"Brautlaufs" mit einem improvisierten Haschen der Braut durch den Bräutigam, oder in ähnlichen Lokalscherzen, wo der Bräutigam regelrecht bei der Hochzeit verwalkt wird von den lieben Anverwandten, ohne daß das ärger gefaßt wird, denn als hergebrachter Spaß. Und doch ist der Urgrund zweifellos jener alte aus wirklich rauher Zeit, da Stamm zu Stamm feindlich stand wie Spinne zu Spinnerich und doch die Not¬ wendigkeit sich einstellte, von Stamm zu Stamm die Mädchen auszutauschen. Der "Frauenraub" war der alte Kompromiß, so, wie der Spinnerich sich sein Eherecht als einen Raub im günstigen Augenblick holt.
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Wo die Sitten sich verfeinerten, stellte als höhere Stufe, als Stufe der Milde, sich allgemein der friedliche Tausch nach Übereinkommen oder, wo der nicht möglich war, der einfache Kauf ein. Der junge Mann des einen Stammes erschien im anderen und kaufte sich das Mädchen, das ihm gefiel. Es klingt das ja so bitter, viel bitterer als das Wörtchen "Raub". Raub schmeckt auch uns noch nach Romantik, Kauf wirkt als ekles Krämertum. Die Frau erscheint aufs tiefste plötzlich er¬ niedrigt. Ihr Wert, für den dort das Blut des Werbers gerade genug war, scheint auf eine Stufe herabzusinken wie ein Stück Vieh. Und um Vieh geht es ja wirklich dabei. Da kommt der Neger und bringt seine Ochsen an. Ein Tarif be¬ steht. Für so und so viele (etwa 5 im geringsten Falle bei den Betschuanen) bekommt er das Mädchen.
Und doch wieder, wenn du auch das auf seine echte alte Farbe abstimmst, ist es gar nicht so schlimm. Das Mädchen wird aus dem fremden Stamme gerissen. Diese Lücke müßte eigentlich ein entsprechender Menschenzuwachs füllen, indem einer seiner Stammesgenossen drüben in des Bräutigams Stamm auch ein Mädchen freite. Das wäre die sozusagen
„Brautlaufs“ mit einem improviſierten Haſchen der Braut durch den Bräutigam, oder in ähnlichen Lokalſcherzen, wo der Bräutigam regelrecht bei der Hochzeit verwalkt wird von den lieben Anverwandten, ohne daß das ärger gefaßt wird, denn als hergebrachter Spaß. Und doch iſt der Urgrund zweifellos jener alte aus wirklich rauher Zeit, da Stamm zu Stamm feindlich ſtand wie Spinne zu Spinnerich und doch die Not¬ wendigkeit ſich einſtellte, von Stamm zu Stamm die Mädchen auszutauſchen. Der „Frauenraub“ war der alte Kompromiß, ſo, wie der Spinnerich ſich ſein Eherecht als einen Raub im günſtigen Augenblick holt.
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Wo die Sitten ſich verfeinerten, ſtellte als höhere Stufe, als Stufe der Milde, ſich allgemein der friedliche Tauſch nach Übereinkommen oder, wo der nicht möglich war, der einfache Kauf ein. Der junge Mann des einen Stammes erſchien im anderen und kaufte ſich das Mädchen, das ihm gefiel. Es klingt das ja ſo bitter, viel bitterer als das Wörtchen „Raub“. Raub ſchmeckt auch uns noch nach Romantik, Kauf wirkt als ekles Krämertum. Die Frau erſcheint aufs tiefſte plötzlich er¬ niedrigt. Ihr Wert, für den dort das Blut des Werbers gerade genug war, ſcheint auf eine Stufe herabzuſinken wie ein Stück Vieh. Und um Vieh geht es ja wirklich dabei. Da kommt der Neger und bringt ſeine Ochſen an. Ein Tarif be¬ ſteht. Für ſo und ſo viele (etwa 5 im geringſten Falle bei den Betſchuanen) bekommt er das Mädchen.
Und doch wieder, wenn du auch das auf ſeine echte alte Farbe abſtimmſt, iſt es gar nicht ſo ſchlimm. Das Mädchen wird aus dem fremden Stamme geriſſen. Dieſe Lücke müßte eigentlich ein entſprechender Menſchenzuwachs füllen, indem einer ſeiner Stammesgenoſſen drüben in des Bräutigams Stamm auch ein Mädchen freite. Das wäre die ſozuſagen
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„Brautlaufs“ mit einem improviſierten Haſchen der Braut
durch den Bräutigam, oder in ähnlichen Lokalſcherzen, wo der
Bräutigam regelrecht bei der Hochzeit verwalkt wird von den
lieben Anverwandten, ohne daß das ärger gefaßt wird, denn
als hergebrachter Spaß. Und doch iſt der Urgrund zweifellos
jener alte aus wirklich rauher Zeit, da Stamm zu Stamm
feindlich ſtand wie Spinne zu Spinnerich und doch die Not¬
wendigkeit ſich einſtellte, von Stamm zu Stamm die Mädchen
auszutauſchen. Der „Frauenraub“ war der alte Kompromiß,
ſo, wie der Spinnerich ſich ſein Eherecht als einen Raub im
günſtigen Augenblick holt.
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Wo die Sitten ſich verfeinerten, ſtellte als höhere Stufe,
als Stufe der Milde, ſich allgemein der friedliche Tauſch nach
Übereinkommen oder, wo der nicht möglich war, der einfache
Kauf ein. Der junge Mann des einen Stammes erſchien im
anderen und kaufte ſich das Mädchen, das ihm gefiel. Es
klingt das ja ſo bitter, viel bitterer als das Wörtchen „Raub“.
Raub ſchmeckt auch uns noch nach Romantik, Kauf wirkt als
ekles Krämertum. Die Frau erſcheint aufs tiefſte plötzlich er¬
niedrigt. Ihr Wert, für den dort das Blut des Werbers
gerade genug war, ſcheint auf eine Stufe herabzuſinken wie
ein Stück Vieh. Und um Vieh geht es ja wirklich dabei. Da
kommt der Neger und bringt ſeine Ochſen an. Ein Tarif be¬
ſteht. Für ſo und ſo viele (etwa 5 im geringſten Falle bei
den Betſchuanen) bekommt er das Mädchen.
Und doch wieder, wenn du auch das auf ſeine echte alte
Farbe abſtimmſt, iſt es gar nicht ſo ſchlimm. Das Mädchen
wird aus dem fremden Stamme geriſſen. Dieſe Lücke müßte
eigentlich ein entſprechender Menſchenzuwachs füllen, indem
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Stamm auch ein Mädchen freite. Das wäre die ſozuſagen
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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben03_1903/256>, abgerufen am 25.11.2024.
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