Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bogatzky, Carl Heinrich von: Güldenes Schatz-Kästlein der Kinder GOttes, deren Schatz im Himmel ist. Halle, 1755.

Bild:
<< vorherige Seite

Ihr Lieben, hat uns GOtt also geliebet, so sollen wir uns auch un-
ter einander lieben.
1 Joh. 4, 11. Ja liebet eure Feinde, segnet,
die euch fluchen, thut wohl denen, die euch hassen, bittet für die, so
euch beleidigen u. verfolgen, so werdet ihr Kinder seyn eures Vaters
im Himmel.
Anders nicht. Heuchler können vieles nachmachen, aber nicht
die Feinde von Herzen lieben: nach diesem prüfe, ob du ein Kind GOttes
bist oder nicht Matth 5, 44. Die Welt glaubts leicht und falsch, Kinder
GOttes oft schwer ohne Empfindung und im Kampfe: denn macht Satan
Christo die Kindschaft streitig, wie nicht vielmehr uns? Doch die Liebe zu
Kindern GOttes,* aber auch zu Feinden, ist ein gewisses Kennzeichen der Kind-
schaft, und gewisser als diese und jene freudige Empfindung.

* 1 Joh. 3, 14.

O liebt ich dich recht viel, mein Leben; da du mir hast so viel vergeben!
O laß mit reiner Lieb allein mein Herz doch ganz durchgossen seyn!
Ja laß dein Liebes-voll Erbarmen in mir auch Bös' und Fromm umarmen,
Hilf, daß ich (gib mir Kraft dazu) wie du mir thust, auch andern thu!
Es wallte dir dein Eingeweide, als du mich sahst in meinem Leide;
Ach! gib bey andrer Noth und Schmerz mir auch dein Jammer-volles Herz.
Du stehst bey GOtt, mich zu vertreten, laß mich doch auch recht herzlich beten
Für Freund und Feind, wie du mich heißt, und gib mir dazu deinen Geist.

Ihr Lieben, hat uns GOtt alſo geliebet, ſo ſollen wir uns auch un-
ter einander lieben.
1 Joh. 4, 11. Ja liebet eure Feinde, ſegnet,
die euch fluchen, thut wohl denen, die euch haſſen, bittet für die, ſo
euch beleidigen u. verfolgen, ſo werdet ihr Kinder ſeyn eures Vaters
im Himmel.
Anders nicht. Heuchler können vieles nachmachen, aber nicht
die Feinde von Herzen lieben: nach dieſem prüfe, ob du ein Kind GOttes
biſt oder nicht Matth 5, 44. Die Welt glaubts leicht und falſch, Kinder
GOttes oft ſchwer ohne Empfindung und im Kampfe: denn macht Satan
Chriſto die Kindſchaft ſtreitig, wie nicht vielmehr uns? Doch die Liebe zu
Kindern GOttes,* aber auch zu Feinden, iſt ein gewiſſes Kennzeichen der Kind-
ſchaft, und gewiſſer als dieſe und jene freudige Empfindung.

* 1 Joh. 3, 14.

O liebt ich dich recht viel, mein Leben; da du mir haſt ſo viel vergeben!
O laß mit reiner Lieb allein mein Herz doch ganz durchgoſſen ſeyn!
Ja laß dein Liebes-voll Erbarmen in mir auch Böſ’ und Fromm umarmen,
Hilf, daß ich (gib mir Kraft dazu) wie du mir thuſt, auch andern thu!
Es wallte dir dein Eingeweide, als du mich ſahſt in meinem Leide;
Ach! gib bey andrer Noth und Schmerz mir auch dein Jammer-volles Herz.
Du ſtehſt bey GOtt, mich zu vertreten, laß mich doch auch recht herzlich beten
Für Freund und Feind, wie du mich heißt, und gib mir dazu deinen Geiſt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0179" n="167"/>
        <div n="2">
          <dateline>16. <hi rendition="#aq">Iun.</hi></dateline><lb/>
          <p><hi rendition="#in">I</hi><hi rendition="#fr">hr Lieben, hat uns GOtt al&#x017F;o geliebet, &#x017F;o &#x017F;ollen wir uns auch un-<lb/>
ter einander lieben.</hi> 1 Joh. 4, 11. <hi rendition="#fr">Ja liebet eure Feinde, &#x017F;egnet,<lb/>
die euch fluchen, thut wohl denen, die euch ha&#x017F;&#x017F;en, bittet für die, &#x017F;o<lb/>
euch beleidigen u. verfolgen, &#x017F;o werdet ihr Kinder &#x017F;eyn eures Vaters<lb/>
im Himmel.</hi> Anders nicht. Heuchler können vieles nachmachen, aber nicht<lb/>
die Feinde von <hi rendition="#fr">Herzen lieben:</hi> nach die&#x017F;em prüfe, ob du ein Kind GOttes<lb/>
bi&#x017F;t oder nicht Matth 5, 44. Die Welt glaubts leicht und fal&#x017F;ch, Kinder<lb/>
GOttes oft &#x017F;chwer ohne Empfindung und im Kampfe: denn macht Satan<lb/>
Chri&#x017F;to die Kind&#x017F;chaft &#x017F;treitig, wie nicht vielmehr uns? Doch die Liebe zu<lb/>
Kindern GOttes,<note xml:id="joh5" next="#joh6" place="end" n="*"/> aber auch zu Feinden, i&#x017F;t ein gewi&#x017F;&#x017F;es Kennzeichen der Kind-<lb/>
&#x017F;chaft, und gewi&#x017F;&#x017F;er als die&#x017F;e und jene freudige Empfindung. <note xml:id="joh6" prev="#joh5" place="end" n="*">1 Joh. 3, 14.</note></p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>O liebt ich dich recht viel, mein Leben; da du mir ha&#x017F;t &#x017F;o viel vergeben!</l><lb/>
            <l>O laß mit reiner Lieb allein mein Herz doch ganz durchgo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;eyn!</l><lb/>
            <l>Ja laß dein Liebes-voll Erbarmen in mir auch Bö&#x017F;&#x2019; und Fromm umarmen,</l><lb/>
            <l>Hilf, daß ich (gib mir Kraft dazu) wie du mir thu&#x017F;t, auch andern thu!</l><lb/>
            <l>Es wallte dir dein Eingeweide, als du mich &#x017F;ah&#x017F;t in meinem Leide;</l><lb/>
            <l>Ach! gib bey andrer Noth und Schmerz mir auch dein Jammer-volles Herz.</l><lb/>
            <l>Du &#x017F;teh&#x017F;t bey GOtt, mich zu vertreten, laß mich doch auch recht herzlich beten</l><lb/>
            <l>Für Freund und Feind, wie du mich heißt, und gib mir dazu deinen Gei&#x017F;t.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[167/0179] 16. Iun. Ihr Lieben, hat uns GOtt alſo geliebet, ſo ſollen wir uns auch un- ter einander lieben. 1 Joh. 4, 11. Ja liebet eure Feinde, ſegnet, die euch fluchen, thut wohl denen, die euch haſſen, bittet für die, ſo euch beleidigen u. verfolgen, ſo werdet ihr Kinder ſeyn eures Vaters im Himmel. Anders nicht. Heuchler können vieles nachmachen, aber nicht die Feinde von Herzen lieben: nach dieſem prüfe, ob du ein Kind GOttes biſt oder nicht Matth 5, 44. Die Welt glaubts leicht und falſch, Kinder GOttes oft ſchwer ohne Empfindung und im Kampfe: denn macht Satan Chriſto die Kindſchaft ſtreitig, wie nicht vielmehr uns? Doch die Liebe zu Kindern GOttes, * aber auch zu Feinden, iſt ein gewiſſes Kennzeichen der Kind- ſchaft, und gewiſſer als dieſe und jene freudige Empfindung. * 1 Joh. 3, 14. O liebt ich dich recht viel, mein Leben; da du mir haſt ſo viel vergeben! O laß mit reiner Lieb allein mein Herz doch ganz durchgoſſen ſeyn! Ja laß dein Liebes-voll Erbarmen in mir auch Böſ’ und Fromm umarmen, Hilf, daß ich (gib mir Kraft dazu) wie du mir thuſt, auch andern thu! Es wallte dir dein Eingeweide, als du mich ſahſt in meinem Leide; Ach! gib bey andrer Noth und Schmerz mir auch dein Jammer-volles Herz. Du ſtehſt bey GOtt, mich zu vertreten, laß mich doch auch recht herzlich beten Für Freund und Feind, wie du mich heißt, und gib mir dazu deinen Geiſt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bogatzky_gueldenes_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bogatzky_gueldenes_1739/179
Zitationshilfe: Bogatzky, Carl Heinrich von: Güldenes Schatz-Kästlein der Kinder GOttes, deren Schatz im Himmel ist. Halle, 1755, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bogatzky_gueldenes_1739/179>, abgerufen am 17.07.2024.