Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.tragen mir Pflastersteine zu oder versorgen mich mit -- Diese Woche habe ich mich einen Abend sehr I. 8
tragen mir Pflaſterſteine zu oder verſorgen mich mit — Dieſe Woche habe ich mich einen Abend ſehr I. 8
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0127" n="113"/> tragen mir Pflaſterſteine zu oder verſorgen mich mit<lb/> feinen Federlappen.</p><lb/> <p>— Dieſe Woche habe ich mich einen Abend ſehr<lb/> amüſirt. Ich war zu einem jungen Dichter, Na¬<lb/> mens ***, eingeladen, um eine Ueberſetzung des<lb/> Makbeths vorleſen zu hören. In Deutſchland hätte<lb/> mich ſchon der Gedanke einen ganzen Abend auf dem<lb/> Stuhle feſt zu ſitzen, um eine Vorleſung zu hören,<lb/> zur Verzweiflung gebracht, und die Wirklichkeit hätte<lb/> mich getödtet. Aber hier wußte ich vorher, daß die<lb/> theatraliſche Beleuchtung, die alle geſellſchaftlichen<lb/> Verhältniſſe glänzend macht, mich unterhalten würde.<lb/> Und ſo kam es auch. Da waren genau gezählt<lb/> 32 Schriftſteller verſammelt, meiſtens jüngere, alle<lb/> Romantiker. Da war nichts zum Lachen, die Maſſe<lb/> war zu groß, zu Ehrfurcht gebietend, es war wie<lb/> eine Kirche, wie eine Gemeinde. Ich habe mit<lb/> Vielen geſprochen, mit Victor Hugo und Andern ...<lb/> Sie ſprachen mir von Goethe und Schiller und von<lb/> Schiller und Goethe ohne Ende. Sie meinten wohl,<lb/> ich hätte Vergnügen daran. Einer fragte mich nach<lb/> Klopſtock, Kleiſt, Ramler, die ich alle nicht kenne.<lb/> Jetzt ſetzte ſich die romantiſche Gemeinde an den<lb/> Wänden herum, und Herr *** ſtellte ſich <hi rendition="#g">vor</hi> das<lb/> Kamin, Rücken gegen Feuer gelehnt <choice><sic>uud</sic><corr>und</corr></choice> fing zu<lb/> leſen an. Mir war doch ein bischen Angſt vor der<lb/> Zukunft und was ich in den nächſten drei Stunden<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">I</hi>. 8<lb/></fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [113/0127]
tragen mir Pflaſterſteine zu oder verſorgen mich mit
feinen Federlappen.
— Dieſe Woche habe ich mich einen Abend ſehr
amüſirt. Ich war zu einem jungen Dichter, Na¬
mens ***, eingeladen, um eine Ueberſetzung des
Makbeths vorleſen zu hören. In Deutſchland hätte
mich ſchon der Gedanke einen ganzen Abend auf dem
Stuhle feſt zu ſitzen, um eine Vorleſung zu hören,
zur Verzweiflung gebracht, und die Wirklichkeit hätte
mich getödtet. Aber hier wußte ich vorher, daß die
theatraliſche Beleuchtung, die alle geſellſchaftlichen
Verhältniſſe glänzend macht, mich unterhalten würde.
Und ſo kam es auch. Da waren genau gezählt
32 Schriftſteller verſammelt, meiſtens jüngere, alle
Romantiker. Da war nichts zum Lachen, die Maſſe
war zu groß, zu Ehrfurcht gebietend, es war wie
eine Kirche, wie eine Gemeinde. Ich habe mit
Vielen geſprochen, mit Victor Hugo und Andern ...
Sie ſprachen mir von Goethe und Schiller und von
Schiller und Goethe ohne Ende. Sie meinten wohl,
ich hätte Vergnügen daran. Einer fragte mich nach
Klopſtock, Kleiſt, Ramler, die ich alle nicht kenne.
Jetzt ſetzte ſich die romantiſche Gemeinde an den
Wänden herum, und Herr *** ſtellte ſich vor das
Kamin, Rücken gegen Feuer gelehnt und fing zu
leſen an. Mir war doch ein bischen Angſt vor der
Zukunft und was ich in den nächſten drei Stunden
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