Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833.

Bild:
<< vorherige Seite
Zwanzigster Brief.

Gestern war ich wieder bei dem monatlichen
encyclopädischen Diner. Die Gesellschaft war gut,
das Essen schlecht. Es compensirt sich alles; bei
den Aristokraten speißt man besser. Ich habe mich
viel mit Polen unterhalten, mit den Generalen Lan¬
german und Uminski. Letzterer war erfreut, mich
kennen zu lernen; er hatte in Strasburg meine
Briefe gelesen. Mehreren Anwesenden wurde ich
vorgestellt als ein Allemand tres destingue. Bei
Tische wieder die gewöhnlichen Toasts auf alle Völ¬
ker des Erdenrundes und die Deutschen zuletzt, wie
immer. Jullien hat eine halbe Stunde sehr schön
gesprochen. Der Trink-Refrain a l'union des
peuples
kettete Volk an Volk, und nahm sich in der
Wiederholung recht musikalisch aus. Und wäre es
auch blos eine Komödie -- ist nicht die Bühne eine

Zwanzigſter Brief.

Geſtern war ich wieder bei dem monatlichen
encyclopädiſchen Diner. Die Geſellſchaft war gut,
das Eſſen ſchlecht. Es compenſirt ſich alles; bei
den Ariſtokraten ſpeißt man beſſer. Ich habe mich
viel mit Polen unterhalten, mit den Generalen Lan¬
german und Uminski. Letzterer war erfreut, mich
kennen zu lernen; er hatte in Strasburg meine
Briefe geleſen. Mehreren Anweſenden wurde ich
vorgeſtellt als ein Allemand très destingué. Bei
Tiſche wieder die gewöhnlichen Toaſts auf alle Völ¬
ker des Erdenrundes und die Deutſchen zuletzt, wie
immer. Jullien hat eine halbe Stunde ſehr ſchön
geſprochen. Der Trink-Refrain à l'union des
peuples
kettete Volk an Volk, und nahm ſich in der
Wiederholung recht muſikaliſch aus. Und wäre es
auch blos eine Komödie — iſt nicht die Bühne eine

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0067" n="[53]"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b #g">Zwanzig&#x017F;ter Brief.</hi><lb/>
          </head>
          <dateline> <hi rendition="#right">Paris, Mittwoch, den 11. Januar 1832.</hi> </dateline><lb/>
          <p>Ge&#x017F;tern war ich wieder bei dem monatlichen<lb/>
encyclopädi&#x017F;chen Diner. Die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft war gut,<lb/>
das E&#x017F;&#x017F;en &#x017F;chlecht. Es compen&#x017F;irt &#x017F;ich alles; bei<lb/>
den Ari&#x017F;tokraten &#x017F;peißt man be&#x017F;&#x017F;er. Ich habe mich<lb/>
viel mit Polen unterhalten, mit den Generalen Lan¬<lb/>
german und Uminski. Letzterer war erfreut, mich<lb/>
kennen zu lernen; er hatte in Strasburg meine<lb/>
Briefe gele&#x017F;en. Mehreren Anwe&#x017F;enden wurde ich<lb/>
vorge&#x017F;tellt als ein Allemand <hi rendition="#aq">très destingué</hi>. Bei<lb/>
Ti&#x017F;che wieder die gewöhnlichen Toa&#x017F;ts auf alle Völ¬<lb/>
ker des Erdenrundes und die Deut&#x017F;chen zuletzt, wie<lb/>
immer. Jullien hat eine halbe Stunde &#x017F;ehr &#x017F;chön<lb/>
ge&#x017F;prochen. Der Trink-Refrain <hi rendition="#aq">à l'union des<lb/>
peuples</hi> kettete Volk an Volk, und nahm &#x017F;ich in der<lb/>
Wiederholung recht mu&#x017F;ikali&#x017F;ch aus. Und wäre es<lb/>
auch blos eine Komödie &#x2014; i&#x017F;t nicht die Bühne eine<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[53]/0067] Zwanzigſter Brief. Paris, Mittwoch, den 11. Januar 1832. Geſtern war ich wieder bei dem monatlichen encyclopädiſchen Diner. Die Geſellſchaft war gut, das Eſſen ſchlecht. Es compenſirt ſich alles; bei den Ariſtokraten ſpeißt man beſſer. Ich habe mich viel mit Polen unterhalten, mit den Generalen Lan¬ german und Uminski. Letzterer war erfreut, mich kennen zu lernen; er hatte in Strasburg meine Briefe geleſen. Mehreren Anweſenden wurde ich vorgeſtellt als ein Allemand très destingué. Bei Tiſche wieder die gewöhnlichen Toaſts auf alle Völ¬ ker des Erdenrundes und die Deutſchen zuletzt, wie immer. Jullien hat eine halbe Stunde ſehr ſchön geſprochen. Der Trink-Refrain à l'union des peuples kettete Volk an Volk, und nahm ſich in der Wiederholung recht muſikaliſch aus. Und wäre es auch blos eine Komödie — iſt nicht die Bühne eine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/67
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. [53]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/67>, abgerufen am 22.11.2024.