Billet dazu verschaffen, wie zum Theater; aber ich wollte nicht. Ich will nicht wandeln, wo Sünder gehen, und mich nicht setzen, wo Spötter sitzen.
-- Bei dem Anlasse neulich, wo die Simoni¬ sten in die rauhen Fäuste der Gewalt gefallen, haben sich die Franzosen hier wieder auf eine sehr liebens¬ würdige Art gezeigt. Die öffentliche Meynung war zum großen Theile gegen die Simonisten; fast alle Blätter, am meisten aber die Liberalen, waren ihnen entgegen. Der Figaro besonders, dieses reiche Na¬ delkissen, stach sie täglich auf das grausamste. Aber seit dem Tage, daß die Regierung sich plump, wie jede, in ein zartes Verhältniß des Geistes gemischt, hat sich alles geändert. Alle bisher feindlichen Blät¬ ter nehmen sich der Simonisten auf das freundlichste an. Der Figaro erklärt auf eine edle und rüh¬ rende Weise, er werde von nun an kein Wort mehr gegen sie schreiben, sondern all seinen Spott der rohen Gewalt zuwenden. Ein Blatt für die prote¬ stantischen Interessen, das die religiöse Lehre der Simonisten stets mit Kraft und Ernst bekämpft, machte gleich am andern Morgen bekannt, es ent¬ sage von nun an seinem Kriege, und werde die Waffe nun gegen die gemeinschaftlichen Feinde füh¬ ren. Ein Mann, der eine Schrift gegen die Simo¬ nisten zum Drucke fertig hatte, erklärte öffentlich, er werde sie unter solchen Verhältnissen nicht bekannt
IV. 9
Billet dazu verſchaffen, wie zum Theater; aber ich wollte nicht. Ich will nicht wandeln, wo Sünder gehen, und mich nicht ſetzen, wo Spötter ſitzen.
— Bei dem Anlaſſe neulich, wo die Simoni¬ ſten in die rauhen Fäuſte der Gewalt gefallen, haben ſich die Franzoſen hier wieder auf eine ſehr liebens¬ würdige Art gezeigt. Die öffentliche Meynung war zum großen Theile gegen die Simoniſten; faſt alle Blätter, am meiſten aber die Liberalen, waren ihnen entgegen. Der Figaro beſonders, dieſes reiche Na¬ delkiſſen, ſtach ſie täglich auf das grauſamſte. Aber ſeit dem Tage, daß die Regierung ſich plump, wie jede, in ein zartes Verhältniß des Geiſtes gemiſcht, hat ſich alles geändert. Alle bisher feindlichen Blät¬ ter nehmen ſich der Simoniſten auf das freundlichſte an. Der Figaro erklärt auf eine edle und rüh¬ rende Weiſe, er werde von nun an kein Wort mehr gegen ſie ſchreiben, ſondern all ſeinen Spott der rohen Gewalt zuwenden. Ein Blatt für die prote¬ ſtantiſchen Intereſſen, das die religiöſe Lehre der Simoniſten ſtets mit Kraft und Ernſt bekämpft, machte gleich am andern Morgen bekannt, es ent¬ ſage von nun an ſeinem Kriege, und werde die Waffe nun gegen die gemeinſchaftlichen Feinde füh¬ ren. Ein Mann, der eine Schrift gegen die Simo¬ niſten zum Drucke fertig hatte, erklärte öffentlich, er werde ſie unter ſolchen Verhältniſſen nicht bekannt
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Billet dazu verſchaffen, wie zum Theater; aber ich
wollte nicht. Ich will nicht wandeln, wo Sünder
gehen, und mich nicht ſetzen, wo Spötter ſitzen.
— Bei dem Anlaſſe neulich, wo die Simoni¬
ſten in die rauhen Fäuſte der Gewalt gefallen, haben
ſich die Franzoſen hier wieder auf eine ſehr liebens¬
würdige Art gezeigt. Die öffentliche Meynung war
zum großen Theile gegen die Simoniſten; faſt alle
Blätter, am meiſten aber die Liberalen, waren ihnen
entgegen. Der Figaro beſonders, dieſes reiche Na¬
delkiſſen, ſtach ſie täglich auf das grauſamſte. Aber
ſeit dem Tage, daß die Regierung ſich plump, wie
jede, in ein zartes Verhältniß des Geiſtes gemiſcht,
hat ſich alles geändert. Alle bisher feindlichen Blät¬
ter nehmen ſich der Simoniſten auf das freundlichſte
an. Der Figaro erklärt auf eine edle und rüh¬
rende Weiſe, er werde von nun an kein Wort mehr
gegen ſie ſchreiben, ſondern all ſeinen Spott der
rohen Gewalt zuwenden. Ein Blatt für die prote¬
ſtantiſchen Intereſſen, das die religiöſe Lehre der
Simoniſten ſtets mit Kraft und Ernſt bekämpft,
machte gleich am andern Morgen bekannt, es ent¬
ſage von nun an ſeinem Kriege, und werde die
Waffe nun gegen die gemeinſchaftlichen Feinde füh¬
ren. Ein Mann, der eine Schrift gegen die Simo¬
niſten zum Drucke fertig hatte, erklärte öffentlich, er
werde ſie unter ſolchen Verhältniſſen nicht bekannt
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/143>, abgerufen am 17.07.2024.
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