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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832.

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schönen Tage des Menuets! O Vestris! ...
O verdammte Preßfreiheit!

Wieder auf das Ballet zu kommen. Es treten
darin alle Götter des Olymps auf. Bacchus, Flora,
Zephyr, Venus, Amor, Hymen und auch einige bür¬
gerliche Gottheiten, die Unschuld, die Schamhaftigkeit.
Ach! ich schäme mich's zu sagen, meine ganze My¬
thologie habe ich vergessen. Ich bin sehr alt ge¬
worden. In meiner Jugend kannte ich alle Götter
und Göttinnen, so gut als ich meine Onkels und
Tanten kannte. Ich wußte deren Namen, deren
Würden und deren Aemter, deren Wohnungen, wußte
wie sie gekleidet waren, und kannte deren ganze Le¬
bensgeschichte. Jetzt, nichts mehr. Zephyr, weil er
Flügel auf dem Rücken trug, sah ich für Amor an.
Zwar fiel mir etwas auf, daß er ein so langer
Mensch war; aber ich dachte: ich habe Amor seit
zwanzig Jahren nicht gesehen, und er kann wohl
unterdessen gewachsen seyn. Daß Hymen, Bacchus,
Venus mittanzen, sah ich aus dem Programm; aber
ich konnte sie nicht von einander unterscheiden. Die
beiden Hauptrollen, Flora und Zephyr, waren vor¬
trefflich besetzt, und weit davon entfernt, meinen aus¬
gesprochenen Tadel zu verdienen. Besonders Flora
entzückte mich. Eine bezaubernde Grazie, und eine
Mäßigung in allen Bewegungen, bei so großer Be¬

ſchönen Tage des Menuets! O Veſtris! ...
O verdammte Preßfreiheit!

Wieder auf das Ballet zu kommen. Es treten
darin alle Götter des Olymps auf. Bacchus, Flora,
Zephyr, Venus, Amor, Hymen und auch einige bür¬
gerliche Gottheiten, die Unſchuld, die Schamhaftigkeit.
Ach! ich ſchäme mich's zu ſagen, meine ganze My¬
thologie habe ich vergeſſen. Ich bin ſehr alt ge¬
worden. In meiner Jugend kannte ich alle Götter
und Göttinnen, ſo gut als ich meine Onkels und
Tanten kannte. Ich wußte deren Namen, deren
Würden und deren Aemter, deren Wohnungen, wußte
wie ſie gekleidet waren, und kannte deren ganze Le¬
bensgeſchichte. Jetzt, nichts mehr. Zephyr, weil er
Flügel auf dem Rücken trug, ſah ich für Amor an.
Zwar fiel mir etwas auf, daß er ein ſo langer
Menſch war; aber ich dachte: ich habe Amor ſeit
zwanzig Jahren nicht geſehen, und er kann wohl
unterdeſſen gewachſen ſeyn. Daß Hymen, Bacchus,
Venus mittanzen, ſah ich aus dem Programm; aber
ich konnte ſie nicht von einander unterſcheiden. Die
beiden Hauptrollen, Flora und Zephyr, waren vor¬
trefflich beſetzt, und weit davon entfernt, meinen aus¬
geſprochenen Tadel zu verdienen. Beſonders Flora
entzückte mich. Eine bezaubernde Grazie, und eine
Mäßigung in allen Bewegungen, bei ſo großer Be¬

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[164/0178] ſchönen Tage des Menuets! O Veſtris! ... O verdammte Preßfreiheit! Wieder auf das Ballet zu kommen. Es treten darin alle Götter des Olymps auf. Bacchus, Flora, Zephyr, Venus, Amor, Hymen und auch einige bür¬ gerliche Gottheiten, die Unſchuld, die Schamhaftigkeit. Ach! ich ſchäme mich's zu ſagen, meine ganze My¬ thologie habe ich vergeſſen. Ich bin ſehr alt ge¬ worden. In meiner Jugend kannte ich alle Götter und Göttinnen, ſo gut als ich meine Onkels und Tanten kannte. Ich wußte deren Namen, deren Würden und deren Aemter, deren Wohnungen, wußte wie ſie gekleidet waren, und kannte deren ganze Le¬ bensgeſchichte. Jetzt, nichts mehr. Zephyr, weil er Flügel auf dem Rücken trug, ſah ich für Amor an. Zwar fiel mir etwas auf, daß er ein ſo langer Menſch war; aber ich dachte: ich habe Amor ſeit zwanzig Jahren nicht geſehen, und er kann wohl unterdeſſen gewachſen ſeyn. Daß Hymen, Bacchus, Venus mittanzen, ſah ich aus dem Programm; aber ich konnte ſie nicht von einander unterſcheiden. Die beiden Hauptrollen, Flora und Zephyr, waren vor¬ trefflich beſetzt, und weit davon entfernt, meinen aus¬ geſprochenen Tadel zu verdienen. Beſonders Flora entzückte mich. Eine bezaubernde Grazie, und eine Mäßigung in allen Bewegungen, bei ſo großer Be¬

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris02_1832/178>, abgerufen am 27.11.2024.