Bisweilen heben sie sich zugleich, girrend, die weißen Bäuche eng aneinander geschmiegt, fast in voller aufrechter Größe aus der Flut, -- ihre süßeste Liebesstellung. Ein zweites Paar nähert sich. Das sind aber keine Brautleute. Zwei ruppige Junggesellen, noch ziemliche Grünschnäbel, die herumflanieren, ob der Mai ihnen nicht auch was Weibliches bescherte. Einst¬ weilen auf der Suche halten sie mit Strolchtreue eng zusammen. Vielleicht daß sich irgend eine ehrsame Frau noch abspenstig machen läßt. Sie kommen auf gut Glück dem liebenden Paar dort verdächtig nahe. Hei, wie der Herr im Recht plötzlich ausschlägt. Erst wird der eine Rivale hitzig verfolgt, dann der andere. Gegen beide geht's so energisch los, daß sie kopf¬ über untertauchen. Das Weib bleibt ruhig. Der Stärkere wird schon siegen. Logik der Weibertreue. Aber -- das Feld ist wieder rein, und zärtlich schwimmt Gattin mit Gatte dem hohen Seespiegel zu. Weit drüben sind auch die verwegenen Grün¬ schnäbel wieder aufgetaucht und haben sich neu zusammen¬ gefunden. Abgeblitzt, wie sie sind, steuern auch sie in weitem Bogen an den andern vorbei in den hellen Glast, wo der Blick sie verliert, -- auf neue Abenteuer mit einem schwächeren Ehemann.
Frühling, Liebesleben überall.
Dicht neben dir hier am Ufer murkst es auch leise, nicht einzelne Töne, sondern ein unablässiger einheitlicher Murmel¬ ton. Auch das von Liebe. Ein Tümpelchen Wasser hat der See, im Vor-Frühling übertretend, hier zurückgelassen. Siehst du die weißen Knöspchen in dem seichten dunkeln Spiegel? Es sind die Murmeler. Jedes ist die weiße Kehle einer jungen Knoblauchskröte, die gerade nur so weit aus dem Wasser ragt. Ab und zu blitzt eine neue dazu, ein schnelles Verschieben, wie wenn Wassertropfen an einer Leiste zusammenschießen. Dann ist die Reihe wieder fest und quarrt einheitlich immer halb¬ laut so fort. Sie singen nicht bloß. Viele sind, obwohl reg¬ los, im lustigsten heimlichen Liebesspiele, Männchen halten
Bisweilen heben ſie ſich zugleich, girrend, die weißen Bäuche eng aneinander geſchmiegt, faſt in voller aufrechter Größe aus der Flut, — ihre ſüßeſte Liebesſtellung. Ein zweites Paar nähert ſich. Das ſind aber keine Brautleute. Zwei ruppige Junggeſellen, noch ziemliche Grünſchnäbel, die herumflanieren, ob der Mai ihnen nicht auch was Weibliches beſcherte. Einſt¬ weilen auf der Suche halten ſie mit Strolchtreue eng zuſammen. Vielleicht daß ſich irgend eine ehrſame Frau noch abſpenſtig machen läßt. Sie kommen auf gut Glück dem liebenden Paar dort verdächtig nahe. Hei, wie der Herr im Recht plötzlich ausſchlägt. Erſt wird der eine Rivale hitzig verfolgt, dann der andere. Gegen beide geht's ſo energiſch los, daß ſie kopf¬ über untertauchen. Das Weib bleibt ruhig. Der Stärkere wird ſchon ſiegen. Logik der Weibertreue. Aber — das Feld iſt wieder rein, und zärtlich ſchwimmt Gattin mit Gatte dem hohen Seeſpiegel zu. Weit drüben ſind auch die verwegenen Grün¬ ſchnäbel wieder aufgetaucht und haben ſich neu zuſammen¬ gefunden. Abgeblitzt, wie ſie ſind, ſteuern auch ſie in weitem Bogen an den andern vorbei in den hellen Glaſt, wo der Blick ſie verliert, — auf neue Abenteuer mit einem ſchwächeren Ehemann.
Frühling, Liebesleben überall.
Dicht neben dir hier am Ufer murkſt es auch leiſe, nicht einzelne Töne, ſondern ein unabläſſiger einheitlicher Murmel¬ ton. Auch das von Liebe. Ein Tümpelchen Waſſer hat der See, im Vor-Frühling übertretend, hier zurückgelaſſen. Siehſt du die weißen Knöſpchen in dem ſeichten dunkeln Spiegel? Es ſind die Murmeler. Jedes iſt die weiße Kehle einer jungen Knoblauchskröte, die gerade nur ſo weit aus dem Waſſer ragt. Ab und zu blitzt eine neue dazu, ein ſchnelles Verſchieben, wie wenn Waſſertropfen an einer Leiſte zuſammenſchießen. Dann iſt die Reihe wieder feſt und quarrt einheitlich immer halb¬ laut ſo fort. Sie ſingen nicht bloß. Viele ſind, obwohl reg¬ los, im luſtigſten heimlichen Liebesſpiele, Männchen halten
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Bisweilen heben ſie ſich zugleich, girrend, die weißen Bäuche
eng aneinander geſchmiegt, faſt in voller aufrechter Größe aus
der Flut, — ihre ſüßeſte Liebesſtellung. Ein zweites Paar
nähert ſich. Das ſind aber keine Brautleute. Zwei ruppige
Junggeſellen, noch ziemliche Grünſchnäbel, die herumflanieren,
ob der Mai ihnen nicht auch was Weibliches beſcherte. Einſt¬
weilen auf der Suche halten ſie mit Strolchtreue eng zuſammen.
Vielleicht daß ſich irgend eine ehrſame Frau noch abſpenſtig
machen läßt. Sie kommen auf gut Glück dem liebenden Paar
dort verdächtig nahe. Hei, wie der Herr im Recht plötzlich
ausſchlägt. Erſt wird der eine Rivale hitzig verfolgt, dann
der andere. Gegen beide geht's ſo energiſch los, daß ſie kopf¬
über untertauchen. Das Weib bleibt ruhig. Der Stärkere wird
ſchon ſiegen. Logik der Weibertreue. Aber — das Feld iſt
wieder rein, und zärtlich ſchwimmt Gattin mit Gatte dem hohen
Seeſpiegel zu. Weit drüben ſind auch die verwegenen Grün¬
ſchnäbel wieder aufgetaucht und haben ſich neu zuſammen¬
gefunden. Abgeblitzt, wie ſie ſind, ſteuern auch ſie in weitem
Bogen an den andern vorbei in den hellen Glaſt, wo der
Blick ſie verliert, — auf neue Abenteuer mit einem ſchwächeren
Ehemann.
Frühling, Liebesleben überall.
Dicht neben dir hier am Ufer murkſt es auch leiſe, nicht
einzelne Töne, ſondern ein unabläſſiger einheitlicher Murmel¬
ton. Auch das von Liebe. Ein Tümpelchen Waſſer hat der
See, im Vor-Frühling übertretend, hier zurückgelaſſen. Siehſt
du die weißen Knöſpchen in dem ſeichten dunkeln Spiegel?
Es ſind die Murmeler. Jedes iſt die weiße Kehle einer jungen
Knoblauchskröte, die gerade nur ſo weit aus dem Waſſer ragt.
Ab und zu blitzt eine neue dazu, ein ſchnelles Verſchieben, wie
wenn Waſſertropfen an einer Leiſte zuſammenſchießen. Dann
iſt die Reihe wieder feſt und quarrt einheitlich immer halb¬
laut ſo fort. Sie ſingen nicht bloß. Viele ſind, obwohl reg¬
los, im luſtigſten heimlichen Liebesſpiele, Männchen halten
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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/57>, abgerufen am 24.11.2024.
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