Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832.Mittwoch, den 23. März. Ich war wieder einmal im Theater gewesen. Mittwoch, den 23. März. Ich war wieder einmal im Theater geweſen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0199" n="185"/> <div> <dateline> <hi rendition="#right">Mittwoch, den 23. März.</hi> </dateline><lb/> <p>Ich war wieder einmal im Theater geweſen.<lb/> Bin ich nicht ein fleißiger Junge? Im Vaudeville<lb/> habe ich zwei Stücke geſehen <hi rendition="#aq">Madame Dubarry</hi> und<lb/><hi rendition="#aq">le bal d'Ouvriers</hi>. Die iſt eine andere Dubarry,<lb/> als die, von der ich neulich berichtet und die im<lb/> Ambigü aufgeführt wird. Es iſt ein Luſtſpiel im<lb/> höheren Style, vom bekannten Ancelot, dem Akade¬<lb/> miker. Ancelot's Komödie hat ungemeinen Beyfall<lb/> gefunden, ſie wird ſeit drei Wochen täglich gegeben<lb/> und das Haus iſt jedes mal toll und voll. Die<lb/> Komödie gefiel mir auch, nur durch andere Mittel<lb/> als ſie den Franzoſen gefällt. Dieſe haben ihre<lb/> ſchlichte Freude daran, ich aber habe den Humor<lb/> davon. Dem Stücke, um gut zu ſeyn, fehlt nichts<lb/> als deutſches Klima! hier iſt es nur ein Treibhaus¬<lb/> gewächs. Es kommt erſtaunlich viel Sentimentalität<lb/> darin vor; aber wenn franzöſiſche Dichter und<lb/> Schauſpieler Sentimentales darſtellen, machen ſie ein<lb/> Geſicht dazu, als hätten ſie Leibſchmerzen, und man<lb/> möchte ihnen ſtatt Thränen Kamillenthee ſchenken.<lb/> Stellen Sie ſich vor: die Dubarry erinnerte ſich<lb/> mit Wehmuth ihrer ſchuldloſen Jugendjahre, da ſie<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [185/0199]
Mittwoch, den 23. März.
Ich war wieder einmal im Theater geweſen.
Bin ich nicht ein fleißiger Junge? Im Vaudeville
habe ich zwei Stücke geſehen Madame Dubarry und
le bal d'Ouvriers. Die iſt eine andere Dubarry,
als die, von der ich neulich berichtet und die im
Ambigü aufgeführt wird. Es iſt ein Luſtſpiel im
höheren Style, vom bekannten Ancelot, dem Akade¬
miker. Ancelot's Komödie hat ungemeinen Beyfall
gefunden, ſie wird ſeit drei Wochen täglich gegeben
und das Haus iſt jedes mal toll und voll. Die
Komödie gefiel mir auch, nur durch andere Mittel
als ſie den Franzoſen gefällt. Dieſe haben ihre
ſchlichte Freude daran, ich aber habe den Humor
davon. Dem Stücke, um gut zu ſeyn, fehlt nichts
als deutſches Klima! hier iſt es nur ein Treibhaus¬
gewächs. Es kommt erſtaunlich viel Sentimentalität
darin vor; aber wenn franzöſiſche Dichter und
Schauſpieler Sentimentales darſtellen, machen ſie ein
Geſicht dazu, als hätten ſie Leibſchmerzen, und man
möchte ihnen ſtatt Thränen Kamillenthee ſchenken.
Stellen Sie ſich vor: die Dubarry erinnerte ſich
mit Wehmuth ihrer ſchuldloſen Jugendjahre, da ſie
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