Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833.

Bild:
<< vorherige Seite

In der nämlichen Stuttgarter Zeitung, in wel¬
cher Herr Pittschaft sein Herz erleichtert, standen
auch kurz vorher zwei Briefe, welche Herr Wurm,
der Redakteur der Börsenhalle, einer der verlornen
Vorposten der feindlichen Armee, und Herr Mebold,
Redakteur der Stuttgarter Zeitung, wegen meiner
gewechselt. Herr Mebold hatte früher etwas zu
meiner Vertheidigung gegen Herrn Wurm, seinen al¬
ten Freund und Dutzbruder, in seinem Blatte ge¬
schrieben. Herr Wurm beklagt sich darüber und
frägt seinen alten Freund: wie er ihn nur verkennen
möge, ihn einen freisinnigen Mann, einen Patrioten,
der "gegenwärtig an einem Kommentar über
Preßgesetzgebung nach englischen und ame¬
rikanischen Grundsätzen arbeitet
?" Ist das
nicht wieder recht schön deutsch; während die Frei¬
heit sich auf dem Schlachtfelde verblutet, statt sie zu
verbinden und zu rächen, an einer Chirurgie nach
englischen und amerikanischen Grundsätzen zu schrei¬
ben? Auch Herr Dr. Schott in Stuttgart, ein
sehr achtungswürdiger freisinniger Mann, Chef der
dortigen liberalen Parthei, schrieb seinem Freunde
Wurm einen Brief, den ich Ihnen mittheilen will.
"Mein lieber Freund! da Sie in dem Schreiben an


In der nämlichen Stuttgarter Zeitung, in wel¬
cher Herr Pittſchaft ſein Herz erleichtert, ſtanden
auch kurz vorher zwei Briefe, welche Herr Wurm,
der Redakteur der Börſenhalle, einer der verlornen
Vorpoſten der feindlichen Armee, und Herr Mebold,
Redakteur der Stuttgarter Zeitung, wegen meiner
gewechſelt. Herr Mebold hatte früher etwas zu
meiner Vertheidigung gegen Herrn Wurm, ſeinen al¬
ten Freund und Dutzbruder, in ſeinem Blatte ge¬
ſchrieben. Herr Wurm beklagt ſich darüber und
frägt ſeinen alten Freund: wie er ihn nur verkennen
möge, ihn einen freiſinnigen Mann, einen Patrioten,
der „gegenwärtig an einem Kommentar über
Preßgeſetzgebung nach engliſchen und ame¬
rikaniſchen Grundſätzen arbeitet
?“ Iſt das
nicht wieder recht ſchön deutſch; während die Frei¬
heit ſich auf dem Schlachtfelde verblutet, ſtatt ſie zu
verbinden und zu rächen, an einer Chirurgie nach
engliſchen und amerikaniſchen Grundſätzen zu ſchrei¬
ben? Auch Herr Dr. Schott in Stuttgart, ein
ſehr achtungswürdiger freiſinniger Mann, Chef der
dortigen liberalen Parthei, ſchrieb ſeinem Freunde
Wurm einen Brief, den ich Ihnen mittheilen will.
„Mein lieber Freund! da Sie in dem Schreiben an

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0087" n="73"/>
        <div>
          <dateline> <hi rendition="#right">Montag, den 16. Januar.</hi> </dateline><lb/>
          <p>In der nämlichen Stuttgarter Zeitung, in wel¬<lb/>
cher Herr Pitt&#x017F;chaft &#x017F;ein Herz erleichtert, &#x017F;tanden<lb/>
auch kurz vorher zwei Briefe, welche Herr <hi rendition="#g">Wurm</hi>,<lb/>
der Redakteur der Bör&#x017F;enhalle, einer der verlornen<lb/>
Vorpo&#x017F;ten der feindlichen Armee, und Herr <hi rendition="#g">Mebold</hi>,<lb/>
Redakteur der Stuttgarter Zeitung, wegen meiner<lb/>
gewech&#x017F;elt. Herr Mebold hatte früher etwas zu<lb/>
meiner Vertheidigung gegen Herrn Wurm, &#x017F;einen al¬<lb/>
ten Freund und Dutzbruder, in &#x017F;einem Blatte ge¬<lb/>
&#x017F;chrieben. Herr Wurm beklagt &#x017F;ich darüber und<lb/>
frägt &#x017F;einen alten Freund: wie er ihn nur verkennen<lb/>
möge, ihn einen frei&#x017F;innigen Mann, einen Patrioten,<lb/>
der &#x201E;<hi rendition="#g">gegenwärtig an einem Kommentar über<lb/>
Preßge&#x017F;etzgebung nach engli&#x017F;chen und ame¬<lb/>
rikani&#x017F;chen Grund&#x017F;ätzen arbeitet</hi>?&#x201C; I&#x017F;t das<lb/>
nicht wieder recht &#x017F;chön deut&#x017F;ch; während die Frei¬<lb/>
heit &#x017F;ich auf dem Schlachtfelde verblutet, &#x017F;tatt &#x017F;ie zu<lb/>
verbinden und zu rächen, an einer Chirurgie nach<lb/>
engli&#x017F;chen und amerikani&#x017F;chen Grund&#x017F;ätzen zu &#x017F;chrei¬<lb/>
ben? Auch Herr <hi rendition="#aq">Dr.</hi> <hi rendition="#g">Schott</hi> in Stuttgart, ein<lb/>
&#x017F;ehr achtungswürdiger frei&#x017F;inniger Mann, Chef der<lb/>
dortigen liberalen Parthei, &#x017F;chrieb &#x017F;einem Freunde<lb/>
Wurm einen Brief, den ich Ihnen mittheilen will.<lb/>
&#x201E;Mein lieber Freund! da Sie in dem Schreiben an<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[73/0087] Montag, den 16. Januar. In der nämlichen Stuttgarter Zeitung, in wel¬ cher Herr Pittſchaft ſein Herz erleichtert, ſtanden auch kurz vorher zwei Briefe, welche Herr Wurm, der Redakteur der Börſenhalle, einer der verlornen Vorpoſten der feindlichen Armee, und Herr Mebold, Redakteur der Stuttgarter Zeitung, wegen meiner gewechſelt. Herr Mebold hatte früher etwas zu meiner Vertheidigung gegen Herrn Wurm, ſeinen al¬ ten Freund und Dutzbruder, in ſeinem Blatte ge¬ ſchrieben. Herr Wurm beklagt ſich darüber und frägt ſeinen alten Freund: wie er ihn nur verkennen möge, ihn einen freiſinnigen Mann, einen Patrioten, der „gegenwärtig an einem Kommentar über Preßgeſetzgebung nach engliſchen und ame¬ rikaniſchen Grundſätzen arbeitet?“ Iſt das nicht wieder recht ſchön deutſch; während die Frei¬ heit ſich auf dem Schlachtfelde verblutet, ſtatt ſie zu verbinden und zu rächen, an einer Chirurgie nach engliſchen und amerikaniſchen Grundſätzen zu ſchrei¬ ben? Auch Herr Dr. Schott in Stuttgart, ein ſehr achtungswürdiger freiſinniger Mann, Chef der dortigen liberalen Parthei, ſchrieb ſeinem Freunde Wurm einen Brief, den ich Ihnen mittheilen will. „Mein lieber Freund! da Sie in dem Schreiben an

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/87
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/87>, abgerufen am 24.11.2024.