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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

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dert. Doch diese Betrachtung verdient etwas sorgfältiger angestellt
zu werden.

Es sei ADC (Fig. 52.) der Kreis, auf
welchem der Körper
A herumgeführt wird, und es sei die Geschwindigkeit so groß, daß
A in 1/8 Sec. bis B gelangen und dabei um BC = Fuß vom
Kreise entfernt werden würde, wenn der Faden dieses nicht ver-
hinderte. Da die frei wirkende Schwerkraft einen Körper in 1
Sec. durch 15 Fuß, in 1/8 Sec. durch Fuß forttreibt, so ist
die Wirkung, welche die Schwungkraft hier auszuüben strebt,
genau so groß, als die Wirkung, welche die Schwere auszuüben
strebt, wenn das Gewicht am Faden hängend in Ruhe erhalten
wird. Der Faden also, welcher stark genug ist, das frei herab-
hängende Gewicht A zu tragen, wird auch stark genug sein, um
bei horizontalem Schwunge, unter den vorausgesetzten Umständen
der Schwungkraft zu widerstehen. Könnten wir uns an einen
Ort hin begeben, wo die Schwerkraft nur ein Viertel so stark,
als bei uns, wirkte, so würden wir dieses daran erkennen, daß
dort die Körper nur durch Fuß in der ersten Secunde fielen,
und ebenso wird die Schwungkraft nur 1/4 so mächtig als die
Schwerkraft wirken, wenn die Entfernung BC, die ein im Kreise
bewegter Körper in 1/8 Sec. erlangen würde, wenn kein Faden
ihn hielte, nur ein Viertel der vorhin angegebenen Größe wäre.
Aber damit ED nur ein Viertel der BC sei, muß AE = 1/2 AB
sein, und folglich wenn zwei Körper sich auf demselben Kreise von
Fäden AC festgehalten bewegen, der eine aber ist halb so schnell
als der andere, so ist bei jenem die Schwungkraft nur ein Viertel
so groß, als bei diesem, und allgemein wenn eben der Körper auf
demselben Kreise, oder immer an demselben Faden gehalten, sich
herumbewegt, verhält sich die Schwungkraft, wie das Quadrat
der Geschwindigkeit. Ein Gewicht von einem Pfunde so ge-
schwungen, daß der in Sec. erreichte Abstand zwischen Kreis
und Tangente Fuß beträgt, fordert einen Faden, der ein
Pfund tragen kann, aber doppelt so schnell bewegt fordert es einen
Faden der 4 Pfunde tragen kann, weil diese doppelt so schnelle
Bewegung es schon in Sec. um Fuß von der Tangente
entfernt, statt daß die Schwerkraft den Körper in eben der Zeit

dert. Doch dieſe Betrachtung verdient etwas ſorgfaͤltiger angeſtellt
zu werden.

Es ſei ADC (Fig. 52.) der Kreis, auf
welchem der Koͤrper
A herumgefuͤhrt wird, und es ſei die Geſchwindigkeit ſo groß, daß
A in ⅛ Sec. bis B gelangen und dabei um BC = Fuß vom
Kreiſe entfernt werden wuͤrde, wenn der Faden dieſes nicht ver-
hinderte. Da die frei wirkende Schwerkraft einen Koͤrper in 1
Sec. durch 15 Fuß, in ⅛ Sec. durch Fuß forttreibt, ſo iſt
die Wirkung, welche die Schwungkraft hier auszuuͤben ſtrebt,
genau ſo groß, als die Wirkung, welche die Schwere auszuuͤben
ſtrebt, wenn das Gewicht am Faden haͤngend in Ruhe erhalten
wird. Der Faden alſo, welcher ſtark genug iſt, das frei herab-
haͤngende Gewicht A zu tragen, wird auch ſtark genug ſein, um
bei horizontalem Schwunge, unter den vorausgeſetzten Umſtaͤnden
der Schwungkraft zu widerſtehen. Koͤnnten wir uns an einen
Ort hin begeben, wo die Schwerkraft nur ein Viertel ſo ſtark,
als bei uns, wirkte, ſo wuͤrden wir dieſes daran erkennen, daß
dort die Koͤrper nur durch Fuß in der erſten Secunde fielen,
und ebenſo wird die Schwungkraft nur ¼ ſo maͤchtig als die
Schwerkraft wirken, wenn die Entfernung BC, die ein im Kreiſe
bewegter Koͤrper in ⅛ Sec. erlangen wuͤrde, wenn kein Faden
ihn hielte, nur ein Viertel der vorhin angegebenen Groͤße waͤre.
Aber damit ED nur ein Viertel der BC ſei, muß AE = ½ AB
ſein, und folglich wenn zwei Koͤrper ſich auf demſelben Kreiſe von
Faͤden AC feſtgehalten bewegen, der eine aber iſt halb ſo ſchnell
als der andere, ſo iſt bei jenem die Schwungkraft nur ein Viertel
ſo groß, als bei dieſem, und allgemein wenn eben der Koͤrper auf
demſelben Kreiſe, oder immer an demſelben Faden gehalten, ſich
herumbewegt, verhaͤlt ſich die Schwungkraft, wie das Quadrat
der Geſchwindigkeit. Ein Gewicht von einem Pfunde ſo ge-
ſchwungen, daß der in Sec. erreichte Abſtand zwiſchen Kreis
und Tangente Fuß betraͤgt, fordert einen Faden, der ein
Pfund tragen kann, aber doppelt ſo ſchnell bewegt fordert es einen
Faden der 4 Pfunde tragen kann, weil dieſe doppelt ſo ſchnelle
Bewegung es ſchon in Sec. um Fuß von der Tangente
entfernt, ſtatt daß die Schwerkraft den Koͤrper in eben der Zeit

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[90/0112] dert. Doch dieſe Betrachtung verdient etwas ſorgfaͤltiger angeſtellt zu werden. Es ſei ADC (Fig. 52.) der Kreis, auf welchem der Koͤrper A herumgefuͤhrt wird, und es ſei die Geſchwindigkeit ſo groß, daß A in ⅛ Sec. bis B gelangen und dabei um BC = [FORMEL] Fuß vom Kreiſe entfernt werden wuͤrde, wenn der Faden dieſes nicht ver- hinderte. Da die frei wirkende Schwerkraft einen Koͤrper in 1 Sec. durch 15 Fuß, in ⅛ Sec. durch [FORMEL] Fuß forttreibt, ſo iſt die Wirkung, welche die Schwungkraft hier auszuuͤben ſtrebt, genau ſo groß, als die Wirkung, welche die Schwere auszuuͤben ſtrebt, wenn das Gewicht am Faden haͤngend in Ruhe erhalten wird. Der Faden alſo, welcher ſtark genug iſt, das frei herab- haͤngende Gewicht A zu tragen, wird auch ſtark genug ſein, um bei horizontalem Schwunge, unter den vorausgeſetzten Umſtaͤnden der Schwungkraft zu widerſtehen. Koͤnnten wir uns an einen Ort hin begeben, wo die Schwerkraft nur ein Viertel ſo ſtark, als bei uns, wirkte, ſo wuͤrden wir dieſes daran erkennen, daß dort die Koͤrper nur durch [FORMEL] Fuß in der erſten Secunde fielen, und ebenſo wird die Schwungkraft nur ¼ ſo maͤchtig als die Schwerkraft wirken, wenn die Entfernung BC, die ein im Kreiſe bewegter Koͤrper in ⅛ Sec. erlangen wuͤrde, wenn kein Faden ihn hielte, nur ein Viertel der vorhin angegebenen Groͤße waͤre. Aber damit ED nur ein Viertel der BC ſei, muß AE = ½ AB ſein, und folglich wenn zwei Koͤrper ſich auf demſelben Kreiſe von Faͤden AC feſtgehalten bewegen, der eine aber iſt halb ſo ſchnell als der andere, ſo iſt bei jenem die Schwungkraft nur ein Viertel ſo groß, als bei dieſem, und allgemein wenn eben der Koͤrper auf demſelben Kreiſe, oder immer an demſelben Faden gehalten, ſich herumbewegt, verhaͤlt ſich die Schwungkraft, wie das Quadrat der Geſchwindigkeit. Ein Gewicht von einem Pfunde ſo ge- ſchwungen, daß der in [FORMEL] Sec. erreichte Abſtand zwiſchen Kreis und Tangente [FORMEL] Fuß betraͤgt, fordert einen Faden, der ein Pfund tragen kann, aber doppelt ſo ſchnell bewegt fordert es einen Faden der 4 Pfunde tragen kann, weil dieſe doppelt ſo ſchnelle Bewegung es ſchon in [FORMEL] Sec. um [FORMEL] Fuß von der Tangente entfernt, ſtatt daß die Schwerkraft den Koͤrper in eben der Zeit

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/112>, abgerufen am 23.11.2024.