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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903.

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Verlag von Eugen Diederichs in Leipzig
Religiöse Kultur

Eine religiöse Kultur ist weniger abhängig von der Vorstellung
von einem
Jenseitsleben, denn seit den Tagen des Kopernikus ist der
für uns sonst unfaßbare Himmel in ein wohlgefügtes Planetensystem
verwandelt
, als will sie vielmehr den Zweck der Erde zur Ausführung
bringen
, der das Diesseits in immer feinerer Individualisierung zu
einem vom Geist beherrschten Reiche entwickelt
. Rein gedankliche
Spekulationen über Gott
, Unsterblichkeit, Sünde, Gebet und sonstige
kirchliche Lehren treten als unwesentlich zurück vor dem religiösen
Leben
, das die Gesetze des Kosmos und alles organischen Wachsens er¬
füllt und daher nur an seinen Früchten
, und nicht an den Werken des
Mundes erkannt werden kann
. Dem Weltengesetz des Rhythmus ent¬
spricht es
, daß die moderne religiöse Bewegung weder an biblischem
Christentum noch an einer rationalistischen Kritik desselben anknüpft
,
sondern an dem Pantheismus unserer alten Mystiker, der die Welt
gleichsam als den sichtbaren Ausdruck Gottes empfindet
. Über die
historische Aufgabe der christlichen Lehre hinaus
, die Tierinstinkte des
Menschen zu brechen und sie uns im Gewissen zu sittlichen Normen zu
verwandeln
, erwächst uns jetzt an der Hand der Naturerkenntnis des
19
. Jahrhunderts aus religiösem Leben eine weitere Individualisie¬
rung
, nämlich ein rhythmisch organisches Leben, ein schöpferisch frucht¬
bares Zusammenwirken der beiden Pole
; körperliches Leben-Instinkt
und gedankliches Leben-Vernunft zur Erzeugung einer Kraft
, für
welche die Namen "Persönlichkeit" oder "Seele" bereits einen sprach¬
lichen Ausdruck geben
. Der schöpferische Mensch, der das Tier über¬
wunden hat
, ist das Ziel der Erde und der vollkommene Ausdruck aller
göttlichen Kräfte
. Er gelangt damit zu der Einheit seines ganzen
Wesens
. Nachfolgend angezeigte Bücher wollen religiöse Kultur in
dieser Auffassung in weitere Kreise tragen
.

Arthur Bonus, Religion als Schöpfung. Erwägungen über die
religiöse Krisis. brosch. Mk. 1.50.

Fritz Bredow, Offener Brief an die Mecklenburgische Landeskirche.
brosch. Mk. 0.60.

H. Dresser, Methoden und Probleme der geistigen Heilbehandlung.
brosch. Mk. 2.-.

Meister Eckehart, Schriften und Predigten. Aus dem Mittelhoch¬
deutschen übersetzt und herausgegeben von Herman Büttner. I. Bd.
brosch. Mk. 4.-, geb. Mk. 5.-.

Ch. Ferguson, Diesseits-Religion. Eine Denkschrift über die Prin¬
zipien der Moderne. ca. Mk. 3.-

A. Kalthoff, Das Christusproblem. Grundlinien zu einer Sozial¬
theologie. brosch. Mk. 2.-.

H. Meyer-Benfey, Moderne Religion. Schleiermacher. Maeterlinck.
brosch. Mk 3.-.

Eugen Heinrich Schmitt, Die Kulturbedingungen der christlichen
Dogmen und unsere Zeit.
brosch. Mk. 3.-, geb. Mk. 4.-.

Eugen Heinrich Schmitt, Die Gnosis. Grundlagen der Weltanschau¬
ung einer edleren Kultur. Bd. I. Die Gnosis des Altertums.
brosch. Mk. 12.-, geb. Mk. 14.-.

Leopold Ziegler, Das Wesen der Kultur. ca. Mk. 4.-. In Vor¬
bereitung.

Verlag von Eugen Diederichs in Leipzig
Religiöſe Kultur

Eine religiöſe Kultur iſt weniger abhängig von der Vorſtellung
von einem
Jenſeitsleben, denn ſeit den Tagen des Kopernikus iſt der
für uns ſonſt unfaßbare Himmel in ein wohlgefügtes Planetenſyſtem
verwandelt
, als will ſie vielmehr den Zweck der Erde zur Ausführung
bringen
, der das Diesſeits in immer feinerer Individualiſierung zu
einem vom Geiſt beherrſchten Reiche entwickelt
. Rein gedankliche
Spekulationen über Gott
, Unſterblichkeit, Sünde, Gebet und ſonſtige
kirchliche Lehren treten als unweſentlich zurück vor dem religiöſen
Leben
, das die Geſetze des Kosmos und alles organiſchen Wachſens er¬
füllt und daher nur an ſeinen Früchten
, und nicht an den Werken des
Mundes erkannt werden kann
. Dem Weltengeſetz des Rhythmus ent¬
ſpricht es
, daß die moderne religiöſe Bewegung weder an bibliſchem
Chriſtentum noch an einer rationaliſtiſchen Kritik desſelben anknüpft
,
ſondern an dem Pantheismus unſerer alten Myſtiker, der die Welt
gleichſam als den ſichtbaren Ausdruck Gottes empfindet
. Über die
hiſtoriſche Aufgabe der chriſtlichen Lehre hinaus
, die Tierinſtinkte des
Menſchen zu brechen und ſie uns im Gewiſſen zu ſittlichen Normen zu
verwandeln
, erwächſt uns jetzt an der Hand der Naturerkenntnis des
19
. Jahrhunderts aus religiöſem Leben eine weitere Individualiſie¬
rung
, nämlich ein rhythmiſch organiſches Leben, ein ſchöpferiſch frucht¬
bares Zuſammenwirken der beiden Pole
; körperliches Leben-Inſtinkt
und gedankliches Leben-Vernunft zur Erzeugung einer Kraft
, für
welche die Namen „Perſönlichkeit“ oder „Seele“ bereits einen ſprach¬
lichen Ausdruck geben
. Der ſchöpferiſche Menſch, der das Tier über¬
wunden hat
, iſt das Ziel der Erde und der vollkommene Ausdruck aller
göttlichen Kräfte
. Er gelangt damit zu der Einheit ſeines ganzen
Weſens
. Nachfolgend angezeigte Bücher wollen religiöſe Kultur in
dieſer Auffaſſung in weitere Kreiſe tragen
.

Arthur Bonus, Religion als Schöpfung. Erwägungen über die
religiöſe Kriſis. broſch. Mk. 1.50.

Fritz Bredow, Offener Brief an die Mecklenburgiſche Landeskirche.
broſch. Mk. 0.60.

H. Dreſſer, Methoden und Probleme der geiſtigen Heilbehandlung.
broſch. Mk. 2.–.

Meiſter Eckehart, Schriften und Predigten. Aus dem Mittelhoch¬
deutſchen überſetzt und herausgegeben von Herman Büttner. I. Bd.
broſch. Mk. 4.–, geb. Mk. 5.–.

Ch. Ferguſon, Diesſeits-Religion. Eine Denkſchrift über die Prin¬
zipien der Moderne. ca. Mk. 3.–

A. Kalthoff, Das Chriſtusproblem. Grundlinien zu einer Sozial¬
theologie. broſch. Mk. 2.–.

H. Meyer-Benfey, Moderne Religion. Schleiermacher. Maeterlinck.
broſch. Mk 3.–.

Eugen Heinrich Schmitt, Die Kulturbedingungen der chriſtlichen
Dogmen und unſere Zeit.
broſch. Mk. 3.–, geb. Mk. 4.–.

Eugen Heinrich Schmitt, Die Gnoſis. Grundlagen der Weltanſchau¬
ung einer edleren Kultur. Bd. I. Die Gnoſis des Altertums.
broſch. Mk. 12.–, geb. Mk. 14.–.

Leopold Ziegler, Das Weſen der Kultur. ca. Mk. 4.–. In Vor¬
bereitung.

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[0390] Verlag von Eugen Diederichs in Leipzig Religiöſe Kultur Eine religiöſe Kultur iſt weniger abhängig von der Vorſtellung von einem Jenſeitsleben, denn ſeit den Tagen des Kopernikus iſt der für uns ſonſt unfaßbare Himmel in ein wohlgefügtes Planetenſyſtem verwandelt, als will ſie vielmehr den Zweck der Erde zur Ausführung bringen, der das Diesſeits in immer feinerer Individualiſierung zu einem vom Geiſt beherrſchten Reiche entwickelt. Rein gedankliche Spekulationen über Gott, Unſterblichkeit, Sünde, Gebet und ſonſtige kirchliche Lehren treten als unweſentlich zurück vor dem religiöſen Leben, das die Geſetze des Kosmos und alles organiſchen Wachſens er¬ füllt und daher nur an ſeinen Früchten, und nicht an den Werken des Mundes erkannt werden kann. Dem Weltengeſetz des Rhythmus ent¬ ſpricht es, daß die moderne religiöſe Bewegung weder an bibliſchem Chriſtentum noch an einer rationaliſtiſchen Kritik desſelben anknüpft, ſondern an dem Pantheismus unſerer alten Myſtiker, der die Welt gleichſam als den ſichtbaren Ausdruck Gottes empfindet. Über die hiſtoriſche Aufgabe der chriſtlichen Lehre hinaus, die Tierinſtinkte des Menſchen zu brechen und ſie uns im Gewiſſen zu ſittlichen Normen zu verwandeln, erwächſt uns jetzt an der Hand der Naturerkenntnis des 19. Jahrhunderts aus religiöſem Leben eine weitere Individualiſie¬ rung, nämlich ein rhythmiſch organiſches Leben, ein ſchöpferiſch frucht¬ bares Zuſammenwirken der beiden Pole; körperliches Leben-Inſtinkt und gedankliches Leben-Vernunft zur Erzeugung einer Kraft, für welche die Namen „Perſönlichkeit“ oder „Seele“ bereits einen ſprach¬ lichen Ausdruck geben. Der ſchöpferiſche Menſch, der das Tier über¬ wunden hat, iſt das Ziel der Erde und der vollkommene Ausdruck aller göttlichen Kräfte. Er gelangt damit zu der Einheit ſeines ganzen Weſens. Nachfolgend angezeigte Bücher wollen religiöſe Kultur in dieſer Auffaſſung in weitere Kreiſe tragen. Arthur Bonus, Religion als Schöpfung. Erwägungen über die religiöſe Kriſis. broſch. Mk. 1.50. Fritz Bredow, Offener Brief an die Mecklenburgiſche Landeskirche. broſch. Mk. 0.60. H. Dreſſer, Methoden und Probleme der geiſtigen Heilbehandlung. broſch. Mk. 2.–. Meiſter Eckehart, Schriften und Predigten. Aus dem Mittelhoch¬ deutſchen überſetzt und herausgegeben von Herman Büttner. I. Bd. broſch. Mk. 4.–, geb. Mk. 5.–. Ch. Ferguſon, Diesſeits-Religion. Eine Denkſchrift über die Prin¬ zipien der Moderne. ca. Mk. 3.– A. Kalthoff, Das Chriſtusproblem. Grundlinien zu einer Sozial¬ theologie. broſch. Mk. 2.–. H. Meyer-Benfey, Moderne Religion. Schleiermacher. Maeterlinck. broſch. Mk 3.–. Eugen Heinrich Schmitt, Die Kulturbedingungen der chriſtlichen Dogmen und unſere Zeit. broſch. Mk. 3.–, geb. Mk. 4.–. Eugen Heinrich Schmitt, Die Gnoſis. Grundlagen der Weltanſchau¬ ung einer edleren Kultur. Bd. I. Die Gnoſis des Altertums. broſch. Mk. 12.–, geb. Mk. 14.–. Leopold Ziegler, Das Weſen der Kultur. ca. Mk. 4.–. In Vor¬ bereitung.

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben03_1903/390>, abgerufen am 24.11.2024.