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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832.

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wurde auf die Bühne gebracht. Napoleon mit sei¬
ner Schaar; Robespierre, die Kaiserin Josephine,
Eugen Beauharnois, die Brüder Foucher, der Herzog
von Reichstadt, die unglückliche Lavalette, Marschall
Brüne, Joachim Mürat, seit kurzem die Dübarry.
Ueber alle diese und noch viele mehr gibt es Thea¬
terstücke. Ich entsetze mich, wenn ich bedenke, was
ich mich in Paris noch zu amüsiren habe! -- Ich er¬
halte so eben Ihren Brief, und gleichzeitig bringt
mir ein Freund die neueste preußische Staatszeitung.
Gönnen wir den Papier-Spitzbuben ihre letzte Be¬
trunkenheit, der Henker wird sie bald holen. Aber
wegen der Polen wollen wir uns keinen täu¬
schenden Hoffnungen überlassen. Ich danke dem
St. für seine Nachrichten; aber daß sich die Russen
zurückziehen, beweis't keineswegs etwas zu ihrem
Nachtheile. Sie wollen die polnische Armee, nehm¬
lich den armen Rest derselben von Warschau abziehen,
und Warschau wird den Barbaren doch nicht entge¬
hen. Es müßte ein Wunder geschehen, die Polen
zu retten. Aber was liegt dem Himmel an einem
Wunder mehr? Ist die Tapferkeit der Polen nicht
selbst ein Wunder? Der Krieg ist jetzt hier so gut
als entschieden. Italien gab den Ausschlag, der
heutige Moniteur enthält die Ordonnanz, daß 80,000
Mann sich marschfertig halten sollen. Wenn Sie

wurde auf die Bühne gebracht. Napoleon mit ſei¬
ner Schaar; Robespierre, die Kaiſerin Joſephine,
Eugen Beauharnois, die Brüder Foucher, der Herzog
von Reichſtadt, die unglückliche Lavalette, Marſchall
Brüne, Joachim Mürat, ſeit kurzem die Dübarry.
Ueber alle dieſe und noch viele mehr gibt es Thea¬
terſtücke. Ich entſetze mich, wenn ich bedenke, was
ich mich in Paris noch zu amüſiren habe! — Ich er¬
halte ſo eben Ihren Brief, und gleichzeitig bringt
mir ein Freund die neueſte preußiſche Staatszeitung.
Gönnen wir den Papier-Spitzbuben ihre letzte Be¬
trunkenheit, der Henker wird ſie bald holen. Aber
wegen der Polen wollen wir uns keinen täu¬
ſchenden Hoffnungen überlaſſen. Ich danke dem
St. für ſeine Nachrichten; aber daß ſich die Ruſſen
zurückziehen, beweiſ't keineswegs etwas zu ihrem
Nachtheile. Sie wollen die polniſche Armee, nehm¬
lich den armen Reſt derſelben von Warſchau abziehen,
und Warſchau wird den Barbaren doch nicht entge¬
hen. Es müßte ein Wunder geſchehen, die Polen
zu retten. Aber was liegt dem Himmel an einem
Wunder mehr? Iſt die Tapferkeit der Polen nicht
ſelbſt ein Wunder? Der Krieg iſt jetzt hier ſo gut
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heutige Moniteur enthält die Ordonnanz, daß 80,000
Mann ſich marſchfertig halten ſollen. Wenn Sie

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[142/0156] wurde auf die Bühne gebracht. Napoleon mit ſei¬ ner Schaar; Robespierre, die Kaiſerin Joſephine, Eugen Beauharnois, die Brüder Foucher, der Herzog von Reichſtadt, die unglückliche Lavalette, Marſchall Brüne, Joachim Mürat, ſeit kurzem die Dübarry. Ueber alle dieſe und noch viele mehr gibt es Thea¬ terſtücke. Ich entſetze mich, wenn ich bedenke, was ich mich in Paris noch zu amüſiren habe! — Ich er¬ halte ſo eben Ihren Brief, und gleichzeitig bringt mir ein Freund die neueſte preußiſche Staatszeitung. Gönnen wir den Papier-Spitzbuben ihre letzte Be¬ trunkenheit, der Henker wird ſie bald holen. Aber wegen der Polen wollen wir uns keinen täu¬ ſchenden Hoffnungen überlaſſen. Ich danke dem St. für ſeine Nachrichten; aber daß ſich die Ruſſen zurückziehen, beweiſ't keineswegs etwas zu ihrem Nachtheile. Sie wollen die polniſche Armee, nehm¬ lich den armen Reſt derſelben von Warſchau abziehen, und Warſchau wird den Barbaren doch nicht entge¬ hen. Es müßte ein Wunder geſchehen, die Polen zu retten. Aber was liegt dem Himmel an einem Wunder mehr? Iſt die Tapferkeit der Polen nicht ſelbſt ein Wunder? Der Krieg iſt jetzt hier ſo gut als entſchieden. Italien gab den Ausſchlag, der heutige Moniteur enthält die Ordonnanz, daß 80,000 Mann ſich marſchfertig halten ſollen. Wenn Sie

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris02_1832/156>, abgerufen am 23.11.2024.