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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903.

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Wie der rote Ampelschein über die alte Decke da oben
glüht, erscheint sie schwer wie eine steinerne Hand, die deine
Welt im Engen hält. Und doch ist das gerade das rechte Bild.

Eine enge Höhle ist diese Zelle hier, das Fenster der
Höhlenausgang, in dem genau noch ein Stern blinkt. Immer,
wenn du ein menschliches Haus heute noch anschaust als reines
Naturprodukt, so, wie man einen Korallenbau oder eine
Muschelschale besieht, hat es diesen Höhlencharakter. Uraltes
Erbe steckt darin. Als wirkliches Höhlentier hat der Mensch
begonnen. Typische Höhlentiere leben heute noch als berufene
und unberufene tierische Gäste bei ihm: die Eule und die
Taube und die Fledermaus. Als er sich zum erstenmal ein
Haus aufzimmerte, war es nur das Modell der alten Höhle,
das er hinwarf, er hatte nichts besseres.

In ungemessenen Zeiträumen bilden sich in der Meeres¬
tiefe Lager von Kalk. Korallentiere bauen ihre Kalkburgen
als Riff empor. Muscheltiere häufen ihre kalkigen Schalen.
Als beständiger feiner Kalkregen rieseln aus der ganzen
Wassersäule des Ozeans unablässig die mikroskopisch kleinen
Gehäuse einzelliger Urtiere nieder zum Grund und legen sich
zu kalkigem Schlamm übereinander. Nun bewegt sich die
Feste unter der Flut. Die alte Erde verdichtet sich, ihre
Rinde sinkt nach, Wasser strömt ab in neue Tiefen und hier


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Wie der rote Ampelſchein über die alte Decke da oben
glüht, erſcheint ſie ſchwer wie eine ſteinerne Hand, die deine
Welt im Engen hält. Und doch iſt das gerade das rechte Bild.

Eine enge Höhle iſt dieſe Zelle hier, das Fenſter der
Höhlenausgang, in dem genau noch ein Stern blinkt. Immer,
wenn du ein menſchliches Haus heute noch anſchauſt als reines
Naturprodukt, ſo, wie man einen Korallenbau oder eine
Muſchelſchale beſieht, hat es dieſen Höhlencharakter. Uraltes
Erbe ſteckt darin. Als wirkliches Höhlentier hat der Menſch
begonnen. Typiſche Höhlentiere leben heute noch als berufene
und unberufene tieriſche Gäſte bei ihm: die Eule und die
Taube und die Fledermaus. Als er ſich zum erſtenmal ein
Haus aufzimmerte, war es nur das Modell der alten Höhle,
das er hinwarf, er hatte nichts beſſeres.

In ungemeſſenen Zeiträumen bilden ſich in der Meeres¬
tiefe Lager von Kalk. Korallentiere bauen ihre Kalkburgen
als Riff empor. Muſcheltiere häufen ihre kalkigen Schalen.
Als beſtändiger feiner Kalkregen rieſeln aus der ganzen
Waſſerſäule des Ozeans unabläſſig die mikroſkopiſch kleinen
Gehäuſe einzelliger Urtiere nieder zum Grund und legen ſich
zu kalkigem Schlamm übereinander. Nun bewegt ſich die
Feſte unter der Flut. Die alte Erde verdichtet ſich, ihre
Rinde ſinkt nach, Waſſer ſtrömt ab in neue Tiefen und hier

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[5/0019] [Abbildung] Wie der rote Ampelſchein über die alte Decke da oben glüht, erſcheint ſie ſchwer wie eine ſteinerne Hand, die deine Welt im Engen hält. Und doch iſt das gerade das rechte Bild. Eine enge Höhle iſt dieſe Zelle hier, das Fenſter der Höhlenausgang, in dem genau noch ein Stern blinkt. Immer, wenn du ein menſchliches Haus heute noch anſchauſt als reines Naturprodukt, ſo, wie man einen Korallenbau oder eine Muſchelſchale beſieht, hat es dieſen Höhlencharakter. Uraltes Erbe ſteckt darin. Als wirkliches Höhlentier hat der Menſch begonnen. Typiſche Höhlentiere leben heute noch als berufene und unberufene tieriſche Gäſte bei ihm: die Eule und die Taube und die Fledermaus. Als er ſich zum erſtenmal ein Haus aufzimmerte, war es nur das Modell der alten Höhle, das er hinwarf, er hatte nichts beſſeres. In ungemeſſenen Zeiträumen bilden ſich in der Meeres¬ tiefe Lager von Kalk. Korallentiere bauen ihre Kalkburgen als Riff empor. Muſcheltiere häufen ihre kalkigen Schalen. Als beſtändiger feiner Kalkregen rieſeln aus der ganzen Waſſerſäule des Ozeans unabläſſig die mikroſkopiſch kleinen Gehäuſe einzelliger Urtiere nieder zum Grund und legen ſich zu kalkigem Schlamm übereinander. Nun bewegt ſich die Feſte unter der Flut. Die alte Erde verdichtet ſich, ihre Rinde ſinkt nach, Waſſer ſtrömt ab in neue Tiefen und hier

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben03_1903/19>, abgerufen am 27.11.2024.