Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

weil er etwas drucken lassen, was die Gesetze als
Majestäts-Verbrechen erklärt, sind sie es zufrieden
und wenn sie als Deputirte um den Despotismus
herumschleichen, und irgendwo einen Eingang suchen,
und an allen Wegen steht ein Plakat mit den Wor¬
ten: Legaler Weg, nämlich verbotener -- keh¬
ren sie wieder um und glauben das ihrige gethan zu
haben.

Jeder eifrige Volksfreund und Vertheidiger der
Freiheit muß irgend einmal etwas thun, wodurch er
seine Gesinnung öffentlich beurkundet. Er wird et¬
was freisinniger schreiben, etwas drucken lassen, an
einer politischen Versammlung Theil zu nehmen, eine
Protestation gegen eine Maßregel der Tyrannei un¬
terzeichnen, oder etwas anders solcher Art. Alle
diese Handlungen werden von den deutschen peinlichen
Gesetzen als Majestäts-Verbrechen, Staatsverbrechen,
Hochverrath angesehen und bestraft. Also alle Bür¬
ger, die sich solcher Verbrechen schuldig gemacht,
fallen einer Criminal-Untersuchung und einer peinli¬
chen Strafe zu, und sind daher auf ihr ganzes Leben
von der Volksrepräsentation ausgeschlossen. Nun ge¬
schah es, daß für die jetzige Sitzung der Würtem¬
berger Kammer, vier Männer zu Deputirten gewählt
wurden, die viele Jahre vorher beim Demagogischen
Umtriebe in Criminal-Untersuchung waren. Die Re¬
gierung erklärte, diese Wahl sei nach den Gesetzen

weil er etwas drucken laſſen, was die Geſetze als
Majeſtäts-Verbrechen erklärt, ſind ſie es zufrieden
und wenn ſie als Deputirte um den Despotismus
herumſchleichen, und irgendwo einen Eingang ſuchen,
und an allen Wegen ſteht ein Plakat mit den Wor¬
ten: Legaler Weg, nämlich verbotener — keh¬
ren ſie wieder um und glauben das ihrige gethan zu
haben.

Jeder eifrige Volksfreund und Vertheidiger der
Freiheit muß irgend einmal etwas thun, wodurch er
ſeine Geſinnung öffentlich beurkundet. Er wird et¬
was freiſinniger ſchreiben, etwas drucken laſſen, an
einer politiſchen Verſammlung Theil zu nehmen, eine
Proteſtation gegen eine Maßregel der Tyrannei un¬
terzeichnen, oder etwas anders ſolcher Art. Alle
dieſe Handlungen werden von den deutſchen peinlichen
Geſetzen als Majeſtäts-Verbrechen, Staatsverbrechen,
Hochverrath angeſehen und beſtraft. Alſo alle Bür¬
ger, die ſich ſolcher Verbrechen ſchuldig gemacht,
fallen einer Criminal-Unterſuchung und einer peinli¬
chen Strafe zu, und ſind daher auf ihr ganzes Leben
von der Volksrepräſentation ausgeſchloſſen. Nun ge¬
ſchah es, daß für die jetzige Sitzung der Würtem¬
berger Kammer, vier Männer zu Deputirten gewählt
wurden, die viele Jahre vorher beim Demagogiſchen
Umtriebe in Criminal-Unterſuchung waren. Die Re¬
gierung erklärte, dieſe Wahl ſei nach den Geſetzen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div>
          <p><pb facs="#f0162" n="150"/>
weil er etwas drucken la&#x017F;&#x017F;en, was die Ge&#x017F;etze als<lb/>
Maje&#x017F;täts-Verbrechen erklärt, &#x017F;ind &#x017F;ie es zufrieden<lb/>
und wenn &#x017F;ie als Deputirte um den Despotismus<lb/>
herum&#x017F;chleichen, und irgendwo einen Eingang &#x017F;uchen,<lb/>
und an allen Wegen &#x017F;teht ein Plakat mit den Wor¬<lb/>
ten: <hi rendition="#g">Legaler Weg</hi>, nämlich <hi rendition="#g">verbotener</hi> &#x2014; keh¬<lb/>
ren &#x017F;ie wieder um und glauben das ihrige gethan zu<lb/>
haben.</p><lb/>
          <p>Jeder eifrige Volksfreund und Vertheidiger der<lb/>
Freiheit muß irgend einmal etwas thun, wodurch er<lb/>
&#x017F;eine Ge&#x017F;innung öffentlich beurkundet. Er wird et¬<lb/>
was frei&#x017F;inniger &#x017F;chreiben, etwas drucken la&#x017F;&#x017F;en, an<lb/>
einer politi&#x017F;chen Ver&#x017F;ammlung Theil zu nehmen, eine<lb/>
Prote&#x017F;tation gegen eine Maßregel der Tyrannei un¬<lb/>
terzeichnen, oder etwas anders &#x017F;olcher Art. Alle<lb/>
die&#x017F;e Handlungen werden von den deut&#x017F;chen peinlichen<lb/>
Ge&#x017F;etzen als Maje&#x017F;täts-Verbrechen, Staatsverbrechen,<lb/>
Hochverrath ange&#x017F;ehen und be&#x017F;traft. Al&#x017F;o alle Bür¬<lb/>
ger, die &#x017F;ich &#x017F;olcher Verbrechen &#x017F;chuldig gemacht,<lb/>
fallen einer Criminal-Unter&#x017F;uchung und einer peinli¬<lb/>
chen Strafe zu, und &#x017F;ind daher auf ihr ganzes Leben<lb/>
von der Volksreprä&#x017F;entation ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en. Nun ge¬<lb/>
&#x017F;chah es, daß für die jetzige Sitzung der Würtem¬<lb/>
berger Kammer, vier Männer zu Deputirten gewählt<lb/>
wurden, die viele Jahre vorher beim Demagogi&#x017F;chen<lb/>
Umtriebe in Criminal-Unter&#x017F;uchung waren. Die Re¬<lb/>
gierung erklärte, die&#x017F;e Wahl &#x017F;ei nach den Ge&#x017F;etzen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[150/0162] weil er etwas drucken laſſen, was die Geſetze als Majeſtäts-Verbrechen erklärt, ſind ſie es zufrieden und wenn ſie als Deputirte um den Despotismus herumſchleichen, und irgendwo einen Eingang ſuchen, und an allen Wegen ſteht ein Plakat mit den Wor¬ ten: Legaler Weg, nämlich verbotener — keh¬ ren ſie wieder um und glauben das ihrige gethan zu haben. Jeder eifrige Volksfreund und Vertheidiger der Freiheit muß irgend einmal etwas thun, wodurch er ſeine Geſinnung öffentlich beurkundet. Er wird et¬ was freiſinniger ſchreiben, etwas drucken laſſen, an einer politiſchen Verſammlung Theil zu nehmen, eine Proteſtation gegen eine Maßregel der Tyrannei un¬ terzeichnen, oder etwas anders ſolcher Art. Alle dieſe Handlungen werden von den deutſchen peinlichen Geſetzen als Majeſtäts-Verbrechen, Staatsverbrechen, Hochverrath angeſehen und beſtraft. Alſo alle Bür¬ ger, die ſich ſolcher Verbrechen ſchuldig gemacht, fallen einer Criminal-Unterſuchung und einer peinli¬ chen Strafe zu, und ſind daher auf ihr ganzes Leben von der Volksrepräſentation ausgeſchloſſen. Nun ge¬ ſchah es, daß für die jetzige Sitzung der Würtem¬ berger Kammer, vier Männer zu Deputirten gewählt wurden, die viele Jahre vorher beim Demagogiſchen Umtriebe in Criminal-Unterſuchung waren. Die Re¬ gierung erklärte, dieſe Wahl ſei nach den Geſetzen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834/162
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834/162>, abgerufen am 23.11.2024.