schönen Tage Zions kehren zurück und das hohe Lied Salamonis wird ein allerhöchstes Lied werden. Dem armen Magistrate zu Freiberg in Sachsen, der erst kürzlich verordnete, es soll kein Jude ohne Begleitung eines Polizeidieners durch die Stadt reisen, wird es am Halse jucken, denn er wird sehr fürchten den Galgen verdient zu haben. Wehe nun allen, die je einen Juden gehaßt, verfolgt und ge¬ lästert, sie finden keinen Stein in Europa, auf dem sie ihr müdes Haupt niederlegen können. Zwischen Sibirien und der Haus-Vogtei, zwischen Köpenik und Spielberg, lauert auf sie alle zehen Schritte ein Hochverrath, alle zehen Schritte ein Majestätsver¬ brechen. Schon hat sich Deutz bei Gerard sein Porträt bestellt, vor dem jeder, der ihn einmal mit nicht gehöriger Ehrfurcht angesehen, knieend Abbitte thun muß. Der Bundestag wird eine Bundeslade, das Taxische Haus eine Stiftshütte werden, und der rothe Adler-Orden wird erbleichen vor dem Juwelen- Glanze der Urim und Thumim. Ihr Töchter Israels, lernt die Nase rümpfen, Knixe machen und Französisch sprechen! denn Ihr werdet hoffähig werden. Und Ihr, meine guten Deutschen, aller Fürsten treues Volk ruft: es lebe unser viel¬ geliebter DeutzI., der Wiederhersteller der weiblichen Verfassung in ihrer ursprüng¬
ſchönen Tage Zions kehren zurück und das hohe Lied Salamonis wird ein allerhöchſtes Lied werden. Dem armen Magiſtrate zu Freiberg in Sachſen, der erſt kürzlich verordnete, es ſoll kein Jude ohne Begleitung eines Polizeidieners durch die Stadt reiſen, wird es am Halſe jucken, denn er wird ſehr fürchten den Galgen verdient zu haben. Wehe nun allen, die je einen Juden gehaßt, verfolgt und ge¬ läſtert, ſie finden keinen Stein in Europa, auf dem ſie ihr müdes Haupt niederlegen können. Zwiſchen Sibirien und der Haus-Vogtei, zwiſchen Köpenik und Spielberg, lauert auf ſie alle zehen Schritte ein Hochverrath, alle zehen Schritte ein Majeſtätsver¬ brechen. Schon hat ſich Deutz bei Gerard ſein Porträt beſtellt, vor dem jeder, der ihn einmal mit nicht gehöriger Ehrfurcht angeſehen, knieend Abbitte thun muß. Der Bundestag wird eine Bundeslade, das Taxiſche Haus eine Stiftshütte werden, und der rothe Adler-Orden wird erbleichen vor dem Juwelen- Glanze der Urim und Thumim. Ihr Töchter Israels, lernt die Naſe rümpfen, Knixe machen und Franzöſiſch ſprechen! denn Ihr werdet hoffähig werden. Und Ihr, meine guten Deutſchen, aller Fürſten treues Volk ruft: es lebe unſer viel¬ geliebter DeutzI., der Wiederherſteller der weiblichen Verfaſſung in ihrer urſprüng¬
<TEI><text><body><divn="1"><div><p><pbfacs="#f0201"n="189"/>ſchönen Tage Zions kehren zurück und das hohe<lb/>
Lied Salamonis wird ein allerhöchſtes Lied werden.<lb/>
Dem armen Magiſtrate zu Freiberg in Sachſen,<lb/>
der erſt kürzlich verordnete, es ſoll kein Jude ohne<lb/>
Begleitung eines Polizeidieners durch die Stadt<lb/>
reiſen, wird es am Halſe jucken, denn er wird ſehr<lb/>
fürchten den Galgen verdient zu haben. Wehe nun<lb/>
allen, die je einen Juden gehaßt, verfolgt und ge¬<lb/>
läſtert, ſie finden keinen Stein in Europa, auf dem<lb/>ſie ihr müdes Haupt niederlegen können. Zwiſchen<lb/>
Sibirien und der Haus-Vogtei, zwiſchen Köpenik<lb/>
und Spielberg, lauert auf ſie alle zehen Schritte ein<lb/>
Hochverrath, alle zehen Schritte ein Majeſtätsver¬<lb/>
brechen. Schon hat ſich Deutz bei Gerard ſein<lb/>
Porträt beſtellt, vor dem jeder, der ihn einmal mit<lb/>
nicht gehöriger Ehrfurcht angeſehen, knieend Abbitte<lb/>
thun muß. Der Bundestag wird eine Bundeslade,<lb/>
das Taxiſche Haus eine <choice><sic>Stifshütte</sic><corr>Stiftshütte</corr></choice> werden, und der<lb/>
rothe Adler-Orden wird erbleichen vor dem Juwelen-<lb/>
Glanze der <hirendition="#g">Urim</hi> und <hirendition="#g">Thumim</hi>. Ihr Töchter<lb/>
Israels, lernt die Naſe rümpfen, Knixe machen und<lb/>
Franzöſiſch ſprechen! denn Ihr werdet hoffähig<lb/>
werden. Und Ihr, meine guten Deutſchen, aller<lb/>
Fürſten treues Volk ruft: <hirendition="#g">es lebe unſer viel¬<lb/>
geliebter Deutz</hi><hirendition="#aq #g">I</hi>., <hirendition="#g">der Wiederherſteller der<lb/>
weiblichen Verfaſſung in ihrer urſprüng¬<lb/></hi></p></div></div></body></text></TEI>
[189/0201]
ſchönen Tage Zions kehren zurück und das hohe
Lied Salamonis wird ein allerhöchſtes Lied werden.
Dem armen Magiſtrate zu Freiberg in Sachſen,
der erſt kürzlich verordnete, es ſoll kein Jude ohne
Begleitung eines Polizeidieners durch die Stadt
reiſen, wird es am Halſe jucken, denn er wird ſehr
fürchten den Galgen verdient zu haben. Wehe nun
allen, die je einen Juden gehaßt, verfolgt und ge¬
läſtert, ſie finden keinen Stein in Europa, auf dem
ſie ihr müdes Haupt niederlegen können. Zwiſchen
Sibirien und der Haus-Vogtei, zwiſchen Köpenik
und Spielberg, lauert auf ſie alle zehen Schritte ein
Hochverrath, alle zehen Schritte ein Majeſtätsver¬
brechen. Schon hat ſich Deutz bei Gerard ſein
Porträt beſtellt, vor dem jeder, der ihn einmal mit
nicht gehöriger Ehrfurcht angeſehen, knieend Abbitte
thun muß. Der Bundestag wird eine Bundeslade,
das Taxiſche Haus eine Stiftshütte werden, und der
rothe Adler-Orden wird erbleichen vor dem Juwelen-
Glanze der Urim und Thumim. Ihr Töchter
Israels, lernt die Naſe rümpfen, Knixe machen und
Franzöſiſch ſprechen! denn Ihr werdet hoffähig
werden. Und Ihr, meine guten Deutſchen, aller
Fürſten treues Volk ruft: es lebe unſer viel¬
geliebter Deutz I., der Wiederherſteller der
weiblichen Verfaſſung in ihrer urſprüng¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834/201>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.