Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900.[Abbildung]
Dein weiser Leib. "Es ist mehr Vernunft in deinem Leibe als in deiner Dein Geist mag unendliche Gebiete um dich her beherrschen. Wie dein nackter weißer Leib jetzt hier in dem jungen [Abbildung]
Dein weiſer Leib. „Es iſt mehr Vernunft in deinem Leibe als in deiner Dein Geiſt mag unendliche Gebiete um dich her beherrſchen. Wie dein nackter weißer Leib jetzt hier in dem jungen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0060" n="44"/> <figure/> </div> <div n="1"> <head><hi rendition="#in">D</hi>ein weiſer Leib.<lb/></head> <p>„Es iſt mehr Vernunft in deinem Leibe als in deiner<lb/> beſten Weisheit“, hat Nietzſche einmal geſagt. Ich weiß bei<lb/> Nietzſche nicht, ob er ſich dasſelbe oder auch nur etwas Ähn¬<lb/> liches dabei gedacht hat, wie ich jetzt denke. Aber das Wort<lb/> iſt trefflich und giebt thatſächlich genau, was ich meine. Haſt<lb/> du ſchon einmal ernſtlich in deinem Leben darüber nachgedacht,<lb/> in wieviel Punkten dein Leib <hi rendition="#g">mehr</hi> weiß als dein bewußter<lb/> Geiſt?</p><lb/> <p>Dein Geiſt mag unendliche Gebiete um dich her beherrſchen.<lb/> Sei ein König, deſſen Willen über Millionen verfügt, deſſen<lb/> Wort Reiche vergiebt und die Weltgeſchichte macht. Dieſer<lb/> König wüßte ſein eigenes Herz nicht klopfen zu machen, wenn<lb/> es das Herz nicht von ſelber thäte. Wie Sancho Panza würde<lb/> er vor einer Schlemmertafel voll Kapaunen und Hummerſalat<lb/> elendiglich verhungern, wenn ſein Verdauungsapparat nicht ge¬<lb/> nau wüßte, wie man dieſe guten Sachen wirklich dem Körper<lb/> zuführt. Der Gedanke klingt trivial und doch iſt er von gar<lb/> nicht abzumeſſender Tragweite.</p><lb/> <p>Wie dein nackter weißer Leib jetzt hier in dem jungen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [44/0060]
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Dein weiſer Leib.
„Es iſt mehr Vernunft in deinem Leibe als in deiner
beſten Weisheit“, hat Nietzſche einmal geſagt. Ich weiß bei
Nietzſche nicht, ob er ſich dasſelbe oder auch nur etwas Ähn¬
liches dabei gedacht hat, wie ich jetzt denke. Aber das Wort
iſt trefflich und giebt thatſächlich genau, was ich meine. Haſt
du ſchon einmal ernſtlich in deinem Leben darüber nachgedacht,
in wieviel Punkten dein Leib mehr weiß als dein bewußter
Geiſt?
Dein Geiſt mag unendliche Gebiete um dich her beherrſchen.
Sei ein König, deſſen Willen über Millionen verfügt, deſſen
Wort Reiche vergiebt und die Weltgeſchichte macht. Dieſer
König wüßte ſein eigenes Herz nicht klopfen zu machen, wenn
es das Herz nicht von ſelber thäte. Wie Sancho Panza würde
er vor einer Schlemmertafel voll Kapaunen und Hummerſalat
elendiglich verhungern, wenn ſein Verdauungsapparat nicht ge¬
nau wüßte, wie man dieſe guten Sachen wirklich dem Körper
zuführt. Der Gedanke klingt trivial und doch iſt er von gar
nicht abzumeſſender Tragweite.
Wie dein nackter weißer Leib jetzt hier in dem jungen
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Zitationshilfe: | Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/60>, abgerufen am 24.07.2024. |