Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.Montag, den 10. Januar. Kann man es besser haben als ich? die Tage Montag, den 10. Januar. Kann man es beſſer haben als ich? die Tage <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0195" n="181"/> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right">Montag, den 10. Januar.</hi> </dateline><lb/> <p>Kann man es beſſer haben als ich? die Tage<lb/> wachſen ſchnell und mit ihnen meine Hoffnungen.<lb/> Das Wetter iſt ſehr gelinde; ſchon ſind die Wander¬<lb/> vögel dem Norden zugezogen: bald endet der Winter,<lb/> bald thauet der deutſche Bund auf, bald <hi rendition="#g">blühn<lb/> alle Veilchen</hi>; über meinem Kopfe Saphirs<lb/> Fußtritte, und eine deutſche Küche. Ja, ich habe eine<lb/> deutſche Köchin entdeckt, eine vortreffliche Augsburgerin,<lb/> die eine <hi rendition="#aq">Table d'Hôte</hi> hält, wo man lauter vater¬<lb/> ländiſche Gerichte und Gäſte findet. Rindfleiſch mit<lb/> rothen Rüben und Kräuterſauce, Kartoffeln, Sauer¬<lb/> kraut mit Schweinefleiſch, Reisauflauf und Kommis<lb/> in Menge. Man wird doch ſatt und es koſtet nicht<lb/> viel. Was aber mein Glück ſtört, iſt, wie man hier<lb/> mit Beſtimmtheit behauptet, daß Metternich das<lb/> Ruder verliert. Darüber bin ich ſehr verdrießlich,<lb/> es iſt ein Unglück. Metternich war eine reine<lb/> Farbe, die der feindlichen entgegengeſetzt, es bald zu<lb/> irgend einer Entſcheidung gebracht hätte; wenn aber<lb/> nach ihm die graue Neutralität regiert, wird keiner<lb/> wiſſen, wo ſeine Fahne iſt, alle werden durch ein¬<lb/> ander laufen und keiner das Ziel finden. Metternich<lb/> war ſtarr, eigenſinnig und der Sturm hätte ihn<lb/> bald gebrochen; ſein Nachfolger wird auch nicht wei¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [181/0195]
Montag, den 10. Januar.
Kann man es beſſer haben als ich? die Tage
wachſen ſchnell und mit ihnen meine Hoffnungen.
Das Wetter iſt ſehr gelinde; ſchon ſind die Wander¬
vögel dem Norden zugezogen: bald endet der Winter,
bald thauet der deutſche Bund auf, bald blühn
alle Veilchen; über meinem Kopfe Saphirs
Fußtritte, und eine deutſche Küche. Ja, ich habe eine
deutſche Köchin entdeckt, eine vortreffliche Augsburgerin,
die eine Table d'Hôte hält, wo man lauter vater¬
ländiſche Gerichte und Gäſte findet. Rindfleiſch mit
rothen Rüben und Kräuterſauce, Kartoffeln, Sauer¬
kraut mit Schweinefleiſch, Reisauflauf und Kommis
in Menge. Man wird doch ſatt und es koſtet nicht
viel. Was aber mein Glück ſtört, iſt, wie man hier
mit Beſtimmtheit behauptet, daß Metternich das
Ruder verliert. Darüber bin ich ſehr verdrießlich,
es iſt ein Unglück. Metternich war eine reine
Farbe, die der feindlichen entgegengeſetzt, es bald zu
irgend einer Entſcheidung gebracht hätte; wenn aber
nach ihm die graue Neutralität regiert, wird keiner
wiſſen, wo ſeine Fahne iſt, alle werden durch ein¬
ander laufen und keiner das Ziel finden. Metternich
war ſtarr, eigenſinnig und der Sturm hätte ihn
bald gebrochen; ſein Nachfolger wird auch nicht wei¬
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