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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.

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zu Zeit aus einem andern Sack auch meine Entschul-
digungen hervor; die hiessen: "Ha! das Lesen ko-
"stet mich doch nur ein geringes; und das hab' ich
"an Kleidern und anderm mehr als erspart. Auch
"bracht' ich nur die müßigen Stunden damit zu,
"wo andre ebenfalls nicht arbeiten; meist nur bey
"nächtlicher Weile. Wahr ist's, meine Gedanken
"beschäftigten sich auch in der übrigen Zeit nur all-
"zuviel mit dem Gelesenen, und waren hingegen zu
"meinem Hauptberuf selten bey Hause. Doch hab'
"ich nichts verludert; trank höchstens bisweilen eine
"Bouteille Wein, meinen Unmuth zu ersäufen --
"das hätt' ich freylich auch sollen bleiben lassen --
"Aber, was ist ein Leben ohne Wein, und zumal
"ein Leben wie meines"? -- Denn kam's wieder
einmal an's Anklagen: "Aber, wie nachläßig und
"ungeschickt warst du nicht in allem was Handel und
"Wandel heißt. Mit deiner unzeitigen Güte nahmst
"du alles, wie man's dir gab -- gabst du jedem,
"was er dich bat, ohne zu bedenken, daß du nur
"andrer Leuthe Geld im Seckel hattest, oder daß
"dich ein redlich scheinendes Gesicht betriegen könnte.
"Deine Waare vertrautest du dem ersten Beßten,
"und glaubtest ihm auf sein Wort, wenn er dir
"vorlog, er könne dir auf sein Gewissen nur so und
"so viel bezahlen. O könnt'st du nur noch einmal
"wieder von Vornen anfangen. Aber, vergeblicher
"Wunsch! -- Nun, so willst du doch alles versu-
"chen -- willst denen, die dir schuldig sind, eben
"auch drohen wie man dir droht", u. s. f. So

zu Zeit aus einem andern Sack auch meine Entſchul-
digungen hervor; die hieſſen: „Ha! das Leſen ko-
„ſtet mich doch nur ein geringes; und das hab’ ich
„an Kleidern und anderm mehr als erſpart. Auch
„bracht’ ich nur die muͤßigen Stunden damit zu,
„wo andre ebenfalls nicht arbeiten; meiſt nur bey
„naͤchtlicher Weile. Wahr iſt’s, meine Gedanken
„beſchaͤftigten ſich auch in der uͤbrigen Zeit nur all-
„zuviel mit dem Geleſenen, und waren hingegen zu
„meinem Hauptberuf ſelten bey Hauſe. Doch hab’
„ich nichts verludert; trank hoͤchſtens bisweilen eine
„Bouteille Wein, meinen Unmuth zu erſaͤufen —
„das haͤtt’ ich freylich auch ſollen bleiben laſſen —
„Aber, was iſt ein Leben ohne Wein, und zumal
„ein Leben wie meines„? — Denn kam’s wieder
einmal an’s Anklagen: „Aber, wie nachlaͤßig und
„ungeſchickt warſt du nicht in allem was Handel und
„Wandel heißt. Mit deiner unzeitigen Guͤte nahmſt
„du alles, wie man’s dir gab — gabſt du jedem,
„was er dich bat, ohne zu bedenken, daß du nur
„andrer Leuthe Geld im Seckel hatteſt, oder daß
„dich ein redlich ſcheinendes Geſicht betriegen koͤnnte.
„Deine Waare vertrauteſt du dem erſten Beßten,
„und glaubteſt ihm auf ſein Wort, wenn er dir
„vorlog, er koͤnne dir auf ſein Gewiſſen nur ſo und
„ſo viel bezahlen. O koͤnnt’ſt du nur noch einmal
„wieder von Vornen anfangen. Aber, vergeblicher
„Wunſch! — Nun, ſo willſt du doch alles verſu-
„chen — willſt denen, die dir ſchuldig ſind, eben
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[212/0228] zu Zeit aus einem andern Sack auch meine Entſchul- digungen hervor; die hieſſen: „Ha! das Leſen ko- „ſtet mich doch nur ein geringes; und das hab’ ich „an Kleidern und anderm mehr als erſpart. Auch „bracht’ ich nur die muͤßigen Stunden damit zu, „wo andre ebenfalls nicht arbeiten; meiſt nur bey „naͤchtlicher Weile. Wahr iſt’s, meine Gedanken „beſchaͤftigten ſich auch in der uͤbrigen Zeit nur all- „zuviel mit dem Geleſenen, und waren hingegen zu „meinem Hauptberuf ſelten bey Hauſe. Doch hab’ „ich nichts verludert; trank hoͤchſtens bisweilen eine „Bouteille Wein, meinen Unmuth zu erſaͤufen — „das haͤtt’ ich freylich auch ſollen bleiben laſſen — „Aber, was iſt ein Leben ohne Wein, und zumal „ein Leben wie meines„? — Denn kam’s wieder einmal an’s Anklagen: „Aber, wie nachlaͤßig und „ungeſchickt warſt du nicht in allem was Handel und „Wandel heißt. Mit deiner unzeitigen Guͤte nahmſt „du alles, wie man’s dir gab — gabſt du jedem, „was er dich bat, ohne zu bedenken, daß du nur „andrer Leuthe Geld im Seckel hatteſt, oder daß „dich ein redlich ſcheinendes Geſicht betriegen koͤnnte. „Deine Waare vertrauteſt du dem erſten Beßten, „und glaubteſt ihm auf ſein Wort, wenn er dir „vorlog, er koͤnne dir auf ſein Gewiſſen nur ſo und „ſo viel bezahlen. O koͤnnt’ſt du nur noch einmal „wieder von Vornen anfangen. Aber, vergeblicher „Wunſch! — Nun, ſo willſt du doch alles verſu- „chen — willſt denen, die dir ſchuldig ſind, eben „auch drohen wie man dir droht„, u. ſ. f. So

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Zitationshilfe: Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/228>, abgerufen am 27.11.2024.