Bräuner, Johann Jacob: Pest-Büchlein. Frankfurt (Main), 1714.Das XI. Capitel. res Pestilentiarii oder Pestilentz-Pfarrherrenvon der Obrigkeit auffgenommen/ welche in zwey Classes abgetheil[e]t werden/ davon etli- che nur zu denen Inficirten/ die in der Stadt in Häusern liegen/ die andern aber zu den je- nigen/ so in die Spitäler/ Lazareth oder Pest- häuser gebracht worden/ bestellet werden. Von den letztern aber zu reden/ ist die Fra- ge: Ob es genug sey/ daß ein bestellter Pe- stilentz-Pfarrherr nur allein in das Lazareth komme/ wenn er geruffen wird/ oder ob sol- cher mehrmal und zwar täglich die Krancken besuchen soll? Allhier hat es wol das An- sehen/ als ob es genug wäre/ wenn er nur al- lein zum Krancken gienge/ wenn er geruffen würde/ um also der Gefahr desto besser zu entgehen/ und nicht so leicht in Leib- und Le- bens Gefahr gerathen möchte. Es will sich aber doch nicht thun lassen/ und ist nicht ge- nug/ sondern er soll sich täglich auffs wenigst einmal daselbst hören/ finden und sehen las- sen/ aus Ursachen/ weil fast täglich neue Kran- cke in solche Lazareth gebracht werden. Item weil die Seuche mit den meisten Krancken bald den Garaus machet/ wodurch mancher arme Mensch an Trost-Mangel dahin ster- ben muß. So auch nimmet ein Patient im Lazareth ihm nicht gern das Hertz/ einen Pfarrherrn zu sich ruffen zu lassen/ theils weil er meynet er mache ihm beydes die Beruffe- ne und Beruffende zuwider/ theils auch wei- len
Das XI. Capitel. res Peſtilentiarii oder Peſtilentz-Pfarrherrenvon der Obrigkeit auffgenommen/ welche in zwey Claſſes abgetheil[e]t werden/ davon etli- che nur zu denen Inficirten/ die in der Stadt in Haͤuſern liegen/ die andern aber zu den je- nigen/ ſo in die Spitaͤler/ Lazareth oder Peſt- haͤuſer gebracht worden/ beſtellet werden. Von den letztern aber zu reden/ iſt die Fra- ge: Ob es genug ſey/ daß ein beſtellter Pe- ſtilentz-Pfarrherr nur allein in das Lazareth komme/ wenn er geruffen wird/ oder ob ſol- cher mehrmal und zwar taͤglich die Krancken beſuchen ſoll? Allhier hat es wol das An- ſehen/ als ob es genug waͤre/ wenn er nur al- lein zum Krancken gienge/ wenn er geruffen wuͤrde/ um alſo der Gefahr deſto beſſer zu entgehen/ und nicht ſo leicht in Leib- und Le- bens Gefahr gerathen moͤchte. Es will ſich aber doch nicht thun laſſen/ und iſt nicht ge- nug/ ſondern er ſoll ſich taͤglich auffs wenigſt einmal daſelbſt hoͤren/ finden und ſehen laſ- ſen/ aus Urſachen/ weil faſt taͤglich neue Kran- cke in ſolche Lazareth gebracht werden. Item weil die Seuche mit den meiſten Krancken bald den Garaus machet/ wodurch mancher arme Menſch an Troſt-Mangel dahin ſter- ben muß. So auch nimmet ein Patient im Lazareth ihm nicht gern das Hertz/ einen Pfarrherrn zu ſich ruffen zu laſſen/ theils weil er meynet er mache ihm beydes die Beruffe- ne und Beruffende zuwider/ theils auch wei- len
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Das XI. Capitel.
res Peſtilentiarii oder Peſtilentz-Pfarrherren
von der Obrigkeit auffgenommen/ welche in
zwey Claſſes abgetheilet werden/ davon etli-
che nur zu denen Inficirten/ die in der Stadt
in Haͤuſern liegen/ die andern aber zu den je-
nigen/ ſo in die Spitaͤler/ Lazareth oder Peſt-
haͤuſer gebracht worden/ beſtellet werden.
Von den letztern aber zu reden/ iſt die Fra-
ge: Ob es genug ſey/ daß ein beſtellter Pe-
ſtilentz-Pfarrherr nur allein in das Lazareth
komme/ wenn er geruffen wird/ oder ob ſol-
cher mehrmal und zwar taͤglich die Krancken
beſuchen ſoll? Allhier hat es wol das An-
ſehen/ als ob es genug waͤre/ wenn er nur al-
lein zum Krancken gienge/ wenn er geruffen
wuͤrde/ um alſo der Gefahr deſto beſſer zu
entgehen/ und nicht ſo leicht in Leib- und Le-
bens Gefahr gerathen moͤchte. Es will ſich
aber doch nicht thun laſſen/ und iſt nicht ge-
nug/ ſondern er ſoll ſich taͤglich auffs wenigſt
einmal daſelbſt hoͤren/ finden und ſehen laſ-
ſen/ aus Urſachen/ weil faſt taͤglich neue Kran-
cke in ſolche Lazareth gebracht werden. Item
weil die Seuche mit den meiſten Krancken
bald den Garaus machet/ wodurch mancher
arme Menſch an Troſt-Mangel dahin ſter-
ben muß. So auch nimmet ein Patient im
Lazareth ihm nicht gern das Hertz/ einen
Pfarrherrn zu ſich ruffen zu laſſen/ theils weil
er meynet er mache ihm beydes die Beruffe-
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