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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.

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sie unschädlich sind. Sicher ist's, daß ich damit kei-
ne menschliche Seele beleidige. Ob dann aber sonst
das selbstgefällige Nachhängen sonderbarer Lieb-
lingsideen die schwarzen Farben verdienen, womit
ohne Zweifel strenge Orthodoxen sie anstreichen dürf-
ten, weiß ich nicht. Ob hinwieder mein guter Va-
ter im Himmel meine Thorheiten so ansehe, wie's
die Menschen thun würden, wenn mein ganzes Herz
vor ihren Augen offen an der Sonne läge, daran
erlaube man mir zu zweifeln -- oder vielmehr nicht
zu zweifeln. Denn Er kennet mich ja, und weißt
was für ein Gemächt ich bin. -- Bemüh' ich mich
doch wenigstens, immer besser -- oder weniger schlimm
zu werden. Wenn ich z. B. seit einiger Zeit so meine
Strasse ziehe, und noch itzt bisweilen heimlich wünsche,
daß ein Kind meiner Fantasie mir begegnen möchte --
und ich mich denn dem Plätzchen nähere, wo ich
darauf stossen sollte -- und es ist nicht da -- Wie
bin ich so froh! -- Und doch hatt' ich's erwartet. Wie
reimt sich das? Gott weiß es; Ich weiß es nicht;
nur das weiß ich, daß ich's Ihm danke, daß es mich
auf sein Geheiß ausweichen mußte. -- Einst stuhnd
wirklich eine solche Geburth meiner Einbildungskraft
-- und doch gewiß ohne mein Zuthun da, gerade auf
der Stelle, die ich im Geist ihm bestimmt hatte.
Himmel, wie erschrack ich! Zwar näherte ich mich
demselben; aber ein Fieberfrost rannte mir durch alle
Adern. Zum Unglück oder Glück stuhnden zwey böse
Buben nahe bey uns, kickerten und lachten sich Haut und
Lenden voll; und noch auf den heutigen Tag weiß

ſie unſchaͤdlich ſind. Sicher iſt’s, daß ich damit kei-
ne menſchliche Seele beleidige. Ob dann aber ſonſt
das ſelbſtgefaͤllige Nachhaͤngen ſonderbarer Lieb-
lingsideen die ſchwarzen Farben verdienen, womit
ohne Zweifel ſtrenge Orthodoxen ſie anſtreichen duͤrf-
ten, weiß ich nicht. Ob hinwieder mein guter Va-
ter im Himmel meine Thorheiten ſo anſehe, wie’s
die Menſchen thun wuͤrden, wenn mein ganzes Herz
vor ihren Augen offen an der Sonne laͤge, daran
erlaube man mir zu zweifeln — oder vielmehr nicht
zu zweifeln. Denn Er kennet mich ja, und weißt
was fuͤr ein Gemaͤcht ich bin. — Bemuͤh’ ich mich
doch wenigſtens, immer beſſer — oder weniger ſchlimm
zu werden. Wenn ich z. B. ſeit einiger Zeit ſo meine
Straſſe ziehe, und noch itzt bisweilen heimlich wuͤnſche,
daß ein Kind meiner Fantaſie mir begegnen moͤchte —
und ich mich denn dem Plaͤtzchen naͤhere, wo ich
darauf ſtoſſen ſollte — und es iſt nicht da — Wie
bin ich ſo froh! — Und doch hatt’ ich’s erwartet. Wie
reimt ſich das? Gott weiß es; Ich weiß es nicht;
nur das weiß ich, daß ich’s Ihm danke, daß es mich
auf ſein Geheiß ausweichen mußte. — Einſt ſtuhnd
wirklich eine ſolche Geburth meiner Einbildungskraft
— und doch gewiß ohne mein Zuthun da, gerade auf
der Stelle, die ich im Geiſt ihm beſtimmt hatte.
Himmel, wie erſchrack ich! Zwar naͤherte ich mich
demſelben; aber ein Fieberfroſt rannte mir durch alle
Adern. Zum Ungluͤck oder Gluͤck ſtuhnden zwey boͤſe
Buben nahe bey uns, kickerten und lachten ſich Haut und
Lenden voll; und noch auf den heutigen Tag weiß

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[261/0277] ſie unſchaͤdlich ſind. Sicher iſt’s, daß ich damit kei- ne menſchliche Seele beleidige. Ob dann aber ſonſt das ſelbſtgefaͤllige Nachhaͤngen ſonderbarer Lieb- lingsideen die ſchwarzen Farben verdienen, womit ohne Zweifel ſtrenge Orthodoxen ſie anſtreichen duͤrf- ten, weiß ich nicht. Ob hinwieder mein guter Va- ter im Himmel meine Thorheiten ſo anſehe, wie’s die Menſchen thun wuͤrden, wenn mein ganzes Herz vor ihren Augen offen an der Sonne laͤge, daran erlaube man mir zu zweifeln — oder vielmehr nicht zu zweifeln. Denn Er kennet mich ja, und weißt was fuͤr ein Gemaͤcht ich bin. — Bemuͤh’ ich mich doch wenigſtens, immer beſſer — oder weniger ſchlimm zu werden. Wenn ich z. B. ſeit einiger Zeit ſo meine Straſſe ziehe, und noch itzt bisweilen heimlich wuͤnſche, daß ein Kind meiner Fantaſie mir begegnen moͤchte — und ich mich denn dem Plaͤtzchen naͤhere, wo ich darauf ſtoſſen ſollte — und es iſt nicht da — Wie bin ich ſo froh! — Und doch hatt’ ich’s erwartet. Wie reimt ſich das? Gott weiß es; Ich weiß es nicht; nur das weiß ich, daß ich’s Ihm danke, daß es mich auf ſein Geheiß ausweichen mußte. — Einſt ſtuhnd wirklich eine ſolche Geburth meiner Einbildungskraft — und doch gewiß ohne mein Zuthun da, gerade auf der Stelle, die ich im Geiſt ihm beſtimmt hatte. Himmel, wie erſchrack ich! Zwar naͤherte ich mich demſelben; aber ein Fieberfroſt rannte mir durch alle Adern. Zum Ungluͤck oder Gluͤck ſtuhnden zwey boͤſe Buben nahe bey uns, kickerten und lachten ſich Haut und Lenden voll; und noch auf den heutigen Tag weiß

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Zitationshilfe: Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/277>, abgerufen am 25.11.2024.