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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903.

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wandt ist, sehr gut paßt. Der Gorilla aber ist das denkbar
schlechteste Anknüpfungs-Porträt. Im Auge wird man be¬
halten müssen, daß gewisse Gorillazüge stets als Abspaltungs-,
als Entartungsmöglichkeit auch in diesen Menschen noch eingingen,
die immer wieder, sei es im Wilden als Stammtypus fixiert,
sei es innerhalb der Kultur als Individualanlage, als Charakter
spontan auftauchend, losplatzen konnten wie die Affennatur
im Orang des Hauffschen Märchens. Aber gemacht haben
diese Gorillazüge niemals die Kultur, höchstens immer einmal
wieder gehemmt. Wie ja eigentlich der Gorilla selber, der
heute noch brutaler Affe ist, schon ein sichtbarstes lebendes
Versteinerungszeugnis darstellt.

[Abbildung]

Giebst du dich diesen Gedanken resolut hin, so erscheint
das ganze Bild jener Urtage auf einmal wieder heller. Du
denkst an die unsagbar riesige Arbeit, die damals gethan worden
ist. Was sind Pyramiden und Babeltürme gegen die Leistung
dieser Urmenschheits-Epoche, die die Sprache, das Werkzeug,
die Kunst, die ersten Linien von Recht und Moral geschaffen
hat, all das, was wie auf ehernen Säulen schon als Urerbe
ragt, als der Vorhang der Geschichte uns in Ägypten, Babylon
und China endlich aufgeht. Dieses Urvolk ist es gewesen, das
mit schwachen Menschenkräften wirklich vollbracht hat, was
diese spätere Geschichtszeit nur Göttern und Heroen zutraute.
Wenn je die Linie der Weltentwickelung dämonisch groß erscheint,
so ist es hier.

Vor dieser Perspektive erscheint es auf einmal wie eine
Kleinigkeit, daß in diese Leistung auch das Naktwerden eingehen
soll als ein Akt der dämmernden Kultur selbst. Aber die
war es nun doch nicht. Denn es war eine schlechtweg un¬

wandt iſt, ſehr gut paßt. Der Gorilla aber iſt das denkbar
ſchlechteſte Anknüpfungs-Porträt. Im Auge wird man be¬
halten müſſen, daß gewiſſe Gorillazüge ſtets als Abſpaltungs-,
als Entartungsmöglichkeit auch in dieſen Menſchen noch eingingen,
die immer wieder, ſei es im Wilden als Stammtypus fixiert,
ſei es innerhalb der Kultur als Individualanlage, als Charakter
ſpontan auftauchend, losplatzen konnten wie die Affennatur
im Orang des Hauffſchen Märchens. Aber gemacht haben
dieſe Gorillazüge niemals die Kultur, höchſtens immer einmal
wieder gehemmt. Wie ja eigentlich der Gorilla ſelber, der
heute noch brutaler Affe iſt, ſchon ein ſichtbarſtes lebendes
Verſteinerungszeugnis darſtellt.

[Abbildung]

Giebſt du dich dieſen Gedanken reſolut hin, ſo erſcheint
das ganze Bild jener Urtage auf einmal wieder heller. Du
denkſt an die unſagbar rieſige Arbeit, die damals gethan worden
iſt. Was ſind Pyramiden und Babeltürme gegen die Leiſtung
dieſer Urmenſchheits-Epoche, die die Sprache, das Werkzeug,
die Kunſt, die erſten Linien von Recht und Moral geſchaffen
hat, all das, was wie auf ehernen Säulen ſchon als Urerbe
ragt, als der Vorhang der Geſchichte uns in Ägypten, Babylon
und China endlich aufgeht. Dieſes Urvolk iſt es geweſen, das
mit ſchwachen Menſchenkräften wirklich vollbracht hat, was
dieſe ſpätere Geſchichtszeit nur Göttern und Heroen zutraute.
Wenn je die Linie der Weltentwickelung dämoniſch groß erſcheint,
ſo iſt es hier.

Vor dieſer Perſpektive erſcheint es auf einmal wie eine
Kleinigkeit, daß in dieſe Leiſtung auch das Naktwerden eingehen
ſoll als ein Akt der dämmernden Kultur ſelbſt. Aber die
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[87/0101] wandt iſt, ſehr gut paßt. Der Gorilla aber iſt das denkbar ſchlechteſte Anknüpfungs-Porträt. Im Auge wird man be¬ halten müſſen, daß gewiſſe Gorillazüge ſtets als Abſpaltungs-, als Entartungsmöglichkeit auch in dieſen Menſchen noch eingingen, die immer wieder, ſei es im Wilden als Stammtypus fixiert, ſei es innerhalb der Kultur als Individualanlage, als Charakter ſpontan auftauchend, losplatzen konnten wie die Affennatur im Orang des Hauffſchen Märchens. Aber gemacht haben dieſe Gorillazüge niemals die Kultur, höchſtens immer einmal wieder gehemmt. Wie ja eigentlich der Gorilla ſelber, der heute noch brutaler Affe iſt, ſchon ein ſichtbarſtes lebendes Verſteinerungszeugnis darſtellt. [Abbildung] Giebſt du dich dieſen Gedanken reſolut hin, ſo erſcheint das ganze Bild jener Urtage auf einmal wieder heller. Du denkſt an die unſagbar rieſige Arbeit, die damals gethan worden iſt. Was ſind Pyramiden und Babeltürme gegen die Leiſtung dieſer Urmenſchheits-Epoche, die die Sprache, das Werkzeug, die Kunſt, die erſten Linien von Recht und Moral geſchaffen hat, all das, was wie auf ehernen Säulen ſchon als Urerbe ragt, als der Vorhang der Geſchichte uns in Ägypten, Babylon und China endlich aufgeht. Dieſes Urvolk iſt es geweſen, das mit ſchwachen Menſchenkräften wirklich vollbracht hat, was dieſe ſpätere Geſchichtszeit nur Göttern und Heroen zutraute. Wenn je die Linie der Weltentwickelung dämoniſch groß erſcheint, ſo iſt es hier. Vor dieſer Perſpektive erſcheint es auf einmal wie eine Kleinigkeit, daß in dieſe Leiſtung auch das Naktwerden eingehen ſoll als ein Akt der dämmernden Kultur ſelbſt. Aber die war es nun doch nicht. Denn es war eine ſchlechtweg un¬

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben03_1903/101>, abgerufen am 22.11.2024.