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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.

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Tyrannei der vorigen Regierung, sollen beibehalten
werden. Es ist dieses so sehr gegen den Geist der
Freiheit, daß man die letzte Revolution als ganz
fruchtlos ansehen kann. Wie merkwürdig! Diese
Juli-Regierung, die kaum aus dem Ei gekrochen
und noch ganz dotrig ist, kräht schon wie ein alter
Hahn, und thut stolz und fest wie ein unbestrittener
Hof-König! Die Majorität der Kammer unterstützt
sie nicht bloß in ihren unbedachten Schritten sondern
sie verleitet sie noch dazu. Das sind die Gutsbesitzer,
die reichen Bankiers, die Krämer, die sich mit einem
vornehmen Worte die Industriellen nennen. Diese
Menschen, die funfzehn Jahre lang gegen alle Ari¬
stokratie gekämpft -- kaum haben sie gesiegt, noch
haben sie ihren Schweiß nicht abgetrocknet und schon
wollen sie für sich selbst eine neue Aristrokratie bil¬
den: eine Geld-Aristrokatie, einen Glücks-Ritter¬
stand. Wehe den verblendeten Thoren, wenn ihr
Bestreben gelingt, wehe ihnen, wenn der Himmel
nicht gnädig ist und sie aufhält, ehe sie ihr Ziel er¬
reichen. Die Aristrokatie des Adels und der Geist¬
lichkeit war doch nur ein Princip, ein Glaube; man
konnte sie bekämpfen und besiegen, ohne den Edel¬
leuten und den Geistlichen in ihrer sinnlichen Lebens¬
sphäre wehe zu thun. War dieses in der französi¬
schen Revolution doch geschehen, so war dieses nur
Mittel, nicht Zweck, war eine zwar schwer zu ver¬

Tyrannei der vorigen Regierung, ſollen beibehalten
werden. Es iſt dieſes ſo ſehr gegen den Geiſt der
Freiheit, daß man die letzte Revolution als ganz
fruchtlos anſehen kann. Wie merkwürdig! Dieſe
Juli-Regierung, die kaum aus dem Ei gekrochen
und noch ganz dotrig iſt, kräht ſchon wie ein alter
Hahn, und thut ſtolz und feſt wie ein unbeſtrittener
Hof-König! Die Majorität der Kammer unterſtützt
ſie nicht bloß in ihren unbedachten Schritten ſondern
ſie verleitet ſie noch dazu. Das ſind die Gutsbeſitzer,
die reichen Bankiers, die Krämer, die ſich mit einem
vornehmen Worte die Induſtriellen nennen. Dieſe
Menſchen, die funfzehn Jahre lang gegen alle Ari¬
ſtokratie gekämpft — kaum haben ſie geſiegt, noch
haben ſie ihren Schweiß nicht abgetrocknet und ſchon
wollen ſie für ſich ſelbſt eine neue Ariſtrokratie bil¬
den: eine Geld-Ariſtrokatie, einen Glücks-Ritter¬
ſtand. Wehe den verblendeten Thoren, wenn ihr
Beſtreben gelingt, wehe ihnen, wenn der Himmel
nicht gnädig iſt und ſie aufhält, ehe ſie ihr Ziel er¬
reichen. Die Ariſtrokatie des Adels und der Geiſt¬
lichkeit war doch nur ein Princip, ein Glaube; man
konnte ſie bekämpfen und beſiegen, ohne den Edel¬
leuten und den Geiſtlichen in ihrer ſinnlichen Lebens¬
ſphäre wehe zu thun. War dieſes in der franzöſi¬
ſchen Revolution doch geſchehen, ſo war dieſes nur
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[101/0115] Tyrannei der vorigen Regierung, ſollen beibehalten werden. Es iſt dieſes ſo ſehr gegen den Geiſt der Freiheit, daß man die letzte Revolution als ganz fruchtlos anſehen kann. Wie merkwürdig! Dieſe Juli-Regierung, die kaum aus dem Ei gekrochen und noch ganz dotrig iſt, kräht ſchon wie ein alter Hahn, und thut ſtolz und feſt wie ein unbeſtrittener Hof-König! Die Majorität der Kammer unterſtützt ſie nicht bloß in ihren unbedachten Schritten ſondern ſie verleitet ſie noch dazu. Das ſind die Gutsbeſitzer, die reichen Bankiers, die Krämer, die ſich mit einem vornehmen Worte die Induſtriellen nennen. Dieſe Menſchen, die funfzehn Jahre lang gegen alle Ari¬ ſtokratie gekämpft — kaum haben ſie geſiegt, noch haben ſie ihren Schweiß nicht abgetrocknet und ſchon wollen ſie für ſich ſelbſt eine neue Ariſtrokratie bil¬ den: eine Geld-Ariſtrokatie, einen Glücks-Ritter¬ ſtand. Wehe den verblendeten Thoren, wenn ihr Beſtreben gelingt, wehe ihnen, wenn der Himmel nicht gnädig iſt und ſie aufhält, ehe ſie ihr Ziel er¬ reichen. Die Ariſtrokatie des Adels und der Geiſt¬ lichkeit war doch nur ein Princip, ein Glaube; man konnte ſie bekämpfen und beſiegen, ohne den Edel¬ leuten und den Geiſtlichen in ihrer ſinnlichen Lebens¬ ſphäre wehe zu thun. War dieſes in der franzöſi¬ ſchen Revolution doch geſchehen, ſo war dieſes nur Mittel, nicht Zweck, war eine zwar ſchwer zu ver¬

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris01_1832/115>, abgerufen am 22.11.2024.