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Bräuner, Johann Jacob: Pest-Büchlein. Frankfurt (Main), 1714.

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Das XVIII. Capitel.
auffgerührte böse Feuchtigkeiten nicht erst
thun/ dieweil ohne dem alle starcke Purgan-
tia
das Hertz offendiren. So auch sind un-
sere Naturen durch unordentliches Leben also
geschwächet/ daß auch diejenige Artzneyen/
welcher sich Hippocrates, Galenus, Aetius,
Avenzoar
zu ihrer Zeit bedienet/ uns viel zu
streng und gifftig seyn würden. So sehen
wir ja auch/ wenn bey etlichen Pest-Patien-
ten die gifftige Humores ohne das in dem
Haupt und andern Gliedern in einer solchen
Bewegung seyn/ daß sich einige selbst ums
Leben bringen. Was solte also nicht gesche-
hen können/ wenn starcke Purgantia gebrau-
chet würden. Ist also besser/ daß man durch
gelinde Mittel etwas von bösen Feuchtigkei-
ten noch im Leib lasse/ als daß man durch
starcke zwar alles Böse ausführe/ aber die
Natur und Kräffte also ruinire/ daß sie sich
nicht wiederum erhohlen können. So hat
man ja auch nicht nöthig dasjenige durch
starcke Mittel zu verrichten/ was man mit den
gelinden ausrichten kan.

Ratio von
starcken
Purgier-
Mitteln.

Ungeachtet diesem allen aber/ so sind doch
etliche/ welchen die starck-purgirende Artz-
neyen mehr als die gelinden gefallen wollen/
mit Vorwenden: weil der gifftige humor,
so bald immer möglich/ auszutreiben wäre/
welcher sich von einem linden und geringen
Mittel wegen seiner strengen bösen Qualität
nicht werde zwingen lassen: Auch weil die

Pest

Das XVIII. Capitel.
auffgeruͤhrte boͤſe Feuchtigkeiten nicht erſt
thun/ dieweil ohne dem alle ſtarcke Purgan-
tia
das Hertz offendiren. So auch ſind un-
ſere Naturen durch unordentliches Leben alſo
geſchwaͤchet/ daß auch diejenige Artzneyen/
welcher ſich Hippocrates, Galenus, Aëtius,
Avenzoar
zu ihrer Zeit bedienet/ uns viel zu
ſtreng und gifftig ſeyn wuͤrden. So ſehen
wir ja auch/ wenn bey etlichen Peſt-Patien-
ten die gifftige Humores ohne das in dem
Haupt und andern Gliedern in einer ſolchen
Bewegung ſeyn/ daß ſich einige ſelbſt ums
Leben bringen. Was ſolte alſo nicht geſche-
hen koͤnnen/ wenn ſtarcke Purgantia gebrau-
chet wuͤrden. Iſt alſo beſſer/ daß man durch
gelinde Mittel etwas von boͤſen Feuchtigkei-
ten noch im Leib laſſe/ als daß man durch
ſtarcke zwar alles Boͤſe ausfuͤhre/ aber die
Natur und Kraͤffte alſo ruinire/ daß ſie ſich
nicht wiederum erhohlen koͤnnen. So hat
man ja auch nicht noͤthig dasjenige durch
ſtarcke Mittel zu verrichten/ was man mit den
gelinden ausrichten kan.

Ratio von
ſtarcken
Purgier-
Mitteln.

Ungeachtet dieſem allen aber/ ſo ſind doch
etliche/ welchen die ſtarck-purgirende Artz-
neyen mehr als die gelinden gefallen wollen/
mit Vorwenden: weil der gifftige humor,
ſo bald immer moͤglich/ auszutreiben waͤre/
welcher ſich von einem linden und geringen
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nicht werde zwingen laſſen: Auch weil die

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[246/0268] Das XVIII. Capitel. auffgeruͤhrte boͤſe Feuchtigkeiten nicht erſt thun/ dieweil ohne dem alle ſtarcke Purgan- tia das Hertz offendiren. So auch ſind un- ſere Naturen durch unordentliches Leben alſo geſchwaͤchet/ daß auch diejenige Artzneyen/ welcher ſich Hippocrates, Galenus, Aëtius, Avenzoar zu ihrer Zeit bedienet/ uns viel zu ſtreng und gifftig ſeyn wuͤrden. So ſehen wir ja auch/ wenn bey etlichen Peſt-Patien- ten die gifftige Humores ohne das in dem Haupt und andern Gliedern in einer ſolchen Bewegung ſeyn/ daß ſich einige ſelbſt ums Leben bringen. Was ſolte alſo nicht geſche- hen koͤnnen/ wenn ſtarcke Purgantia gebrau- chet wuͤrden. Iſt alſo beſſer/ daß man durch gelinde Mittel etwas von boͤſen Feuchtigkei- ten noch im Leib laſſe/ als daß man durch ſtarcke zwar alles Boͤſe ausfuͤhre/ aber die Natur und Kraͤffte alſo ruinire/ daß ſie ſich nicht wiederum erhohlen koͤnnen. So hat man ja auch nicht noͤthig dasjenige durch ſtarcke Mittel zu verrichten/ was man mit den gelinden ausrichten kan. Ungeachtet dieſem allen aber/ ſo ſind doch etliche/ welchen die ſtarck-purgirende Artz- neyen mehr als die gelinden gefallen wollen/ mit Vorwenden: weil der gifftige humor, ſo bald immer moͤglich/ auszutreiben waͤre/ welcher ſich von einem linden und geringen Mittel wegen ſeiner ſtrengen boͤſen Qualitaͤt nicht werde zwingen laſſen: Auch weil die Peſt

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Zitationshilfe: Bräuner, Johann Jacob: Pest-Büchlein. Frankfurt (Main), 1714, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeuner_pest_1714/268>, abgerufen am 25.11.2024.