 Fuß breite Schleuſe wuͤrde auf den ſaͤmmtlichen zwanzig Balken ihres Bodens einen Druck von 280000 Pfunden auszuhalten haben, der gewiß ſehr wohl den Schleuſenboden hinaufwaͤrts draͤngen koͤnnte. Man ver- K 2

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/169>, abgerufen am 24.11.2024.