Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833.

Bild:
<< vorherige Seite

Schenkt diesen Einflüsterungen kein Gehör, ge¬
liebte Glaubensgenossen! So sprechen jene nur, um
Bürger von Bürger zu trennen, damit sie das so
getrennte, sich wechselseitig mistrauende Volk leichter
nach ihrer Willkühr beherrschen können. Tretet dem
Bunde bei. Die Freiheit der Presse gründet die
Herrschaft der Vernunft, und unter dieser Herrschaft
sind Alle gleich, giebt es keine Knechte.

Sie aber, würdige und muthige Männer, die
für das deutsche Volk das Wort genommen, sprechen
Sie es aus, was unsere Glaubensgenossen zu er¬
warten haben von der Freiheit des Vaterlandes.
Reden Sie klar und offen, nicht für uns, nur für
die Andern, die ängstlich noch zurückgeblieben.

Doch wie auch Ihre Antwort günstig oder nicht,
wir treten nicht zurück. Als die Polen ihren Kampf
begannen, so erhaben er auch war, lud man dort die
Juden nur zum Kampfe ein, aber nicht einmal zur
Hoffnung der Siegesbeute. Polen unterlag! Be¬
ginnt jetzt Euren Kampf, wir theilen ihn und ver¬
trauen auf Gott. Wir wissen: das Schuldbuch des
Himmels hat nur noch wenige leere Blätter, die
Thorheiten und Sünden der Menschen in Rechnung
zu bringen. Dem Undanke, dem verrathenen Ver¬
trauen folgt bald die Strafe nach. Ihr werdet frei
mit uns, oder Ihr werdet nicht frei.

Euch aber, geliebte Glaubensgenossen, sey es

lV. 16

Schenkt dieſen Einflüſterungen kein Gehör, ge¬
liebte Glaubensgenoſſen! So ſprechen jene nur, um
Bürger von Bürger zu trennen, damit ſie das ſo
getrennte, ſich wechſelſeitig mistrauende Volk leichter
nach ihrer Willkühr beherrſchen können. Tretet dem
Bunde bei. Die Freiheit der Preſſe gründet die
Herrſchaft der Vernunft, und unter dieſer Herrſchaft
ſind Alle gleich, giebt es keine Knechte.

Sie aber, würdige und muthige Männer, die
für das deutſche Volk das Wort genommen, ſprechen
Sie es aus, was unſere Glaubensgenoſſen zu er¬
warten haben von der Freiheit des Vaterlandes.
Reden Sie klar und offen, nicht für uns, nur für
die Andern, die ängſtlich noch zurückgeblieben.

Doch wie auch Ihre Antwort günſtig oder nicht,
wir treten nicht zurück. Als die Polen ihren Kampf
begannen, ſo erhaben er auch war, lud man dort die
Juden nur zum Kampfe ein, aber nicht einmal zur
Hoffnung der Siegesbeute. Polen unterlag! Be¬
ginnt jetzt Euren Kampf, wir theilen ihn und ver¬
trauen auf Gott. Wir wiſſen: das Schuldbuch des
Himmels hat nur noch wenige leere Blätter, die
Thorheiten und Sünden der Menſchen in Rechnung
zu bringen. Dem Undanke, dem verrathenen Ver¬
trauen folgt bald die Strafe nach. Ihr werdet frei
mit uns, oder Ihr werdet nicht frei.

Euch aber, geliebte Glaubensgenoſſen, ſey es

lV. 16
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0255" n="241"/>
            <p>Schenkt die&#x017F;en Einflü&#x017F;terungen kein Gehör, ge¬<lb/>
liebte Glaubensgeno&#x017F;&#x017F;en! So &#x017F;prechen jene nur, um<lb/>
Bürger von Bürger zu trennen, damit &#x017F;ie das &#x017F;o<lb/>
getrennte, &#x017F;ich wech&#x017F;el&#x017F;eitig mistrauende Volk leichter<lb/>
nach ihrer Willkühr beherr&#x017F;chen können. Tretet dem<lb/>
Bunde bei. Die Freiheit der Pre&#x017F;&#x017F;e gründet die<lb/>
Herr&#x017F;chaft der Vernunft, und unter die&#x017F;er Herr&#x017F;chaft<lb/>
&#x017F;ind Alle gleich, giebt es keine Knechte.</p><lb/>
            <p>Sie aber, würdige und muthige Männer, die<lb/>
für das deut&#x017F;che Volk das Wort genommen, &#x017F;prechen<lb/>
Sie es aus, was un&#x017F;ere Glaubensgeno&#x017F;&#x017F;en zu er¬<lb/>
warten haben von der Freiheit des Vaterlandes.<lb/>
Reden Sie klar und offen, nicht für uns, nur für<lb/>
die Andern, die äng&#x017F;tlich noch zurückgeblieben.</p><lb/>
            <p>Doch wie auch Ihre Antwort gün&#x017F;tig oder nicht,<lb/><hi rendition="#g">wir</hi> treten nicht zurück. Als die Polen ihren Kampf<lb/>
begannen, &#x017F;o erhaben er auch war, lud man dort die<lb/>
Juden nur zum Kampfe ein, aber nicht einmal zur<lb/>
Hoffnung der Siegesbeute. Polen unterlag! Be¬<lb/>
ginnt jetzt Euren Kampf, wir theilen ihn und ver¬<lb/>
trauen auf Gott. Wir wi&#x017F;&#x017F;en: das Schuldbuch des<lb/>
Himmels hat nur noch wenige leere Blätter, die<lb/>
Thorheiten und Sünden der Men&#x017F;chen in Rechnung<lb/>
zu bringen. Dem Undanke, dem verrathenen Ver¬<lb/>
trauen folgt bald die Strafe nach. Ihr werdet frei<lb/><hi rendition="#g">mit</hi> uns, oder Ihr werdet <hi rendition="#g">nicht</hi> frei.</p><lb/>
            <p>Euch aber, geliebte Glaubensgeno&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ey es<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">lV</hi>. 16<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[241/0255] Schenkt dieſen Einflüſterungen kein Gehör, ge¬ liebte Glaubensgenoſſen! So ſprechen jene nur, um Bürger von Bürger zu trennen, damit ſie das ſo getrennte, ſich wechſelſeitig mistrauende Volk leichter nach ihrer Willkühr beherrſchen können. Tretet dem Bunde bei. Die Freiheit der Preſſe gründet die Herrſchaft der Vernunft, und unter dieſer Herrſchaft ſind Alle gleich, giebt es keine Knechte. Sie aber, würdige und muthige Männer, die für das deutſche Volk das Wort genommen, ſprechen Sie es aus, was unſere Glaubensgenoſſen zu er¬ warten haben von der Freiheit des Vaterlandes. Reden Sie klar und offen, nicht für uns, nur für die Andern, die ängſtlich noch zurückgeblieben. Doch wie auch Ihre Antwort günſtig oder nicht, wir treten nicht zurück. Als die Polen ihren Kampf begannen, ſo erhaben er auch war, lud man dort die Juden nur zum Kampfe ein, aber nicht einmal zur Hoffnung der Siegesbeute. Polen unterlag! Be¬ ginnt jetzt Euren Kampf, wir theilen ihn und ver¬ trauen auf Gott. Wir wiſſen: das Schuldbuch des Himmels hat nur noch wenige leere Blätter, die Thorheiten und Sünden der Menſchen in Rechnung zu bringen. Dem Undanke, dem verrathenen Ver¬ trauen folgt bald die Strafe nach. Ihr werdet frei mit uns, oder Ihr werdet nicht frei. Euch aber, geliebte Glaubensgenoſſen, ſey es lV. 16

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/255
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/255>, abgerufen am 05.05.2024.