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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.

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auf die Vögeljagd zu gehn, u. d. gl. Ha! Das war
ein Leben für mich. Die meiste Zeit durst' ich vol-
lends allein wandeln, wohin es mir beliebte. Alle
Tag gieng ich bald durch alle Gassen in dem hüb-
schen Schaffhausen; denn aussert Lichtensteig hatt'
ich bisher noch keine Stadt gesehn, und kein grösser
Wasser als die Thur. Ich spatzierte also bald alle
Abend am den Rhein hinaus, und konnte mich an
diesem mächtigen Fluß kaum satt sehn. Als ich den
Sturz bey Laufen das erstemal sah und hörte, ward
mir's braun und blau vor den Augen. Ich hatte
mir's, wie so viele, ganz anders, aber so furchtbar
majestätisch nie eingebildet. Was ich mir da für
ein klein winziges Ding schien! Nach einem stun-
denlangen Anstaunen kehrt' ich ordentlich wie beschämt
nach Haus. Bisweilen gieng's auf den Bonenberg,
der schönen Aussicht wegen. An der Lände half' ich
den Schiffleuthen, und fuhr bald selbst mit Plaisir
hin und her.

XXXVIII.
Ein unerwarteter Besuch
.

So stuhnd's, und mir war himmelwohl, als, ohne
Zweifel durch meine wackern Begleiter, das Gerücht
in mein Heimath kam, man hätte mich aufs Meer
verkauft; und namentlich sollte dieß ein Mann aus-
gesagt haben, der mich mit eignen Augen anschmie-
den, und den Rhein hinunterführen gesehn. Schon
stellte man mich allen Kindern zum Exempel vor,

auf die Voͤgeljagd zu gehn, u. d. gl. Ha! Das war
ein Leben fuͤr mich. Die meiſte Zeit durſt’ ich vol-
lends allein wandeln, wohin es mir beliebte. Alle
Tag gieng ich bald durch alle Gaſſen in dem huͤb-
ſchen Schaffhauſen; denn auſſert Lichtenſteig hatt’
ich bisher noch keine Stadt geſehn, und kein groͤſſer
Waſſer als die Thur. Ich ſpatzierte alſo bald alle
Abend am den Rhein hinaus, und konnte mich an
dieſem maͤchtigen Fluß kaum ſatt ſehn. Als ich den
Sturz bey Laufen das erſtemal ſah und hoͤrte, ward
mir’s braun und blau vor den Augen. Ich hatte
mir’s, wie ſo viele, ganz anders, aber ſo furchtbar
majeſtaͤtiſch nie eingebildet. Was ich mir da fuͤr
ein klein winziges Ding ſchien! Nach einem ſtun-
denlangen Anſtaunen kehrt’ ich ordentlich wie beſchaͤmt
nach Haus. Bisweilen gieng’s auf den Bonenberg,
der ſchoͤnen Ausſicht wegen. An der Laͤnde half’ ich
den Schiffleuthen, und fuhr bald ſelbſt mit Plaiſir
hin und her.

XXXVIII.
Ein unerwarteter Beſuch
.

So ſtuhnd’s, und mir war himmelwohl, als, ohne
Zweifel durch meine wackern Begleiter, das Geruͤcht
in mein Heimath kam, man haͤtte mich aufs Meer
verkauft; und namentlich ſollte dieß ein Mann aus-
geſagt haben, der mich mit eignen Augen anſchmie-
den, und den Rhein hinunterfuͤhren geſehn. Schon
ſtellte man mich allen Kindern zum Exempel vor,

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[94/0110] auf die Voͤgeljagd zu gehn, u. d. gl. Ha! Das war ein Leben fuͤr mich. Die meiſte Zeit durſt’ ich vol- lends allein wandeln, wohin es mir beliebte. Alle Tag gieng ich bald durch alle Gaſſen in dem huͤb- ſchen Schaffhauſen; denn auſſert Lichtenſteig hatt’ ich bisher noch keine Stadt geſehn, und kein groͤſſer Waſſer als die Thur. Ich ſpatzierte alſo bald alle Abend am den Rhein hinaus, und konnte mich an dieſem maͤchtigen Fluß kaum ſatt ſehn. Als ich den Sturz bey Laufen das erſtemal ſah und hoͤrte, ward mir’s braun und blau vor den Augen. Ich hatte mir’s, wie ſo viele, ganz anders, aber ſo furchtbar majeſtaͤtiſch nie eingebildet. Was ich mir da fuͤr ein klein winziges Ding ſchien! Nach einem ſtun- denlangen Anſtaunen kehrt’ ich ordentlich wie beſchaͤmt nach Haus. Bisweilen gieng’s auf den Bonenberg, der ſchoͤnen Ausſicht wegen. An der Laͤnde half’ ich den Schiffleuthen, und fuhr bald ſelbſt mit Plaiſir hin und her. XXXVIII. Ein unerwarteter Beſuch. So ſtuhnd’s, und mir war himmelwohl, als, ohne Zweifel durch meine wackern Begleiter, das Geruͤcht in mein Heimath kam, man haͤtte mich aufs Meer verkauft; und namentlich ſollte dieß ein Mann aus- geſagt haben, der mich mit eignen Augen anſchmie- den, und den Rhein hinunterfuͤhren geſehn. Schon ſtellte man mich allen Kindern zum Exempel vor,

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Zitationshilfe: Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/110>, abgerufen am 03.12.2024.