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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903.

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Huftieren, Walen, Elefanten, Raubtieren, Nagern, Zahnarmen,
Insektenfressern, Fledermäusen, Halbaffen und Affen ist die
Sache dann perfekt. Bloß daß die Wurzel -- eigentlich ja
ein Knäuel Blutgefäße -- bei einem Teil dieser Säuger ein
so inniges Gespinst von Mutteradern und Kindesadern ent¬
hält, daß bei der Geburt auch das betreffende Mutterstück
mit abgerissen wird, -- hierher gehört mit dem Affen auch
der Mensch. Während ein anderer Teil seine Kinderwurzel
etwas reinlicher noch herauszuziehen vermag, ohne daß Mutter¬
boden mitzugehen braucht. Auf alle Fälle hängt aber das
neugeborene höhere Säugetier, ob es nun Pferd oder Katze
oder Ratte ist oder Mensch, immer noch durch die Nabelschnur
an dieser Nachgeburtswurzel und es fragt sich auch bei ihm
zunächst, wie es davon kommt. Da siehst du nun bei diesen
Tieren den einfachsten Prozeß. Bald reißt die Nabelschnur
von selber durch die Schwere des im Geburtsakt abstürzenden
Kindes oder wenigstens, wenn die Mutter nach der Geburt
zum erstenmal aufsteht. So geht's bei Kuh und Pferd. Oder
aber die Mutter hilft direkt nach: sie beißt die leidige Wurzel¬
schnur mit ihren Zähnen einfach durch. So ist's besonders
bei den Raubtieren, die ja die nötige Zahnschere immer im
Maule führen. Gerade die Raubtiermutter ist meist ganz
besonders aufs einsamversteckte Gebären angewiesen, denn der
Gemahl frißt mit Liebhaberei ihr die Jungen, wie sie auf¬
tauchen, als leckere Beute fort, wenn er sie sieht. Ein Sonder¬
brauch, der nicht gerade appetitlich, aber vom hygieinischen
Standpunkt aus nur zu billigen ist, ist vielfach dabei der,
daß die Frau Mutter die eigene Nachgeburt einfach als erstes
Wochenbettssüpplein selber verschluckt und die Nabelschnur
gerade so weit abkaut, wie es not thut. Aber wie wird die
Blutung gestillt? Abreißen oder Abbeißen ist doch noch kein
Abbinden?

Nun, die simple Naturhülfe ist folgende. Wenn ich eine
Schlagader glatt mit der Schere durchschneide, so entsteht

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Huftieren, Walen, Elefanten, Raubtieren, Nagern, Zahnarmen,
Inſektenfreſſern, Fledermäuſen, Halbaffen und Affen iſt die
Sache dann perfekt. Bloß daß die Wurzel — eigentlich ja
ein Knäuel Blutgefäße — bei einem Teil dieſer Säuger ein
ſo inniges Geſpinſt von Mutteradern und Kindesadern ent¬
hält, daß bei der Geburt auch das betreffende Mutterſtück
mit abgeriſſen wird, — hierher gehört mit dem Affen auch
der Menſch. Während ein anderer Teil ſeine Kinderwurzel
etwas reinlicher noch herauszuziehen vermag, ohne daß Mutter¬
boden mitzugehen braucht. Auf alle Fälle hängt aber das
neugeborene höhere Säugetier, ob es nun Pferd oder Katze
oder Ratte iſt oder Menſch, immer noch durch die Nabelſchnur
an dieſer Nachgeburtswurzel und es fragt ſich auch bei ihm
zunächſt, wie es davon kommt. Da ſiehſt du nun bei dieſen
Tieren den einfachſten Prozeß. Bald reißt die Nabelſchnur
von ſelber durch die Schwere des im Geburtsakt abſtürzenden
Kindes oder wenigſtens, wenn die Mutter nach der Geburt
zum erſtenmal aufſteht. So geht's bei Kuh und Pferd. Oder
aber die Mutter hilft direkt nach: ſie beißt die leidige Wurzel¬
ſchnur mit ihren Zähnen einfach durch. So iſt's beſonders
bei den Raubtieren, die ja die nötige Zahnſchere immer im
Maule führen. Gerade die Raubtiermutter iſt meiſt ganz
beſonders aufs einſamverſteckte Gebären angewieſen, denn der
Gemahl frißt mit Liebhaberei ihr die Jungen, wie ſie auf¬
tauchen, als leckere Beute fort, wenn er ſie ſieht. Ein Sonder¬
brauch, der nicht gerade appetitlich, aber vom hygieiniſchen
Standpunkt aus nur zu billigen iſt, iſt vielfach dabei der,
daß die Frau Mutter die eigene Nachgeburt einfach als erſtes
Wochenbettsſüpplein ſelber verſchluckt und die Nabelſchnur
gerade ſo weit abkaut, wie es not thut. Aber wie wird die
Blutung geſtillt? Abreißen oder Abbeißen iſt doch noch kein
Abbinden?

Nun, die ſimple Naturhülfe iſt folgende. Wenn ich eine
Schlagader glatt mit der Schere durchſchneide, ſo entſteht

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[97/0111] Huftieren, Walen, Elefanten, Raubtieren, Nagern, Zahnarmen, Inſektenfreſſern, Fledermäuſen, Halbaffen und Affen iſt die Sache dann perfekt. Bloß daß die Wurzel — eigentlich ja ein Knäuel Blutgefäße — bei einem Teil dieſer Säuger ein ſo inniges Geſpinſt von Mutteradern und Kindesadern ent¬ hält, daß bei der Geburt auch das betreffende Mutterſtück mit abgeriſſen wird, — hierher gehört mit dem Affen auch der Menſch. Während ein anderer Teil ſeine Kinderwurzel etwas reinlicher noch herauszuziehen vermag, ohne daß Mutter¬ boden mitzugehen braucht. Auf alle Fälle hängt aber das neugeborene höhere Säugetier, ob es nun Pferd oder Katze oder Ratte iſt oder Menſch, immer noch durch die Nabelſchnur an dieſer Nachgeburtswurzel und es fragt ſich auch bei ihm zunächſt, wie es davon kommt. Da ſiehſt du nun bei dieſen Tieren den einfachſten Prozeß. Bald reißt die Nabelſchnur von ſelber durch die Schwere des im Geburtsakt abſtürzenden Kindes oder wenigſtens, wenn die Mutter nach der Geburt zum erſtenmal aufſteht. So geht's bei Kuh und Pferd. Oder aber die Mutter hilft direkt nach: ſie beißt die leidige Wurzel¬ ſchnur mit ihren Zähnen einfach durch. So iſt's beſonders bei den Raubtieren, die ja die nötige Zahnſchere immer im Maule führen. Gerade die Raubtiermutter iſt meiſt ganz beſonders aufs einſamverſteckte Gebären angewieſen, denn der Gemahl frißt mit Liebhaberei ihr die Jungen, wie ſie auf¬ tauchen, als leckere Beute fort, wenn er ſie ſieht. Ein Sonder¬ brauch, der nicht gerade appetitlich, aber vom hygieiniſchen Standpunkt aus nur zu billigen iſt, iſt vielfach dabei der, daß die Frau Mutter die eigene Nachgeburt einfach als erſtes Wochenbettsſüpplein ſelber verſchluckt und die Nabelſchnur gerade ſo weit abkaut, wie es not thut. Aber wie wird die Blutung geſtillt? Abreißen oder Abbeißen iſt doch noch kein Abbinden? Nun, die ſimple Naturhülfe iſt folgende. Wenn ich eine Schlagader glatt mit der Schere durchſchneide, ſo entſteht 7

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben03_1903/111>, abgerufen am 22.11.2024.