Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834.Samstag, den 5. Januar. Am Neujahrstage -- o! Man könnte den Samſtag, den 5. Januar. Am Neujahrstage — o! Man könnte den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0184" n="172"/> <div> <dateline rendition="#right">Samſtag, den 5. Januar.</dateline><lb/> <p>Am Neujahrstage — o! Man könnte den<lb/> Verſtand darüber verlieren. Die Juli-Revolution,<lb/> ein Zorn-Vulkan von dem Himmel ſelbſt geladen, da¬<lb/> mit die Könige zu ſchrecken und zu ſtrafen, iſt ein<lb/> waſſerſpeiender Berg geworden, den Völkern zum<lb/> Verdruße und den Fürſten zum Geſpötte! Ich<lb/> fürchte, daß ich aus Verzweiflung noch ein Dichter<lb/> werde und mich blamire. Am Neujahrstage, dieſem<lb/> monarchiſchen Erndtefeſte überall wo Land und Gut<lb/> des Volks, das Landgut des Fürſten bilden, haben<lb/> Philipps Knechte, die ſchweren Garben Frankreichs,<lb/> ſein Glück und ſeinen Ruhm, ſeine Tugend und<lb/> ſeine Ehre, ſeine Roſen und ſeine Lorbeeren — ha¬<lb/> ben das duftende Heu der dürren Rednerblumen ihm<lb/> auf Wagen jauchzend in den Hof gefahren. Feld<lb/> und Wieſe, alles dem König; wer nicht ſein Kind<lb/> iſt, iſt ſein Knecht. Man ſchämt ſich ein Menſch<lb/> zu ſein. Wer weiß, ob nicht das Pferd in edlem<lb/> Zorne ſeinem Reuter flucht; nur verſtehen wir ſein<lb/> Wiehern nicht. Aber das gezäumte Menſchenvolk<lb/> küßt die Sporen ſeines Reiters. Sie haben den<lb/> König <hi rendition="#g">Vater des Vaterlands</hi> genannt: dies<lb/> Findelkind vom Greve-Platze! Das franzöſiſche<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [172/0184]
Samſtag, den 5. Januar.
Am Neujahrstage — o! Man könnte den
Verſtand darüber verlieren. Die Juli-Revolution,
ein Zorn-Vulkan von dem Himmel ſelbſt geladen, da¬
mit die Könige zu ſchrecken und zu ſtrafen, iſt ein
waſſerſpeiender Berg geworden, den Völkern zum
Verdruße und den Fürſten zum Geſpötte! Ich
fürchte, daß ich aus Verzweiflung noch ein Dichter
werde und mich blamire. Am Neujahrstage, dieſem
monarchiſchen Erndtefeſte überall wo Land und Gut
des Volks, das Landgut des Fürſten bilden, haben
Philipps Knechte, die ſchweren Garben Frankreichs,
ſein Glück und ſeinen Ruhm, ſeine Tugend und
ſeine Ehre, ſeine Roſen und ſeine Lorbeeren — ha¬
ben das duftende Heu der dürren Rednerblumen ihm
auf Wagen jauchzend in den Hof gefahren. Feld
und Wieſe, alles dem König; wer nicht ſein Kind
iſt, iſt ſein Knecht. Man ſchämt ſich ein Menſch
zu ſein. Wer weiß, ob nicht das Pferd in edlem
Zorne ſeinem Reuter flucht; nur verſtehen wir ſein
Wiehern nicht. Aber das gezäumte Menſchenvolk
küßt die Sporen ſeines Reiters. Sie haben den
König Vater des Vaterlands genannt: dies
Findelkind vom Greve-Platze! Das franzöſiſche
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