Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.denn da steht überall umher so viel herabzuwerfen, 7*
denn da ſteht überall umher ſo viel herabzuwerfen, 7*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0113" n="99"/> denn da ſteht überall umher ſo viel herabzuwerfen,<lb/> ſo viel Zerbrechliches, daß die kleinſte Zerſtreuung<lb/> mich zu Grunde richten könnte. Einige Schlingels<lb/> von Deutſchen, welche mich beſuchen, machen mir die<lb/> größten Sorgen. Sie rauchen Cigarren und die<lb/> heiße Aſche, welche herabfällt, brennt Löcher in die<lb/> Fußdecke. Dann ſchaukeln ſie ſich mit vaterländi¬<lb/> ſcher Ungezogenheit und ausländiſcher Lebhaftigkeit<lb/> auf den Stühlen und halten mich in beſtändiger Angſt,<lb/> daß ſie einmal das Gleichgewicht verlieren und auf<lb/> eine theure Vaſe oder einen, ſelbſt vereinigtem Pa¬<lb/> triotismus unbezahlbaren Spiegel fallen möchten.<lb/> Mein Schlafzimmer — das iſt über alle Beſchrei¬<lb/> bung. Die darin befindlichen Möbels und Toilet¬<lb/> ten-Geräthſchaften ſind nach den ſchönſten herkulani¬<lb/> ſchen Muſtern, theils im hetruriſchen, theils im grie¬<lb/> chiſchen Style geformt. Ich waſche mich aus einem<lb/> Delphiſchen Weihkeſſel und knüpfe mein Halstuch<lb/> vor einem Altare der Venus. Mein Bett iſt das<lb/> Lager der Aurora. Morgenrothe Wolken, von wei¬<lb/> ßen und grünen Sonnenſtreifen durchzogen, ſchmücken<lb/> ſeinen Himmel. Die Wand, an welcher es ſteht,<lb/> iſt <hi rendition="#g">ein</hi> großer Spiegel; darin muß ich mich be¬<lb/> ſchauen — da iſt keine Rettung. Das Kopfkiſſen<lb/> iſt mit Spitzen garnirt, die mir wie Spinnen im<lb/> Geſicht herumkrabbeln und mich ſchon einige Male<lb/> auf eine ſchauerliche Weiſe aus dem Schlafe geweckt<lb/> <fw place="bottom" type="sig">7*<lb/></fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [99/0113]
denn da ſteht überall umher ſo viel herabzuwerfen,
ſo viel Zerbrechliches, daß die kleinſte Zerſtreuung
mich zu Grunde richten könnte. Einige Schlingels
von Deutſchen, welche mich beſuchen, machen mir die
größten Sorgen. Sie rauchen Cigarren und die
heiße Aſche, welche herabfällt, brennt Löcher in die
Fußdecke. Dann ſchaukeln ſie ſich mit vaterländi¬
ſcher Ungezogenheit und ausländiſcher Lebhaftigkeit
auf den Stühlen und halten mich in beſtändiger Angſt,
daß ſie einmal das Gleichgewicht verlieren und auf
eine theure Vaſe oder einen, ſelbſt vereinigtem Pa¬
triotismus unbezahlbaren Spiegel fallen möchten.
Mein Schlafzimmer — das iſt über alle Beſchrei¬
bung. Die darin befindlichen Möbels und Toilet¬
ten-Geräthſchaften ſind nach den ſchönſten herkulani¬
ſchen Muſtern, theils im hetruriſchen, theils im grie¬
chiſchen Style geformt. Ich waſche mich aus einem
Delphiſchen Weihkeſſel und knüpfe mein Halstuch
vor einem Altare der Venus. Mein Bett iſt das
Lager der Aurora. Morgenrothe Wolken, von wei¬
ßen und grünen Sonnenſtreifen durchzogen, ſchmücken
ſeinen Himmel. Die Wand, an welcher es ſteht,
iſt ein großer Spiegel; darin muß ich mich be¬
ſchauen — da iſt keine Rettung. Das Kopfkiſſen
iſt mit Spitzen garnirt, die mir wie Spinnen im
Geſicht herumkrabbeln und mich ſchon einige Male
auf eine ſchauerliche Weiſe aus dem Schlafe geweckt
7*
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |