davon in periodischer Folge ebenso brav gegen die Gebärmutter hin, -- mag dort von einer höheren Instanz aus weiter gesorgt werden.
Und ganz ähnlich so beim Manne. Auch da ein Ur¬ stadium, eine Fischheit gleichsam als Grundstock hinter allem. Der Samen sich abspaltend in enormen Massen, als sollte er wie Citronensaft frei über weite Kaviarflächen fließen und nicht bloß tief drinnen im Weibe in engster Klausur eine einzige Eizelle erobern, die wie Kleopatra dem Antonius offenen Armes auf engem Nil entgegenschwimmt. Auch hier liegt die wahre Begattung in der Hand gleichsam eines oberen Stockwerks des Organismus. Sie ist etwas später Erworbenes, das in einem anderen Ressort auch hier verwaltet wird. Aber wenn dieses Ressort nicht eingreift, wenn dauernd überhaupt keine Direktive von da kommt: dann geht der Leib auch hier selbsthandelnd nach altem Fischbrauch vor. In nächtlicher Pollution, während sie da oben im Gehirndepartement schlafen, wirft das Samenorgan seine Zellen einfach auch ohne Weibes¬ nähe aus, nach Heringsmethode. Bloß daß diese hier den sicheren Tod der Zellen bedeutet. Aber das ist einerlei. Wenn das neue, jüngere Gesetz sich nicht erfüllen will, so tritt einfach das ältere in Kraft. Auch diesen Samenzellen ist an und für sich das Weib im Moment des Ausströmens noch ganz nebensächlich, ganz und gar ein Distancewert. Sie streben einfach ins Freie, ins "Wasser" draußen. Ist dieses Freie die Weibesscheide, so mag es zur Befruchtung, zur Mischung im günstigsten Falle kommen. Aber wenn nicht, dann nicht. Ja kommen aus dem oberen Ressort selber die sinnlosesten Direktiven, wie bei onanistischen und päderastischen Akten, so schwillt die Lebenswelle unentwegt auch so vor. Nichts vielleicht ist wunderbarer als sich zu sagen, daß selbst diese Abnormitäten nicht möglich wären, wenn unser Leib nicht ein ungeheures Flötz aus so und so viel zoologischen Ent¬ wickelungsschichten wäre. Der Onanist, der seine Samenzellen
14
davon in periodiſcher Folge ebenſo brav gegen die Gebärmutter hin, — mag dort von einer höheren Inſtanz aus weiter geſorgt werden.
Und ganz ähnlich ſo beim Manne. Auch da ein Ur¬ ſtadium, eine Fiſchheit gleichſam als Grundſtock hinter allem. Der Samen ſich abſpaltend in enormen Maſſen, als ſollte er wie Citronenſaft frei über weite Kaviarflächen fließen und nicht bloß tief drinnen im Weibe in engſter Klauſur eine einzige Eizelle erobern, die wie Kleopatra dem Antonius offenen Armes auf engem Nil entgegenſchwimmt. Auch hier liegt die wahre Begattung in der Hand gleichſam eines oberen Stockwerks des Organismus. Sie iſt etwas ſpäter Erworbenes, das in einem anderen Reſſort auch hier verwaltet wird. Aber wenn dieſes Reſſort nicht eingreift, wenn dauernd überhaupt keine Direktive von da kommt: dann geht der Leib auch hier ſelbſthandelnd nach altem Fiſchbrauch vor. In nächtlicher Pollution, während ſie da oben im Gehirndepartement ſchlafen, wirft das Samenorgan ſeine Zellen einfach auch ohne Weibes¬ nähe aus, nach Heringsmethode. Bloß daß dieſe hier den ſicheren Tod der Zellen bedeutet. Aber das iſt einerlei. Wenn das neue, jüngere Geſetz ſich nicht erfüllen will, ſo tritt einfach das ältere in Kraft. Auch dieſen Samenzellen iſt an und für ſich das Weib im Moment des Ausſtrömens noch ganz nebenſächlich, ganz und gar ein Diſtancewert. Sie ſtreben einfach ins Freie, ins „Waſſer“ draußen. Iſt dieſes Freie die Weibesſcheide, ſo mag es zur Befruchtung, zur Miſchung im günſtigſten Falle kommen. Aber wenn nicht, dann nicht. Ja kommen aus dem oberen Reſſort ſelber die ſinnloſeſten Direktiven, wie bei onaniſtiſchen und päderaſtiſchen Akten, ſo ſchwillt die Lebenswelle unentwegt auch ſo vor. Nichts vielleicht iſt wunderbarer als ſich zu ſagen, daß ſelbſt dieſe Abnormitäten nicht möglich wären, wenn unſer Leib nicht ein ungeheures Flötz aus ſo und ſo viel zoologiſchen Ent¬ wickelungsſchichten wäre. Der Onaniſt, der ſeine Samenzellen
14
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0225"n="209"/>
davon in periodiſcher Folge ebenſo brav gegen die Gebärmutter<lb/>
hin, — mag dort von einer höheren Inſtanz aus weiter<lb/>
geſorgt werden.</p><lb/><p>Und ganz ähnlich ſo beim Manne. Auch da ein Ur¬<lb/>ſtadium, eine Fiſchheit gleichſam als Grundſtock hinter allem.<lb/>
Der Samen ſich abſpaltend in enormen Maſſen, als ſollte er<lb/>
wie Citronenſaft frei über weite Kaviarflächen fließen und<lb/>
nicht bloß tief drinnen im Weibe in engſter Klauſur eine<lb/>
einzige Eizelle erobern, die wie Kleopatra dem Antonius<lb/>
offenen Armes auf engem Nil entgegenſchwimmt. Auch hier<lb/>
liegt die wahre Begattung in der Hand gleichſam eines oberen<lb/>
Stockwerks des Organismus. Sie iſt etwas ſpäter Erworbenes,<lb/>
das in einem anderen Reſſort auch hier verwaltet wird. Aber<lb/>
wenn dieſes Reſſort nicht eingreift, wenn dauernd überhaupt<lb/>
keine Direktive von da kommt: dann geht der Leib auch hier<lb/>ſelbſthandelnd nach altem Fiſchbrauch vor. In nächtlicher<lb/>
Pollution, während ſie da oben im Gehirndepartement ſchlafen,<lb/>
wirft das Samenorgan ſeine Zellen einfach auch ohne Weibes¬<lb/>
nähe aus, nach Heringsmethode. Bloß daß dieſe hier den<lb/>ſicheren Tod der Zellen bedeutet. Aber das iſt einerlei.<lb/>
Wenn das neue, jüngere Geſetz ſich nicht erfüllen will, ſo tritt<lb/>
einfach das ältere in Kraft. Auch dieſen Samenzellen iſt an<lb/>
und für ſich das Weib im Moment des Ausſtrömens noch<lb/>
ganz nebenſächlich, ganz und gar ein Diſtancewert. Sie<lb/>ſtreben einfach ins Freie, ins „Waſſer“ draußen. Iſt dieſes<lb/>
Freie die Weibesſcheide, ſo mag es zur Befruchtung, zur<lb/>
Miſchung im günſtigſten Falle kommen. Aber wenn nicht,<lb/>
dann nicht. Ja kommen aus dem oberen Reſſort ſelber die<lb/>ſinnloſeſten Direktiven, wie bei onaniſtiſchen und päderaſtiſchen<lb/>
Akten, ſo ſchwillt die Lebenswelle unentwegt auch ſo vor.<lb/>
Nichts vielleicht iſt wunderbarer als ſich zu ſagen, daß ſelbſt<lb/>
dieſe Abnormitäten nicht möglich wären, wenn unſer Leib nicht<lb/>
ein ungeheures Flötz aus ſo und ſo viel zoologiſchen Ent¬<lb/>
wickelungsſchichten wäre. Der Onaniſt, der ſeine Samenzellen<lb/><fwplace="bottom"type="sig">14<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[209/0225]
davon in periodiſcher Folge ebenſo brav gegen die Gebärmutter
hin, — mag dort von einer höheren Inſtanz aus weiter
geſorgt werden.
Und ganz ähnlich ſo beim Manne. Auch da ein Ur¬
ſtadium, eine Fiſchheit gleichſam als Grundſtock hinter allem.
Der Samen ſich abſpaltend in enormen Maſſen, als ſollte er
wie Citronenſaft frei über weite Kaviarflächen fließen und
nicht bloß tief drinnen im Weibe in engſter Klauſur eine
einzige Eizelle erobern, die wie Kleopatra dem Antonius
offenen Armes auf engem Nil entgegenſchwimmt. Auch hier
liegt die wahre Begattung in der Hand gleichſam eines oberen
Stockwerks des Organismus. Sie iſt etwas ſpäter Erworbenes,
das in einem anderen Reſſort auch hier verwaltet wird. Aber
wenn dieſes Reſſort nicht eingreift, wenn dauernd überhaupt
keine Direktive von da kommt: dann geht der Leib auch hier
ſelbſthandelnd nach altem Fiſchbrauch vor. In nächtlicher
Pollution, während ſie da oben im Gehirndepartement ſchlafen,
wirft das Samenorgan ſeine Zellen einfach auch ohne Weibes¬
nähe aus, nach Heringsmethode. Bloß daß dieſe hier den
ſicheren Tod der Zellen bedeutet. Aber das iſt einerlei.
Wenn das neue, jüngere Geſetz ſich nicht erfüllen will, ſo tritt
einfach das ältere in Kraft. Auch dieſen Samenzellen iſt an
und für ſich das Weib im Moment des Ausſtrömens noch
ganz nebenſächlich, ganz und gar ein Diſtancewert. Sie
ſtreben einfach ins Freie, ins „Waſſer“ draußen. Iſt dieſes
Freie die Weibesſcheide, ſo mag es zur Befruchtung, zur
Miſchung im günſtigſten Falle kommen. Aber wenn nicht,
dann nicht. Ja kommen aus dem oberen Reſſort ſelber die
ſinnloſeſten Direktiven, wie bei onaniſtiſchen und päderaſtiſchen
Akten, ſo ſchwillt die Lebenswelle unentwegt auch ſo vor.
Nichts vielleicht iſt wunderbarer als ſich zu ſagen, daß ſelbſt
dieſe Abnormitäten nicht möglich wären, wenn unſer Leib nicht
ein ungeheures Flötz aus ſo und ſo viel zoologiſchen Ent¬
wickelungsſchichten wäre. Der Onaniſt, der ſeine Samenzellen
14
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/225>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.