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Bohse, August: Des Franzöischen Helicons Monat-Früchte. Leipzig, 1696.

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geheime Liebes-Geschichte.
Alphonsus einen vollkommenen Besitzer der schön-
sten Königin/ und der König/ der ihn bis auf den Todt
hasset/ siehet sich gezwungen/ seinen Verdruß zu ver-
bergen.

Alphonsus indes/ den die Liebe ein gar weiches La-
ger zu bereitet/ hat tausend mahl in Willens/ sich der
Königin zu erkennen zu geben/ weil er sonst sein Glück
nicht vollkommen zu seyn erachtet. Doch/ da er besor-
get/ nur dadurch seinen Untergang vollends zu be-
schleunigen/ so zwinget er sich endlich zur Verstellung.

Er machet sich wieder nach einer guten Zeit fort/
und läst die Königin bey den Gedancken/ der König
habe sie bedient. Er steiget wieder die geheime Trep-
pe hinunter/ und trifft den König annoch wartend an/
welcher ohne einiges Wort zu ihn zu sagen den Weg
wieder hinauf nimmt/ den jener herab gekommen/
und Alphonsus, der da mercket/ das schon der Tag
anbrechen will/ machet sich so geschwind/ als ihn nur
möglich/ auf die Seite.

Der Graf von Ledesma passet ihm/ wie er vom
Könige Befehl hatte/ auf/ und gehet starck hinter ihn
drein/ um ihn zu erkennen. Alphonfus, der nicht an-
ders meynet/ |als man wolte ihm seinen Rest geben/ si-
het sich um/ ob der Mörder viel seynd/ da er nun den
einzigen Menschen gewahr wird/ läufft er gleich selbst
auf ihn loß/ und ehe er noch Zeit hat/ ihn zu erkennen/
versetzt er ihm einen solchen Stoß mit den Dolche/
daß davon der von Ledesma gantz betäubet zur Er-
den fällt/ Alphonsus aber glücklich entrinnet.

Als er in Sicherheit/ dencket er der Sachen wei-
ter nach/ und erräth davon den meisten Theil: siehet
auch wohl/ daß er es nicht gewesen/ den der König

zu

geheime Liebes-Geſchichte.
Alphonſus einen vollkommenen Beſitzer der ſchoͤn-
ſten Koͤnigin/ und der Koͤnig/ der ihn bis auf den Todt
haſſet/ ſiehet ſich gezwungen/ ſeinen Verdruß zu ver-
bergen.

Alphonſus indes/ den die Liebe ein gar weiches La-
ger zu bereitet/ hat tauſend mahl in Willens/ ſich der
Koͤnigin zu erkennen zu geben/ weil er ſonſt ſein Gluͤck
nicht vollkommen zu ſeyn erachtet. Doch/ da er beſor-
get/ nur dadurch ſeinen Untergang vollends zu be-
ſchleunigen/ ſo zwinget er ſich endlich zur Verſtellung.

Er machet ſich wieder nach einer guten Zeit fort/
und laͤſt die Koͤnigin bey den Gedancken/ der Koͤnig
habe ſie bedient. Er ſteiget wieder die geheime Trep-
pe hinunter/ und trifft den Koͤnig annoch wartend an/
welcher ohne einiges Wort zu ihn zu ſagen den Weg
wieder hinauf nimmt/ den jener herab gekommen/
und Alphonſus, der da mercket/ das ſchon der Tag
anbrechen will/ machet ſich ſo geſchwind/ als ihn nur
moͤglich/ auf die Seite.

Der Graf von Ledesma paſſet ihm/ wie er vom
Koͤnige Befehl hatte/ auf/ und gehet ſtarck hinter ihn
drein/ um ihn zu erkennen. Alphonfus, der nicht an-
ders meynet/ |als man wolte ihm ſeinen Reſt geben/ ſi-
het ſich um/ ob der Moͤrder viel ſeynd/ da er nun den
einzigen Menſchen gewahr wird/ laͤufft er gleich ſelbſt
auf ihn loß/ und ehe er noch Zeit hat/ ihn zu erkennen/
verſetzt er ihm einen ſolchen Stoß mit den Dolche/
daß davon der von Ledesma gantz betaͤubet zur Er-
den faͤllt/ Alphonſus aber gluͤcklich entrinnet.

Als er in Sicherheit/ dencket er der Sachen wei-
ter nach/ und erraͤth davon den meiſten Theil: ſiehet
auch wohl/ daß er es nicht geweſen/ den der Koͤnig

zu
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[435/0471] geheime Liebes-Geſchichte. Alphonſus einen vollkommenen Beſitzer der ſchoͤn- ſten Koͤnigin/ und der Koͤnig/ der ihn bis auf den Todt haſſet/ ſiehet ſich gezwungen/ ſeinen Verdruß zu ver- bergen. Alphonſus indes/ den die Liebe ein gar weiches La- ger zu bereitet/ hat tauſend mahl in Willens/ ſich der Koͤnigin zu erkennen zu geben/ weil er ſonſt ſein Gluͤck nicht vollkommen zu ſeyn erachtet. Doch/ da er beſor- get/ nur dadurch ſeinen Untergang vollends zu be- ſchleunigen/ ſo zwinget er ſich endlich zur Verſtellung. Er machet ſich wieder nach einer guten Zeit fort/ und laͤſt die Koͤnigin bey den Gedancken/ der Koͤnig habe ſie bedient. Er ſteiget wieder die geheime Trep- pe hinunter/ und trifft den Koͤnig annoch wartend an/ welcher ohne einiges Wort zu ihn zu ſagen den Weg wieder hinauf nimmt/ den jener herab gekommen/ und Alphonſus, der da mercket/ das ſchon der Tag anbrechen will/ machet ſich ſo geſchwind/ als ihn nur moͤglich/ auf die Seite. Der Graf von Ledesma paſſet ihm/ wie er vom Koͤnige Befehl hatte/ auf/ und gehet ſtarck hinter ihn drein/ um ihn zu erkennen. Alphonfus, der nicht an- ders meynet/ |als man wolte ihm ſeinen Reſt geben/ ſi- het ſich um/ ob der Moͤrder viel ſeynd/ da er nun den einzigen Menſchen gewahr wird/ laͤufft er gleich ſelbſt auf ihn loß/ und ehe er noch Zeit hat/ ihn zu erkennen/ verſetzt er ihm einen ſolchen Stoß mit den Dolche/ daß davon der von Ledesma gantz betaͤubet zur Er- den faͤllt/ Alphonſus aber gluͤcklich entrinnet. Als er in Sicherheit/ dencket er der Sachen wei- ter nach/ und erraͤth davon den meiſten Theil: ſiehet auch wohl/ daß er es nicht geweſen/ den der Koͤnig zu

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Zitationshilfe: Bohse, August: Des Franzöischen Helicons Monat-Früchte. Leipzig, 1696, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bohse_helicon_1696/471>, abgerufen am 18.05.2024.