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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832.

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und Deputirter gezeigt; indessen hat er die den deut¬
schen Gelehrten eigene Mäßigung nie überschritten.
Hat er sich aber wirklich in eine Verschwörung ein¬
gelassen, so würde das beweisen, daß es bei uns
Leute gibt, die leise sprechen, aber im stillen kräftig
handeln, und dann ließe sich etwas hoffen.

Die Lage der Dinge hier ist jetzt so, daß ich
jeden Tag, ja jede Stunde den Ausbruch einer Re¬
volution erwarte. Nicht vier Wochen kann das so
fortdauern, und der Rauch der Empörung wird hin¬
ter meinem Reisewagen herziehen. Die Verblendung
des Ministeriums und der Majorität der Kammer
ist so unerklärlich, daß ohne sträflichen Argwohn, bei
einigen der lenkenden Mitglieder Verrätherei anzu¬
nehmen ist. Der Eigensinn des Königs ist nicht zu
erschüttern, seine Schwäche nicht aufzurichten. Er
wird nicht Frankreich zu Grunde richten, denn das
hilft sich selbst heraus; aber er spielt um seine Krone,
der einzige Mann im Ministerium, der Einsicht mit
Energie verbindet, ist der Marschall Soult: aber ich
für mich traue ihm nicht. Die Zeit ist so, daß es
einem Kriegsmanne wohl einfallen darf, den zweiten
Napoleon zu spielen, und Soult mag daher die Re¬
gierung gerne auf falschem Wege sehen, damit Frank¬
reich in eine Lage komme, in der es eines Diktators

und Deputirter gezeigt; indeſſen hat er die den deut¬
ſchen Gelehrten eigene Mäßigung nie überſchritten.
Hat er ſich aber wirklich in eine Verſchwörung ein¬
gelaſſen, ſo würde das beweiſen, daß es bei uns
Leute gibt, die leiſe ſprechen, aber im ſtillen kräftig
handeln, und dann ließe ſich etwas hoffen.

Die Lage der Dinge hier iſt jetzt ſo, daß ich
jeden Tag, ja jede Stunde den Ausbruch einer Re¬
volution erwarte. Nicht vier Wochen kann das ſo
fortdauern, und der Rauch der Empörung wird hin¬
ter meinem Reiſewagen herziehen. Die Verblendung
des Miniſteriums und der Majorität der Kammer
iſt ſo unerklärlich, daß ohne ſträflichen Argwohn, bei
einigen der lenkenden Mitglieder Verrätherei anzu¬
nehmen iſt. Der Eigenſinn des Königs iſt nicht zu
erſchüttern, ſeine Schwäche nicht aufzurichten. Er
wird nicht Frankreich zu Grunde richten, denn das
hilft ſich ſelbſt heraus; aber er ſpielt um ſeine Krone,
der einzige Mann im Miniſterium, der Einſicht mit
Energie verbindet, iſt der Marſchall Soult: aber ich
für mich traue ihm nicht. Die Zeit iſt ſo, daß es
einem Kriegsmanne wohl einfallen darf, den zweiten
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[172/0186] und Deputirter gezeigt; indeſſen hat er die den deut¬ ſchen Gelehrten eigene Mäßigung nie überſchritten. Hat er ſich aber wirklich in eine Verſchwörung ein¬ gelaſſen, ſo würde das beweiſen, daß es bei uns Leute gibt, die leiſe ſprechen, aber im ſtillen kräftig handeln, und dann ließe ſich etwas hoffen. Die Lage der Dinge hier iſt jetzt ſo, daß ich jeden Tag, ja jede Stunde den Ausbruch einer Re¬ volution erwarte. Nicht vier Wochen kann das ſo fortdauern, und der Rauch der Empörung wird hin¬ ter meinem Reiſewagen herziehen. Die Verblendung des Miniſteriums und der Majorität der Kammer iſt ſo unerklärlich, daß ohne ſträflichen Argwohn, bei einigen der lenkenden Mitglieder Verrätherei anzu¬ nehmen iſt. Der Eigenſinn des Königs iſt nicht zu erſchüttern, ſeine Schwäche nicht aufzurichten. Er wird nicht Frankreich zu Grunde richten, denn das hilft ſich ſelbſt heraus; aber er ſpielt um ſeine Krone, der einzige Mann im Miniſterium, der Einſicht mit Energie verbindet, iſt der Marſchall Soult: aber ich für mich traue ihm nicht. Die Zeit iſt ſo, daß es einem Kriegsmanne wohl einfallen darf, den zweiten Napoleon zu ſpielen, und Soult mag daher die Re¬ gierung gerne auf falſchem Wege ſehen, damit Frank¬ reich in eine Lage komme, in der es eines Diktators

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris02_1832/186>, abgerufen am 24.11.2024.