der vereinigten Staaten, aus Unzufriedenheit mit ei¬ nem Douanengesetze, das ihrem Handel schadet, sich von der Union gewaltsam loszutrennen droht. Schon fangen die Aristokraten zu jubeln an. "Das Werk Washingtons und Frankreichs stürzt zu¬ sammen;" schon halten die Europäischen Fürsten im Stillen eine Familien-Musterung und vertheilen Ame¬ rika zwischen ihre Ottos, Carls, Wilhelms und Fried¬ richs; schon erkundigt sich Herr von Gagern ver¬ traulich bei Herrn Rothschild, welcher Fürst am mei¬ sten Credit habe, und arbeitet an einer schönen Rede für die hessendarmstädtische Kammer, worin er von der Brüderschaft des Missisippi und des Rheins spricht. Unvergleichlich ist die dumme Naivität mit welcher die Royalisten die Naturnothwendigkeit der monarchischen Regierungen darthun und ihre feste Hoffnung aus¬ drücken, daß Gott in seiner Barmherzigkeit auch bald den amerikanischen Völkern Könige verleihen werde. Sie sagen: ein Staat in seiner Kindheit und in seinem Greisenalter könne der Monarchie nicht ent¬ behren. O! zugegeben mit tausend Freuden. Aber was folgt daraus? daß eine Monarchie nichts als eine Laufbank oder eine Krücke ist, und daß wenn man der Laufbank nicht mehr und der Krücke noch nicht bedarf, man keine Könige braucht. Ich gebe ihnen mehr zu als sie verlangen, und bekenne daß die Staaten nicht blos in ihren Kinderjahren und im
der vereinigten Staaten, aus Unzufriedenheit mit ei¬ nem Douanengeſetze, das ihrem Handel ſchadet, ſich von der Union gewaltſam loszutrennen droht. Schon fangen die Ariſtokraten zu jubeln an. „Das Werk Waſhingtons und Frankreichs ſtürzt zu¬ ſammen;“ ſchon halten die Europäiſchen Fürſten im Stillen eine Familien-Muſterung und vertheilen Ame¬ rika zwiſchen ihre Ottos, Carls, Wilhelms und Fried¬ richs; ſchon erkundigt ſich Herr von Gagern ver¬ traulich bei Herrn Rothſchild, welcher Fürſt am mei¬ ſten Credit habe, und arbeitet an einer ſchönen Rede für die heſſendarmſtädtiſche Kammer, worin er von der Brüderſchaft des Miſſiſippi und des Rheins ſpricht. Unvergleichlich iſt die dumme Naivität mit welcher die Royaliſten die Naturnothwendigkeit der monarchiſchen Regierungen darthun und ihre feſte Hoffnung aus¬ drücken, daß Gott in ſeiner Barmherzigkeit auch bald den amerikaniſchen Völkern Könige verleihen werde. Sie ſagen: ein Staat in ſeiner Kindheit und in ſeinem Greiſenalter könne der Monarchie nicht ent¬ behren. O! zugegeben mit tauſend Freuden. Aber was folgt daraus? daß eine Monarchie nichts als eine Laufbank oder eine Krücke iſt, und daß wenn man der Laufbank nicht mehr und der Krücke noch nicht bedarf, man keine Könige braucht. Ich gebe ihnen mehr zu als ſie verlangen, und bekenne daß die Staaten nicht blos in ihren Kinderjahren und im
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der vereinigten Staaten, aus Unzufriedenheit mit ei¬
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fangen die Ariſtokraten zu jubeln an. „Das Werk
Waſhingtons und Frankreichs ſtürzt zu¬
ſammen;“ ſchon halten die Europäiſchen Fürſten im
Stillen eine Familien-Muſterung und vertheilen Ame¬
rika zwiſchen ihre Ottos, Carls, Wilhelms und Fried¬
richs; ſchon erkundigt ſich Herr von Gagern ver¬
traulich bei Herrn Rothſchild, welcher Fürſt am mei¬
ſten Credit habe, und arbeitet an einer ſchönen Rede
für die heſſendarmſtädtiſche Kammer, worin er von
der Brüderſchaft des Miſſiſippi und des Rheins ſpricht.
Unvergleichlich iſt die dumme Naivität mit welcher die
Royaliſten die Naturnothwendigkeit der monarchiſchen
Regierungen darthun und ihre feſte Hoffnung aus¬
drücken, daß Gott in ſeiner Barmherzigkeit auch bald
den amerikaniſchen Völkern Könige verleihen werde.
Sie ſagen: ein Staat in ſeiner Kindheit und in
ſeinem Greiſenalter könne der Monarchie nicht ent¬
behren. O! zugegeben mit tauſend Freuden. Aber
was folgt daraus? daß eine Monarchie nichts als
eine Laufbank oder eine Krücke iſt, und daß wenn
man der Laufbank nicht mehr und der Krücke noch
nicht bedarf, man keine Könige braucht. Ich gebe
ihnen mehr zu als ſie verlangen, und bekenne daß
die Staaten nicht blos in ihren Kinderjahren und im
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834/224>, abgerufen am 16.02.2025.
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