Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

ein Astronom zur Erscheinung eines Kometen. Sie
haben das alle ausgerechnet. Im Innern ist es noch
schlimmer. Wo Feuer, ist Rauch; sie wollen aber
lieber kein Feuer als Rauch haben, und wenn es
zum Kriege kommt, wenn sie die Subordination der
fremden Völker mit nichts besiegen könnten, als mit
Insubordination des französischen Volkes; wenn sie
die Begeisterung der Franzosen brauchen, werden sie
keine Kohle mehr finden, eine Lunte anzuzünden.
Die frühern Minister, die durch ihre Schwäche vie¬
les verdorben, machten zugleich durch ihre Unthätig¬
keit vieles wieder gut. Sie ließen die Dinge ihren
natürlichen Lauf gehen. Seit Casimir Perrier aber
fangen die Unglückseligen an thätig zu werden.
Marschall Soult, sobald er das Kriegsministerium
antrat, fing an, um fünf Uhr Morgens aufzustehen
und zu arbeiten, und seine Untergebenen arbeiten zu
lassen. Nun, für einen Kriegsminister, der gegen
den fremden Feind wirkt, ist das schön. Aber seit
einigen Tagen, wie ich heute mit Entsetzen in der
Zeitung las, steht der Minister des Innern auch
schon um fünf Uhr auf. Welche unseligen Folgen
wird das haben! Was in allen Staaten die Völker
noch gerettet bis jetzt, war die Faulheit ihrer Re¬
genten, die bis neun Uhr im Bette lagen. Sie re¬

ein Aſtronom zur Erſcheinung eines Kometen. Sie
haben das alle ausgerechnet. Im Innern iſt es noch
ſchlimmer. Wo Feuer, iſt Rauch; ſie wollen aber
lieber kein Feuer als Rauch haben, und wenn es
zum Kriege kommt, wenn ſie die Subordination der
fremden Völker mit nichts beſiegen könnten, als mit
Inſubordination des franzöſiſchen Volkes; wenn ſie
die Begeiſterung der Franzoſen brauchen, werden ſie
keine Kohle mehr finden, eine Lunte anzuzünden.
Die frühern Miniſter, die durch ihre Schwäche vie¬
les verdorben, machten zugleich durch ihre Unthätig¬
keit vieles wieder gut. Sie ließen die Dinge ihren
natürlichen Lauf gehen. Seit Caſimir Perrier aber
fangen die Unglückſeligen an thätig zu werden.
Marſchall Soult, ſobald er das Kriegsminiſterium
antrat, fing an, um fünf Uhr Morgens aufzuſtehen
und zu arbeiten, und ſeine Untergebenen arbeiten zu
laſſen. Nun, für einen Kriegsminiſter, der gegen
den fremden Feind wirkt, iſt das ſchön. Aber ſeit
einigen Tagen, wie ich heute mit Entſetzen in der
Zeitung las, ſteht der Miniſter des Innern auch
ſchon um fünf Uhr auf. Welche unſeligen Folgen
wird das haben! Was in allen Staaten die Völker
noch gerettet bis jetzt, war die Faulheit ihrer Re¬
genten, die bis neun Uhr im Bette lagen. Sie re¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div>
          <p><pb facs="#f0197" n="183"/>
ein A&#x017F;tronom zur Er&#x017F;cheinung eines Kometen. Sie<lb/>
haben das alle ausgerechnet. Im Innern i&#x017F;t es noch<lb/>
&#x017F;chlimmer. Wo Feuer, i&#x017F;t Rauch; &#x017F;ie wollen aber<lb/>
lieber kein Feuer als Rauch haben, und wenn es<lb/>
zum Kriege kommt, wenn &#x017F;ie die Subordination der<lb/>
fremden Völker mit nichts be&#x017F;iegen könnten, als mit<lb/>
In&#x017F;ubordination des franzö&#x017F;i&#x017F;chen Volkes; wenn &#x017F;ie<lb/>
die Begei&#x017F;terung der Franzo&#x017F;en brauchen, werden &#x017F;ie<lb/>
keine Kohle mehr finden, eine Lunte anzuzünden.<lb/>
Die frühern Mini&#x017F;ter, die durch ihre Schwäche vie¬<lb/>
les verdorben, machten zugleich durch ihre Unthätig¬<lb/>
keit vieles wieder gut. Sie ließen die Dinge ihren<lb/>
natürlichen Lauf gehen. Seit Ca&#x017F;imir Perrier aber<lb/>
fangen die Unglück&#x017F;eligen an thätig zu werden.<lb/>
Mar&#x017F;chall Soult, &#x017F;obald er das Kriegsmini&#x017F;terium<lb/>
antrat, fing an, um fünf Uhr Morgens aufzu&#x017F;tehen<lb/>
und zu arbeiten, und &#x017F;eine Untergebenen arbeiten zu<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en. Nun, für einen Kriegsmini&#x017F;ter, der gegen<lb/>
den fremden Feind wirkt, i&#x017F;t das &#x017F;chön. Aber &#x017F;eit<lb/>
einigen Tagen, wie ich heute mit Ent&#x017F;etzen in der<lb/>
Zeitung las, &#x017F;teht der Mini&#x017F;ter des Innern auch<lb/>
&#x017F;chon um fünf Uhr auf. Welche un&#x017F;eligen Folgen<lb/>
wird das haben! Was in allen Staaten die Völker<lb/>
noch gerettet bis jetzt, war die Faulheit ihrer Re¬<lb/>
genten, die bis neun Uhr im Bette lagen. Sie re¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[183/0197] ein Aſtronom zur Erſcheinung eines Kometen. Sie haben das alle ausgerechnet. Im Innern iſt es noch ſchlimmer. Wo Feuer, iſt Rauch; ſie wollen aber lieber kein Feuer als Rauch haben, und wenn es zum Kriege kommt, wenn ſie die Subordination der fremden Völker mit nichts beſiegen könnten, als mit Inſubordination des franzöſiſchen Volkes; wenn ſie die Begeiſterung der Franzoſen brauchen, werden ſie keine Kohle mehr finden, eine Lunte anzuzünden. Die frühern Miniſter, die durch ihre Schwäche vie¬ les verdorben, machten zugleich durch ihre Unthätig¬ keit vieles wieder gut. Sie ließen die Dinge ihren natürlichen Lauf gehen. Seit Caſimir Perrier aber fangen die Unglückſeligen an thätig zu werden. Marſchall Soult, ſobald er das Kriegsminiſterium antrat, fing an, um fünf Uhr Morgens aufzuſtehen und zu arbeiten, und ſeine Untergebenen arbeiten zu laſſen. Nun, für einen Kriegsminiſter, der gegen den fremden Feind wirkt, iſt das ſchön. Aber ſeit einigen Tagen, wie ich heute mit Entſetzen in der Zeitung las, ſteht der Miniſter des Innern auch ſchon um fünf Uhr auf. Welche unſeligen Folgen wird das haben! Was in allen Staaten die Völker noch gerettet bis jetzt, war die Faulheit ihrer Re¬ genten, die bis neun Uhr im Bette lagen. Sie re¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris02_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris02_1832/197
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris02_1832/197>, abgerufen am 23.11.2024.