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Bohse, August: Des Frantzöischen Helicons auserlesene Winter-Früchte. [Bd. 1]. Leipzig, 1703.

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Denckwürdigkeiten
Bezeigungen empfangen: Dieses geschiehet im
Jahr Christi 627.

Varnaquier, Gros-Hofmeister in Burgund, stir-
bet. Sein Sohn/ Godin, heyrathet dossen hinter-
lassene Wittwe/ Bertam. Diese Blut-Schande/
daß ein Sohn seine Stief-Mutter nimmt/ will
Clotarius nicht leiden/ sondern schicket Arnebertum
mit Ordre, ihn hinrichten zu lassen. Godin wird ge-
warnet fliehet daher zu Dagoberten nach Austrasi-
en;
Dieser bittet vor bey Clotario, und erhält Par-
don
vor ihn/ doch daß er nie wieder zu Berten kom-
men soll. Er hält genau sein Versprechen/ dieses
Weib aber/ sich von ihm verlassen sehend/ begiebt sich
an Clotarii Hof/ und beschuldiget Godin, als stehe
er Clotario nach dem Leben. Clotarius will ihn
deßwegen lassen hinrichten/ doch/ um ihn sicher zu
machen/ so läßt er ihm nur antragen/ er solle auf den
Leichnam des heiligen Medardi zu Soissons, und auf
des heiligen Donysii seinen/ einen Eyd ablegen/ nie-
mals etwas wider des Königes Person vorzuneh-
men/ sondern ihm allzeit treu zu bleiben. Go-
din,
der sich unschuldig weiß/ machet darüber kei-
ne Schwürigkeit; Doch/ um nicht überfallen zu
werden/ begiebt er sich mit einem starcken Geleite
Gewaffneter nach dem bestimmten Orte/ und leget
den Eyd ab.

Clotarii Abgeordnete/ die ihm nicht können
ankommen/ bereden ihn/ auch nach Orleans und
Tours sich zu begeben/ eben diesen Eyd auf des
heiligen Agnan und St. Martins Gräbern abzu-
legen. Godin ist abermahls dazu willig/ wird

aber

Denckwuͤrdigkeiten
Bezeigungen empfangen: Dieſes geſchiehet im
Jahr Chriſti 627.

Varnaquier, Gros-Hofmeiſter in Burgund, ſtir-
bet. Sein Sohn/ Godin, heyrathet doſſen hinter-
laſſene Wittwe/ Bertam. Dieſe Blut-Schande/
daß ein Sohn ſeine Stief-Mutter nimmt/ will
Clotarius nicht leiden/ ſondern ſchicket Arnebertum
mit Ordre, ihn hinrichten zu laſſen. Godin wird ge-
warnet fliehet daher zu Dagoberten nach Auſtraſi-
en;
Dieſer bittet vor bey Clotario, und erhaͤlt Par-
don
vor ihn/ doch daß er nie wieder zu Berten kom-
men ſoll. Er haͤlt genau ſein Verſprechen/ dieſes
Weib aber/ ſich von ihm verlaſſen ſehend/ begiebt ſich
an Clotarii Hof/ und beſchuldiget Godin, als ſtehe
er Clotario nach dem Leben. Clotarius will ihn
deßwegen laſſen hinrichten/ doch/ um ihn ſicher zu
machen/ ſo laͤßt er ihm nur antragen/ er ſolle auf den
Leichnam des heiligen Medardi zu Soiſſons, und auf
des heiligen Donyſii ſeinen/ einen Eyd ablegen/ nie-
mals etwas wider des Koͤniges Perſon vorzuneh-
men/ ſondern ihm allzeit treu zu bleiben. Go-
din,
der ſich unſchuldig weiß/ machet daruͤber kei-
ne Schwuͤrigkeit; Doch/ um nicht uͤberfallen zu
werden/ begiebt er ſich mit einem ſtarcken Geleite
Gewaffneter nach dem beſtimmten Orte/ und leget
den Eyd ab.

Clotarii Abgeordnete/ die ihm nicht koͤnnen
ankommen/ bereden ihn/ auch nach Orleans und
Tours ſich zu begeben/ eben dieſen Eyd auf des
heiligen Agnan und St. Martins Graͤbern abzu-
legen. Godin iſt abermahls dazu willig/ wird

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[92/0112] Denckwuͤrdigkeiten Bezeigungen empfangen: Dieſes geſchiehet im Jahr Chriſti 627. Varnaquier, Gros-Hofmeiſter in Burgund, ſtir- bet. Sein Sohn/ Godin, heyrathet doſſen hinter- laſſene Wittwe/ Bertam. Dieſe Blut-Schande/ daß ein Sohn ſeine Stief-Mutter nimmt/ will Clotarius nicht leiden/ ſondern ſchicket Arnebertum mit Ordre, ihn hinrichten zu laſſen. Godin wird ge- warnet fliehet daher zu Dagoberten nach Auſtraſi- en; Dieſer bittet vor bey Clotario, und erhaͤlt Par- don vor ihn/ doch daß er nie wieder zu Berten kom- men ſoll. Er haͤlt genau ſein Verſprechen/ dieſes Weib aber/ ſich von ihm verlaſſen ſehend/ begiebt ſich an Clotarii Hof/ und beſchuldiget Godin, als ſtehe er Clotario nach dem Leben. Clotarius will ihn deßwegen laſſen hinrichten/ doch/ um ihn ſicher zu machen/ ſo laͤßt er ihm nur antragen/ er ſolle auf den Leichnam des heiligen Medardi zu Soiſſons, und auf des heiligen Donyſii ſeinen/ einen Eyd ablegen/ nie- mals etwas wider des Koͤniges Perſon vorzuneh- men/ ſondern ihm allzeit treu zu bleiben. Go- din, der ſich unſchuldig weiß/ machet daruͤber kei- ne Schwuͤrigkeit; Doch/ um nicht uͤberfallen zu werden/ begiebt er ſich mit einem ſtarcken Geleite Gewaffneter nach dem beſtimmten Orte/ und leget den Eyd ab. Clotarii Abgeordnete/ die ihm nicht koͤnnen ankommen/ bereden ihn/ auch nach Orleans und Tours ſich zu begeben/ eben dieſen Eyd auf des heiligen Agnan und St. Martins Graͤbern abzu- legen. Godin iſt abermahls dazu willig/ wird aber

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Zitationshilfe: Bohse, August: Des Frantzöischen Helicons auserlesene Winter-Früchte. [Bd. 1]. Leipzig, 1703, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bohse_helicon01_1703/112>, abgerufen am 06.05.2024.