Bogatzky, Carl Heinrich von: Güldenes Schatz-Kästlein der Kinder GOttes, deren Schatz im Himmel ist. Halle, 1755.21. Maj. Ich bin ein rechter Weinstock, und mein Vater ein Weingärtner. O wie soll ich die Geduld meines Gärtners hoch erheben? Daß er mich noch immer trägt; Ach er trägt den schwächsten Reben. Trifft er gleich viel wilde Ranken, und nur kaum ein Träublein an, Schneidet er ihn doch nicht abe, sieht nur, wie er helfen kan, Daß er mehrer' Früchte bringt. Laß dein Herze nun beschneiden, Und gedenk; Er mein' es wohl, wenn du must sein Messer leiden; Sieh', er zürnt nur mit den Ranken, die nicht fruchtbar sind, allein. Denn wenn er dich wohl beschneidet, wirst du erst recht fruchtbar seyn. 21. Maj. Ich bin ein rechter Weinſtock, und mein Vater ein Weingärtner. O wie ſoll ich die Geduld meines Gärtners hoch erheben? Daß er mich noch immer trägt; Ach er trägt den ſchwächſten Reben. Trifft er gleich viel wilde Ranken, und nur kaum ein Träublein an, Schneidet er ihn doch nicht abe, ſieht nur, wie er helfen kan, Daß er mehrer’ Früchte bringt. Laß dein Herze nun beſchneiden, Und gedenk; Er mein’ es wohl, wenn du muſt ſein Meſſer leiden; Sieh’, er zürnt nur mit den Ranken, die nicht fruchtbar ſind, allein. Denn wenn er dich wohl beſchneidet, wirſt du erſt recht fruchtbar ſeyn. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0153" n="141"/> <div n="2"> <dateline>21. <hi rendition="#aq">Maj.</hi></dateline><lb/> <p><hi rendition="#in">I</hi><hi rendition="#fr">ch bin ein rechter Weinſtock, und mein Vater ein Weingärtner.<lb/> Einen ieglichen Reben an mir, der nicht Frucht bringet, wird<lb/> er wegnehmen; und einen ieglichen, der da Frucht bringet, wird er<lb/> reinigen, daß er mehr Frucht bringe. Bleibet in mir, und Ich in<lb/> euch:</hi> (Denn) <hi rendition="#fr">wer in mir bleibet, und Ich in ihm, der bringet viel<lb/> Frucht.</hi> Joh. 15, 1-5. HErr, dis Wort muß wahr werden: Beugt mich<lb/> gleich itzt meine Dürre. Drum laß mich nur ſtets in dir gläubig und<lb/> gelaſſen bleiben: es ſteht ja allein bey dir, ich kan nichts erzwingen; aber du<lb/> wirſt ſchon mich noch recht erfüllen mit Früchten der Gerechtigkeit: denn du<lb/> u. der Vater werden dadurch geprieſen. O ſo laß nichts an mir, was dich verun-<lb/> ehrt, und mir und andern ſchadet. Was du noch duldeſt, laß zum Beſten dienen.</p><lb/> <lg type="poem"> <l>O wie ſoll ich die Geduld meines Gärtners hoch erheben?</l><lb/> <l>Daß er mich noch immer trägt; Ach er trägt den <hi rendition="#fr">ſchwächſten Reben.</hi></l><lb/> <l>Trifft er gleich viel wilde Ranken, und nur kaum ein Träublein an,</l><lb/> <l>Schneidet er ihn doch nicht abe, ſieht nur, wie er helfen kan,</l><lb/> <l>Daß er mehrer’ Früchte bringt. Laß dein Herze nun beſchneiden,</l><lb/> <l>Und gedenk; Er mein’ es wohl, wenn du muſt ſein Meſſer leiden;</l><lb/> <l>Sieh’, er zürnt nur mit den Ranken, die nicht fruchtbar ſind, allein.</l><lb/> <l>Denn wenn er dich wohl beſchneidet, wirſt du erſt recht fruchtbar ſeyn.</l> </lg> </div><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [141/0153]
21. Maj.
Ich bin ein rechter Weinſtock, und mein Vater ein Weingärtner.
Einen ieglichen Reben an mir, der nicht Frucht bringet, wird
er wegnehmen; und einen ieglichen, der da Frucht bringet, wird er
reinigen, daß er mehr Frucht bringe. Bleibet in mir, und Ich in
euch: (Denn) wer in mir bleibet, und Ich in ihm, der bringet viel
Frucht. Joh. 15, 1-5. HErr, dis Wort muß wahr werden: Beugt mich
gleich itzt meine Dürre. Drum laß mich nur ſtets in dir gläubig und
gelaſſen bleiben: es ſteht ja allein bey dir, ich kan nichts erzwingen; aber du
wirſt ſchon mich noch recht erfüllen mit Früchten der Gerechtigkeit: denn du
u. der Vater werden dadurch geprieſen. O ſo laß nichts an mir, was dich verun-
ehrt, und mir und andern ſchadet. Was du noch duldeſt, laß zum Beſten dienen.
O wie ſoll ich die Geduld meines Gärtners hoch erheben?
Daß er mich noch immer trägt; Ach er trägt den ſchwächſten Reben.
Trifft er gleich viel wilde Ranken, und nur kaum ein Träublein an,
Schneidet er ihn doch nicht abe, ſieht nur, wie er helfen kan,
Daß er mehrer’ Früchte bringt. Laß dein Herze nun beſchneiden,
Und gedenk; Er mein’ es wohl, wenn du muſt ſein Meſſer leiden;
Sieh’, er zürnt nur mit den Ranken, die nicht fruchtbar ſind, allein.
Denn wenn er dich wohl beſchneidet, wirſt du erſt recht fruchtbar ſeyn.
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