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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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Beschreibung

Sie fressen überaus gerne die Ratzen wie ich denn
offte gesehen daß sie auf die Ratzen also heraus lauffen/
und wenn sie eine erhaschet/ länger als eine Stunde
zubringen ehe sie dieselbe herunter schlingen können.
Ja man solte dencken es wäre gantz unmöglich daß sie
selbige durch den Rachen bringen könten/ wenn ich
nicht gesehen hätte daß bey Verzehrung ihres Raub-
Gutes sich ihr Rachen allmählig erweitere.

Zuweilen lauffen die Ratzen einer Schlange dicht
vorbey/ wenn diese unter dem Dach eines Hauses still lie-
gen/ da die Schlange ohnmöglich so geschwinde sich loß
machen/ und die Ratze erhaschen kan; so daß es
scheinet als merckten dieses die Ratzen/ sintemahlen
ich gesehen daß sie des Abends mehr als hundert mahl
die Schlange vorbey lauffen/ und dieselbige gleichsam
vexiren bis die Schlange vor Verdruß laut anfän-
get zu schreyen/ und mit aller Gewalt suchet hervor zu
kommen/ alsdenn aber keine Ratze mehr zu sehen.

Wäre es daß man der Ansprach und Besuchungen
derer zu Fida gerne loß seyn wolte/ darff man nur ver-
ächtlich von Schlangen anfangen zu sprechen/ also-
bald stopffen sie die Ohren zu und nehmen Reißaus/
doch geschiehet dieses nurbey denen Europäern/ sonsten
wollte ichs einem Mohren nicht rathen/ falls er in grosse
Gefahr sich nicht stürtzen wollte.

Geschiehet es daß ein Haus und mit demselben ei-
ne Schlange im Feuer aufgienge/ stopffet ebenfalls
einjeder die Ohren zu/ und wirfft etwas Geld dahin/
um zu erkennen zugeben/ daß es viel zu grausam sey an-
zuhören/ und daß dieses Geld zu Befriedigung des ver-
brandten Gottes solle angewendet werden/ weilen man
vor dessen Erhaltung nicht sorgfältiger gewesen/ glau-

ben
Beſchreibung

Sie freſſen uͤberaus gerne die Ratzen wie ich denn
offte geſehen daß ſie auf die Ratzen alſo heraus lauffen/
und wenn ſie eine erhaſchet/ laͤnger als eine Stunde
zubringen ehe ſie dieſelbe herunter ſchlingen koͤnnen.
Ja man ſolte dencken es waͤre gantz unmoͤglich daß ſie
ſelbige durch den Rachen bringen koͤnten/ wenn ich
nicht geſehen haͤtte daß bey Verzehrung ihres Raub-
Gutes ſich ihr Rachen allmaͤhlig erweitere.

Zuweilen lauffen die Ratzen einer Schlange dicht
vorbey/ weñ dieſe unter dem Dach eines Hauſes ſtill lie-
gen/ da die Schlange ohnmoͤglich ſo geſchwinde ſich loß
machen/ und die Ratze erhaſchen kan; ſo daß es
ſcheinet als merckten dieſes die Ratzen/ ſintemahlen
ich geſehen daß ſie des Abends mehr als hundert mahl
die Schlange vorbey lauffen/ und dieſelbige gleichſam
vexiren bis die Schlange vor Verdruß laut anfaͤn-
get zu ſchreyen/ und mit aller Gewalt ſuchet hervor zu
kommen/ alsdenn aber keine Ratze mehr zu ſehen.

Waͤre es daß man der Anſprach und Beſuchungen
derer zu Fida gerne loß ſeyn wolte/ darff man nur ver-
aͤchtlich von Schlangen anfangen zu ſprechen/ alſo-
bald ſtopffen ſie die Ohren zu und nehmen Reißaus/
doch geſchiehet dieſes nurbey denen Europaͤern/ ſonſten
wollte ichs einem Mohren nicht rathen/ falls er in groſſe
Gefahr ſich nicht ſtuͤrtzen wollte.

Geſchiehet es daß ein Haus und mit demſelben ei-
ne Schlange im Feuer aufgienge/ ſtopffet ebenfalls
einjeder die Ohren zu/ und wirfft etwas Geld dahin/
um zu erkennen zugeben/ daß es viel zu grauſam ſey an-
zuhoͤren/ und daß dieſes Geld zu Befriedigung des ver-
brandten Gottes ſolle angewendet werden/ weilen man
vor deſſen Erhaltung nicht ſorgfaͤltiger geweſen/ glau-

ben
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[460/0516] Beſchreibung Sie freſſen uͤberaus gerne die Ratzen wie ich denn offte geſehen daß ſie auf die Ratzen alſo heraus lauffen/ und wenn ſie eine erhaſchet/ laͤnger als eine Stunde zubringen ehe ſie dieſelbe herunter ſchlingen koͤnnen. Ja man ſolte dencken es waͤre gantz unmoͤglich daß ſie ſelbige durch den Rachen bringen koͤnten/ wenn ich nicht geſehen haͤtte daß bey Verzehrung ihres Raub- Gutes ſich ihr Rachen allmaͤhlig erweitere. Zuweilen lauffen die Ratzen einer Schlange dicht vorbey/ weñ dieſe unter dem Dach eines Hauſes ſtill lie- gen/ da die Schlange ohnmoͤglich ſo geſchwinde ſich loß machen/ und die Ratze erhaſchen kan; ſo daß es ſcheinet als merckten dieſes die Ratzen/ ſintemahlen ich geſehen daß ſie des Abends mehr als hundert mahl die Schlange vorbey lauffen/ und dieſelbige gleichſam vexiren bis die Schlange vor Verdruß laut anfaͤn- get zu ſchreyen/ und mit aller Gewalt ſuchet hervor zu kommen/ alsdenn aber keine Ratze mehr zu ſehen. Waͤre es daß man der Anſprach und Beſuchungen derer zu Fida gerne loß ſeyn wolte/ darff man nur ver- aͤchtlich von Schlangen anfangen zu ſprechen/ alſo- bald ſtopffen ſie die Ohren zu und nehmen Reißaus/ doch geſchiehet dieſes nurbey denen Europaͤern/ ſonſten wollte ichs einem Mohren nicht rathen/ falls er in groſſe Gefahr ſich nicht ſtuͤrtzen wollte. Geſchiehet es daß ein Haus und mit demſelben ei- ne Schlange im Feuer aufgienge/ ſtopffet ebenfalls einjeder die Ohren zu/ und wirfft etwas Geld dahin/ um zu erkennen zugeben/ daß es viel zu grauſam ſey an- zuhoͤren/ und daß dieſes Geld zu Befriedigung des ver- brandten Gottes ſolle angewendet werden/ weilen man vor deſſen Erhaltung nicht ſorgfaͤltiger geweſen/ glau- ben

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/516>, abgerufen am 22.11.2024.